Druckartikel: Wut über Preisabsprachen hält sich in Grenzen

Wut über Preisabsprachen hält sich in Grenzen


Autor: Andreas Lösch

Zeil, Freitag, 17. Januar 2014

Dass mehrere industrielle Brauereien die Bierpreise abgesprochen haben, finden Brauer im Kreis Haßberge zwar dreist. Was ihnen aber eher Sorgen bereitet, ist etwas anderes: Die Großmarken werden stetig günstiger.
Bitte ein Bier aus Franken, koste es, was es wolle! Foto: Ralf Hirschberger/dpa


Preisabsprachen unter großen deutschen Brauereien haben es jüngst in die Schlagzeilen geschafft. Das Bundeskartellamt konnte nachweisen, dass die Konzerne der Biermarken Bitburger, Veltins, Krombacher, Warsteiner sowie die Brauerei Barre aus Lübbecke gemeinsam festgelegt haben, was der Hektoliter Bier kosten soll, um mehr Geld zu verdienen. Wie die deutsche Presseagentur außerdem mitteilte, läuft laut Kartellamt gegen zwei weitere Brauereikonzerne und vier regionale Brauereien (die Namen wurden nicht genannt) das Verfahren noch. Die Brauereigruppe Anheuser-Busch InBev Germany (Becks) blieb von der bislang verhängten Strafzahlung in Höhe von insgesamt 106,5 Millionen Euro verschont, weil sie als Kronzeuge fungierte.

Eine andere Tendenz

Was sagen die kleinen und mittelständischen Brauereien im Landkreis Haßberge dazu? Hatten oder haben die Preisabsprachen, die von 2006 bis 2008

stattgefunden haben, Auswirkungen auf ihr Geschäft? "Die Großen kochen ihr Süppchen unter sich", sagt Michael Bayer, der in Theinheim (Rauhenebrach) einen Gasthof und dazu eine der kleinsten Brauereien Frankens betreibt. Dass vor über sechs Jahren der Bierpreis manipuliert wurde, ist für Bayer heute im Prinzip irrelevant, denn der Gastwirt beobachtet eine andere Tendenz: Den zunehmenden Preisverfall bei den großen Industriebieren.

Die Franken und ihr Bier

Hätten Marken wie Warsteiner oder Krombacher früher noch 14 bis 15 Euro für den Kasten Bier verlangt, sind es heute teils weniger als neun Euro. Kleinere Brauereien können laut Bayer bei diesen Preisen nicht mithalten. Allerdings sieht er die großen Brauereien auch nicht unbedingt als arge Konkurrenten an: "Wir machen 1200 Hektoliter, die machen mehrere Millionen. Das sind ganz andere Welten." Die Kunden in Franken wüssten, "was sie an handwerklich gebrautem Bier haben". Bier sei ein Kulturgut hierzulande, der Franke würdige das. "Ich habe da kaum Bedenken, dass wir unser Bier nicht mehr verkaufen können", sagt Michael Bayer.

Jede Woche ein Angebot

Den Preisverfall haben auch andere Brauer im Kreis Haßberge beobachtet. In den ganzen Supermärkten gebe es mittlerweile "jede Woche ein Bier für 9,99 Euro", sagt Michael Raab, der eine Brauerei in Hofheim hat. Bei ihm kostet ein Kasten im Schnitt 12,50 Euro, er könnte in dem Preiskampf mit den Indus-triebieren nicht mithalten.
Dass die Bierkonzerne vor Jahren die Preise gar abgesprochen haben, findet er dreist, obwohl er es mittlerweile für Usus hält bei großen Unternehmen: "Eigentlich müsste es so sein, dass der Verbraucher sagt: Die sprechen sich ab, da gehen wir zu den Regionalen." Aber der Hofheimer sieht auch ein, dass Viele nach dem Geld schauen müssen und deswegen auf günstige Angebote angewiesen sind.

Billige Fernsehbiere

"Auf der einen Seite haben sie Preiserhöhungen abgesprochen, auf der anderen Seite gibt es ihr Bier für 8,80 Euro", sagt Norbert Merklein, Chef der Adlerbräu in Stettfeld. Wie auch seine Berufskollegen im Landkreis besorgt es ihn mehr, wenn "die Fernsehbiere so billig sind". Obwohl er sich als kleine Brauerei davon weniger betroffen sieht: "Ich glaube, dass der Mittelstand mehr zu kämpfen hat als wir Kleinen", meint er.

Die größte Brau- erei im Landkreis Haßberge, die Firma Göller in Zeil, kennt diese Probleme. Franz-Josef Göller sagt über das Gebaren der industriellen Brauereien: "Mir kommt es so vor, als wäre es eine Preisabsprache nach unten." Dass man Bier einer Brauerei mit gutem Ruf und Markenidentität für unter neun Euro kaufen könne, "macht uns das Leben schon ein bisschen schwer", sagt Göller. Noch billiger ginge es ja eigentlich gar nicht, denn Rohstoffpreise und Produktionskosten sind die vergangenen Jahre stets gestiegen. Dass Marken-Bier so günstig ist, hängt auch mit dem Überangebot zusammen, denn der Bierkonsum in Deutschland ist laut statistischem Bundesamt seit Jahren rückläufig.

Mindestlohn als Lösung

Dass deswegen die Preise sinken, ist für den Kunden laut Göller zunächst positiv, für die Brauereien, die am Markt bleiben wollen, aber schwierig. Mit seinem Unternehmen hat er eine Betriebsgröße erreicht, mit der er auch außerhalb des Haßberg-Kreises Bier verkaufen muss, um wirtschaftlichen Erfolg zu haben. Aber je größer der Markt, desto schwieriger kann es werden. Und dass viele Familien "aufs Geld schauen müssen, sehe ich schon ein", sagt der Braumeister aus Zeil.

Deswegen hält er einen Mindestlohn für sinnvoll, denn Leiharbeit und dergleichen könne nicht die Lösung sein (wenngleich Göller zugibt, selbst auch schon Leiharbeiter beschäftigt zu haben, was er allerdings kritisch sieht). "Mindestlohn, das brauchen wir unbedingt. Wenn die Leute anständiges Geld verdienen, dann können sie sich auch anständige Produkte kaufen." Die Spirale Lohndumping/Preisdumping wäre dann nämlich unterbrochen, meint er.