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Wie stoppt man die Hambach-Raser?


Autor: Ralf Kestel

Ebern, Sonntag, 01. Februar 2015

Noch gibt es keine Lösung, wie man die Motorrad-Raserei in den Serpentinen zwischen Ebern und Untermerzbach eindämmen könnte. Es gibt mehrere Vorschläge und unser Portal bittet auf ihre Meinung. Stimmen Sie mit ab
Über 500 Unterschriften von Leuten, die sich am Wochenende weniger Motorrad-Raser wünschen übergab Arthur Veth (links) an Landrat Wilhelm Schneider. Fotos: Ralf Kestel


Während draußen die Schneegestöber übers Land ziehen, graut es Arthur Veth schon vor dem Frühlingserwachen. Es ist nicht die Gartenarbeit auf seinem schmucken Anwesen in der Eberner Schönhengststraße - vor 4,5 Jahren gekauft- , die ihn aufschreckt.

Vielmehr fürchtet er den Dezibel-Terror, der ihn an sonnigen Wochenenden aus seinem Garten vertreibt. Der Lärm von hochtourigen Motorrädern geht ihm seit langer Zeit schon auf den Keks. Kein Spur von Vorruhestand für den 63-Jährigen, dessen Garten unmittelbar an die Staatsstraße angrenzt, die in Serpentinen von Ebern nach Untermerzbach führt.

Und nicht nur ihn nerven die Kurven-Artisten, die immer wieder neue Herausforderungen und Nervenkitzel suchen und dazu Neigungsgrade anstreben, dass die Lederkombi schon am Asphalt reibt: "Ich kenne Nachbarn, die fahren übers Wochenende weg, wenn der Wetterbericht milde Temperatur verheißt", erzählte Veth am Freitagabend bei einer Podiumsdiskussion in den Frankenstunden vor einer Expertenrunde.

Das Aufheulen der PS-Boliden, die zur Hambach-Rallye an seinem Garten vorbei düsen, ließ Veth keine Ruhe mehr. Über 500 Unterschriften von Unterstützern seiner Bürgerinitiative hat er seit Oktober gesammelt, die er nun Landrat Wilhelm Schneider (CSU) übergab.

Viele Motorradfreunde dabei
Von den Unterzeichnern waren aber nur wenige zur Podiumsdiskussion gekommen. Die Fraktion der Motorradfahrer war in der Überzahl. Einheimische zumeist. Eher der Typ gemütlicher BMW-Fahrer, denn sie distanzierten sich vehement von den Kollegen, die prahlerisch aufdrehen.

Einen Fürsprecher fand Arthur Veth im Untermerzbacher Bürgermeister Helmut Dietz (SPD): "Ich habe bei Besuchen am Sonntag in Gereuth und Wüstenwelsberg schon selbst gehört, was das für eine Lärmbelästigung ist: Unerträglich." Und er habe auch schon beobachtet, wie sich Motorradfahrer auf den Bauch legen, um ihre Kollegen beim Durchfahren der Applauskurven zu filmen.

Die dort angeordneten Halteverbote hätten nur zu einer Verlagerung in Richtung Ebern und Untermerzbach geführt, aber sonst keine Veränderungen bewirkt. Dietz: "Solchen Fahrern, die mit frisierten Anlagen unterwegs sind, kann man nicht helfen. Wir brauchen etwas, das solche hochtourigen Maschinen abschreckt." Verstärkte Kontrollen der Polizei fielen ihm dazu ein.

Mehrfach gescheitert
Eberns Bürgermeister Jürgen Hennemann (SPD) verwies auf die mehrfachen Vorstöße des Stadtrates, eine Versetzung des Ortsschildes und damit eine Tempo-Begrenzung zu erreichen, was stets aus rechtlichen Gründen abgelehnt worden sei.

Baudirektor Manfred Rott vom staatlichen Bauamt in Schweinfurt verwies auf Vorgaben, wonach eine Staatsstraße dem allgemeinen Verkehr zur Verfügung stehen muss. Mit 2500 Fahrzeugen am Tag sei die Verbindung "relativ unterdurchschnittlich" und in der Unfallstatistik nicht "übermäßig auffällig".

Mit Hinweis auf ähnliche Problemlagen am Sudelfeld bei Rosenheim sowie am Würgauer Berg erklärte Rott, dass dort alle unternommenen Maßnahmen zum Teil keinen Erfolg brachten oder aus rechtlichen Gründen zurückgenommen werden mussten. "Wenn ich ein Patentrezept hätte, würde ich es heute vorstellen. Ich hab' aber keines." Eine Sperre am Wochenende sei rechtlich nicht machbar.

Rott versprach, dass Problem nochmals in der Unfallkommission anzusprechen. "Wir dürfen uns dabei in Bay
ern aber nicht blamieren."

Eberns Polizei-Chef Jürgen Watzlawek: "Wir kontrollieren am Wochenende ja so häufig wie möglich und wenn eine Streife vor Ort ist, bleibt's ja relativ ruhig." Das Motorrad sei eben ein Freizeitgerät und vom Unfallgeschehen her gebe es keine Grundlage für irgend welche Maßnahmen. Für Lärmmessungen und Platzverweise bedürfe es einer rechtlichen Grundlage.

Arthur Veth wünschte sich eine Tempo-Beschränkung auf 70 kh/h und eine fest installierte Überwachungsanlage, wie er sie im Schwarzwald schon gesehen habe. "Warum funktioniert so etwas in Bayern nicht?"

Auch Gerald Karl aus Wüstenwelsberg fand den Vergleich mit dem Sudelfeld für abwegig. "Unsere Straße wurde zur Rennstrecke ja förmlich ausgebaut." Die Idee der ständigen Kontrolle sollte nach Meinung von Bürgermeister Jürgen Hennemann angegangen werden, während Landrat Schneider einer Tempo-50-Lösung bis Fierst wenig Chancen einräumte. "Das muss auch überwacht werden." Dennoch solle sich die Unfallkommission damit nochmals befassen.

Zweiter Bürgermeister Harald Pascher (FDP) regte an, eine 60-km/h-Vorgabe als Lärmschutz-Maßnahme zu begründen. "Der Kurven-Tourismus greift in die Lebensqualität der Anwohner ein", gab ihm Veth recht.

 


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