Druckartikel: Jura-Studentin organisiert Demos in Franken

Jura-Studentin organisiert Demos in Franken


Autor: Natalie Schalk

Nürnberg, Donnerstag, 06. Juni 2013

Drei Millionen Menschen in Deutschland haben türkische Wurzeln, viele sehen die Türkei nach wie vor als persönliche Angelegenheit. Auch Dilara Sacik. Die Fränkin mit türkischen Wurzeln organisiert in FrankenSolidaritäts-Kundgebungen für die Menschen in Istanbul.
Solidaritätskundgebung am Montag in Nürnberg Foto: privat


"Die Türkei ist ein Nato-Land!" Dilara Sacik spricht schnell, aufgeregt: "Ich meine, wenn in einem anderen Nato-Land so was passiert wäre: Die EU, die Kanzlerin, der Außenminister - die hätten doch alle sofort reagiert!"

Bundesregierung, Nato und UN haben die Türkei ermahnt. "Nach Tagen - das ist traurig." Dilara Sacik sagt, dass sie enttäuscht ist. Sie ist 20 Jahre alt. Sie findet, dass man etwas tun muss. Grundsätzlich. Sacik ist Gründungsmitglied der alevitischen Hochschulgemeinde der Uni Erlangen-Nürnberg, wo sie Jura studiert. In ihrer Heimatstadt Hof ist sie stellvertretende Vorsitzende der Jusos und Jugendvorsitzende der alevitischen Gemeinde, in der Landesvertretung ist sie Jugendbeauftragte.

Solidarität im Regen

"Dadurch wird man aufmerksam auf das, was so passiert." Zum Beispiel, wenn die alevitische Gemeinde München eine

Solidaritätskundgebung für die Demonstranten in der Türkei organisiert. "Da sagten wir: Das können wir in Hof auch." Aber es musste schnell gehen: anmelden und genehmigen lassen, Ordner einteilen, Megafone organisieren, auf Facebook werben. Slogans wurden vorbereitet. "Solidarität heißt Widerstand" auf Türkisch und "Istanbul, you are not alone" auf Englisch war am Sonntag in Hof zu lesen. Gut 200 Leute erklärten sich eine Stunde lang solidarisch. Am Montag in Nürnberg waren es schon mehr. "Diesen Samstag sind wir vor der Stadthalle Günzburg", Sacik sieht eine Gelegenheit, Werbung zu machen: "14.30 Uhr bis 16.30 Uhr."

Die Türkei ist für sie "ein Land, wo ich hingehe, um Urlaub zu machen und Verwandte zu besuchen." In den vergangenen Tagen hat sie öfter als sonst mit ihnen telefoniert. Vor allem mit den drei Cousins, die an Demonstrationen in Ankara teilnehmen. "Die Gewalt der Polizei ist echt nicht mehr schön", ereifert sie sich, "Tränengas und Wasserwerfer! Kann ja wohl nicht sein, wenn Menschen friedlich demonstrieren!"

Sie erzählt, dass ihre Cousins zeitweise Atembeschwerden hatten. "Und sie mussten sich die Augen mit Milch und Zitrone waschen." Ein Tipp gegen Tränengas, der seit dem "arabischen Frühling" im Internet kursiert. "Die sozialen Netzwerke sind unsere größten Helfer", sagt Sacik. "Die meisten Informationen kommen von Demonstranten, die twittern und Bilder auf Facebook hochladen. Deshalb wurden ja auch Leute verhaftet. Warum? Weil sie die Wahrheit sagen?"

"Erdogans Selbstherrlichkeit"

Sacik sieht die Freiheit, die Rechte der Menschen, in Gefahr. "Erdogan ist seit zehn Jahren an der Macht. Er ist immer autoritärer geworden, macht, was er will. Seine Selbstherrlichkeit ist eine große Gefahr." Bei der Wahl 2014 darf er nicht mehr antreten. "Dann will er Staatspräsident werden", grollt Sacik. Deshalb seien die Proteste wichtig. "Ich bin stolz auf meine Cousins. Wenn ich jetzt in der Türkei wäre, würde ich auch auf die Straße gehen. Auch wenn einem da etwas passieren kann." Leise ergänzt sie: "Aber wenn man weiß, dass Verwandte dort sind, denkt man nur: O Gott, ogottogott!"