Ehemaliger Verdächtiger im Fall Peggy steht wegen Missbrauchs vor Gericht
Autor: Jochen Nützel
Hof an der Saale, Donnerstag, 11. Juni 2015
Ein ehemaliger Verdächtiger im Fall Peggy steht jetzt in Hof vor Gericht: Er soll seine Stiefnichte missbraucht haben, die wiederum war eine Spielkameradin von Peggy.
Er steht ab Dienstag explizit nicht im Fall der vermissten Peggy vor dem Hofer Kadi - aber der Prozess gegen den 31-jährigen Holger E. wegen angeblichen sexuellen Missbrauchs seiner Stiefnichte gewinnt dennoch an Brisanz: Er war es, der mit 17 Jahren wegen seiner besonderen Hingezogenheit zur neunjährigen Peggy aus Lichtenberg, von der seit 14 Jahren jede Spur fehlt, als ein möglicher Tatverdächtiger galt. Die Ermittlungen gegen den Mann aus Sachsen-Anhalt waren später eingestellt worden.
Zweite Klammer zu Peggy: Jene Stiefnichte, die Holger E. im Jahr 2001 missbraucht haben soll, war eine Spielkameradin aus dem persönlichen Umfeld der Neunjährigen. Die Staatsanwaltschaft Bayreuth hat vor dem Landgericht Hof Anklage gegen Holger E. erhoben.
In einem anderen Fall ist der Hallenser bereits überführt: Er hat seine eigene dreijährige Tochter missbraucht; dafür sitzt er seit 2013 rechtskräftig verurteilt in der JVA Burgk ein. Nun steht er wieder wegen seiner pädophilen Neigungen vor dem Richter. Sein Stiefbruder hatte Anzeige erstattet.
Um die Angelegenheit noch verwirrender zu machen: Jener Stiefbruder von Holger E. lebte zum Zeitpunkt, als Peggy verschwand, als Nachbar von Susanne Knobloch in der gleichen Straße in Lichtenberg. Auch er war kurzzeitig ins Visier der damaligen "Soko Peggy" geraten, auch diese Ermittlungen wurden eingestellt.
Auffälliges Medaillon
Gegen Holger E. hingegen erhärtete sich eine mögliche Beteiligung im Fall Peggy. Unter anderem präsentierte ihn das Autorenduo Ina Jung und Christoph Lemmer im Buch "Der Fall Peggy - Geschichte eines Skandals" als einen Hauptverdächtigen. Er war im Mai 2001, kurz vor Peggys Verschwinden, in Lichtenberg zu Besuch bei seinem Stiefbruder. Auffällig war das Amulett, das er um seinen Hals trug: Es enthielt ein Porträt des Mädchens. Die Polizeibeamten bestätigten nach der Befragung, Holger E. sei regelrecht in die Neunjährige "vernarrt" gewesen. Er bekundete, er und Peggy seien "wie Bruder und Schwester", sie hätten ein außergewöhnliches, bisweilen wohl sexuell aufgeladenes Verhältnis zueinander gehabt. Ein Zettel mit seiner Adresse und Telefonnummer hatte in einem von Peggys Schulheften gesteckt.
Bei der Durchsuchung von Holger E.s Wohnung wurden weitere Fotos der Neunjährigen entdeckt, ihr Konterfei hatte der Mann auch auf eine CD-Hülle montiert. Just auf dieser Diskette hätten die Ermittler kinderpornografisches Material sichergestellt. Die Neigung des Jugendlichen sei auch seiner Familie bekannt gewesen.
Es existiert auch ein Foto, das Holger E. in inniger Umarmung mit Peggy zeigt. Und es zeigt noch etwas: die auffallende Ähnlichkeit zwischen ihm und Ulvi K. - jenen geistig behinderten Mann, der 2004 in Hof wegen Mordes im Mordfall ohne Leiche verurteilt und zehn Jahre später im Wiederaufnahmeverfahren vor dem Landgericht Bayreuth freigesprochen wurde.