Druckartikel: Wie wirkt sich im Landkreis Haßberge das Umweltbewusstsein auf die Reiseplanung aus?

Wie wirkt sich im Landkreis Haßberge das Umweltbewusstsein auf die Reiseplanung aus?


Autor: Jutta Rudel

LKR Haßberge, Freitag, 07. Februar 2020

Es klingt paradox: Das Umweltbewusstsein steigt in der Bevölkerung und gleichzeitig wächst die Reisebranche. Der FT hat bei drei Reisebüros im Landkreis nachgefragt: Hört das Klimabewusstsein auf, wenn es um die Urlaubsplanung geht?
Die Bahn gilt im Vergleich zu Flug-, Schiff- und Autoreisen als umweltfreundliches Reisemittel. Allerdings werden Zugfahrten unter anderem aufgrund der Ticketpreise und Verspätungen oft als unattraktiv wahrgenommen. Das Bild zeigt den Haßfurter Bahnhof.  Foto: Archiv / Klaus Schmitt


Die Klimaaktivistin Greta Thunberg und die von ihr ausgelöste "Fridays for Future"-Bewegung haben im vergangenen Jahr den Klimaschutz weltweit in das Bewusstsein der Menschen gerückt. In Deutschland bieten Supermärkte keine Plastiktüten mehr an, Konsumenten greifen häufiger zu nicht eingeschweißtem Obst und das Interesse an Elektro-Mobilität wächst. Doch wirkt sich das gestiegene Umweltbewusstsein auch auf das Reiseverhalten aus?

"Ich glaube bei uns hier auf dem Land nicht", schätzt Bernd Ebert vom Reisebüro Ebern und begründet: "Momentan werden total viele Flugreisen gebucht." Dabei gilt Fliegen, laut dem Umweltbundesamt, als die klimaschädlichste Art sich fortzubewegen. Ein Langstreckenflug von Deutschland auf die Malediven und zurück verursache pro Person über fünf Tonnen - mit einem Mittelklassewagen käme man dafür mehr als 25 000 Kilometer weit.

Keine Veränderungen spürbar

Das Eberner Reisebüro ist kein Einzelfall. Auch bei Klaus Reuß, Inhaber des "Best Franken"-Reisebüros in Haßfurt, gibt es keine signifikanten Veränderungen. "Generell ist nichts gestiegen oder gesunken, sei es bei Flügen, Bahnfahrten oder Kreuzfahrten", sagt er. Und auch Reisebüroleiterin Anette Kneuer von der Knetzgauer "Urlaubsinsel" bestätigt: "Es ist alles so wie immer. Bei mir kam nicht ein einziges Mal die Frage nach umweltfreundlichen Alternativen aufgrund der Klimadebatte auf." Ebert stimmt zu, dass auch bei ihm in Ebern noch kein einziger Kunde nach Bahnreisen oder umweltfreundlichen Reiseformen gefragt habe.

Wenn es darum geht, sich für eine Urlaubsreise zu entscheiden, dann stehen ganz andere Kriterien im Vordergrund: "90 Prozent der Kunden entscheiden sich übers Geld. Da ist es auch egal, welche Airline man fliegt - Hauptsache günstig", weiß Leiterin Kneuer. "Das, was günstiger und komfortabler ist, wird gebucht", bringt es Ebert auf den Punkt.

Umfrage: Viele würden für Umwelt und Klimaschutz aufs Skifahren verzichten

Dass die Kunden aber generell kein Interesse an umweltfreundlichen Reisen haben, daran glaubt Inhaber Reuß nicht. "Es ist definitiv so, dass sich jeder mehr Gedanken über die Umwelt macht. Wir werden von den Kunden aber nicht offensiv darauf angesprochen."

Damit spiegeln die Landkreis-Bürger das Verhalten der Gesamtbevölkerung Deutschlands wider: Laut einer Forsa-Umfrage des Deutschen Reiseverbandes (DRV) ist es nur 15 Prozent der Bundesbürger wichtig, dass ihr Urlaub klimaneutral ist und 21 Prozent der Deutschen haben sich schon einmal informiert, wie sie ihre Reise möglichst umweltneutral gestalten könnten.

Veranstalter reagieren

"Angebote von Veranstaltern gibt es schon hin und wieder - da steht bei bestimmten Hotels zum Beispiel dabei, dass sie für ihre Umweltfreundlichkeit ausgezeichnet wurden", erklärt Ebert. Auch gibt es verschiedene Anbieter für sogenannte -Kompensationsdienstleistungen, wie das Umweltbildungsamt berichtet. Dabei zahlt der Reisende einen zusätzlichen Betrag zum Flugticket und unterstützt damit konkrete Klimaschutzprojekte.

Im Haßfurter Reisebüro informieren die Mitarbeiter ihre Kunden gezielt über solche Angebote, wie Reuß mitteilt. Die Kunden seien dann auch bereit, solche umweltfreundlichen Angebote anzunehmen. "Das hätte ich am Anfang nicht gedacht, aber man muss eben Zeit investieren und darüber sprechen", sagt der Inhaber. Er selbst versucht, möglichst plastikfrei zu leben und unterstützt die "Fridays for Future"-Bewegung. Und dennoch: "Eines der höchsten Gesetzte für den Menschen heutzutage ist das freie Reisen, und das lasse auch ich mir nicht nehmen." So empfinden es auch viele Bundesbürger, wie der DRV mitteilt. Deshalb erwartet die deutsche Reisebranche für 2020 weiteres Wachstum.

Doch es ginge auch nicht darum, so Reuß, komplett aufs Reisen zu verzichten, sondern darum, seinen Beitrag zu leisten. "Seit einem Jahr versuchen wir, weniger Papier zu drucken, indem wir Dokumente digital unterschreiben und speichern", erklärt er am Beispiel seines Büros. Und Reuß zeigt auch, wie man eine Flugreise und gutes Gewissen unter einen Hut bringen kann: "Ich habe 50 Quadratmeter Urwald gekauft, um den hohen Kerosinausstoß meiner Flugreise zu kompensieren."