Wie lange kommt der Notarzt noch?
Autor: Ralf Kestel
Ebern, Freitag, 02. August 2013
In den vergangenen Wochen hat sich Eberns Notarztgruppe aufgrund von Personalmangel mehrfach "abgemeldet". Mediziner von auswärts helfen dann bei solchen Engpässen aus. Die kassenärztliche Vereinigung bemüht sich um Verbesserungen.
Den vielen Besuchern des Dorfrocker-Open-Airs schwante Böses: Etliche der 2500 Besucher auf dem Bischwinder Sportplatz wurden am Pfingstmontag Zeugen, wie kurz nach dem Ende der Bühnenshow ein Rettungshubschrauber einflog. Was war geschehen?
Eine Helferin war im Barzelt über eine Getränkekiste gestolpert und hatte sich den Arm gebrochen. Sanitäter waren vor Ort, aber ein Arzt wurde wegen schmerzstillender Maßnahmen benötigt - und der wurde mit dem Hubschrauber aus Lichtenfels eingeflogen, weil in Ebern kein Mediziner zur Verfügung stand.
Das verblüffte etliche der Konzertbesucher: "Kein Wunder, dass die Kosten im Gesundheitswesen ins Unendliche schießen, wenn ein Doktor wegen eines Armbruches mit dem Hubschrauber kommen muss", staunte eine Ordnungskraft.
Kein (Not-)Arzt vor Ort? Ein Problem, das in den vergangenen Wochen immer wieder auftauchte. "Im Juli musste ich Ebern eine ganze Woche als unbesetzt an die kassenärztliche Vereinigung (KVB) melden, im August glücklicherweise nur ein Wochenende. Vor dem September graut mir, da habe ich knapp zwei Wochen keinen Notarzt", teilte Ingo Schmidt-Hammer, der Obmann der Notarztgruppe Ebern, unserer Zeitung mit, da auch Mediziner ihren Urlaub brauchen.
Aktuell besteht die Notarztgruppe Ebern aus den vier Mitgliedern: Ingo Schmidt-Hammer (Untermerzbach), Ants Lohmus (Lind), Marcus Zürl (Ebern) und Michael Kratzer (Nürnberg).
"Die notärztliche Versorgung ist noch immer dünn bis lückenhaft. Wir müssen mittlerweile auf Fremdärzte - von der kassenärztlichen Vereinigung vermittelte Leiharbeiter - zurückgreifen. Dennoch ist die durchgehende Besetzung am Standort Ebern nicht mehr gewährleistet", klagt Schmidt-Hammer.
Wobei die Zubringer-Dienste nicht immer per Helikopter erfolgen (müssen). Oftmals sind auch ganz normale Rettungsfahrzeuge im Einsatz. Mehrfach unterwegs war in den letzten Wochen beispielsweise Eleonore Jahn aus Maroldsweisach, die ansonsten als Notärztin in den Bereichen Bad Königshofen und Hildburghausen Rettungsdienste versieht.
Anders als zur Jahreswende können finanzielle Aspekte kein Grund für den Personalmangel sein. Wie die Deutsche Presseagentur in dieser Woche nämlich meldete, haben sich im Vergütungsstreit für Notarzteinsätze die Vertreter der kassenärztlichen Vereinigung und Krankenkassen bzw. Unfallversicherungen in Bayern zumindest für 2013 auf entsprechende Sätze geeinigt. Dies geschah auf Vermittlung der Gesundheits- und Innenminister in München.
Um Verbesserungen bemüht
Die neue Vereinbarung soll das Vergütungsniveau der notärztlichen Leistungen sicherstellen. Vor allem werde es weitere Maßnahmen geben, damit im Flächenstaat Bayern auch in ländlichen Regionen immer genug Notärzte für einen Einsatz bereitstehen, hieß es in einer Ministeriumsmitteilung. Dieses hehre Ziel wird derzeit im Bereich Ebern nicht erreicht.
Die kassenärztliche Vereinigung bemüht sich um Verbesserungen. Der Notarztstandort Ebern sei ein ländlicher Standort mit geringer Einsatzfrequenz, teilte Pressesprecherin Kirsten Warweg aus München auf Anfrage mit. Für die Dienste stünden nur wenige niedergelassene Notärzte, Krankenhausärzte und externe Doktoren zur Verfügung.
Wenn der Dienstplan vom Dienstgruppensprecher mit Lücken eingereicht werde, würden die offenen Dienste per E-Mail-Verteiler an rund 100 Notärzte im "Springer-Pool" gemeldet.
Darüber hinaus würden im Einzelfall gezielt Notärzte persönlich angesprochen. "Auf diese Weise konnten in den zurückliegenden drei Monaten zwei Drittel der Dienstplanlücken gefüllt werden", so Warweg.
Über nicht besetzte Dienste werde die Integrierte Leitstelle (ILS) in Schweinfurt informiert. Die ILS alarmiere im Ernstfall bei Ausfall des Eberner Notarztes den jeweils nächst erreichbaren Notarzt der Nachbarstandorte oder den Rettungshubschrauber.
Im Übrigen versuche die KVB momentan verstärkt, weitere Notärzte für die Dienstgruppe am Standort Ebern zu gewinnen.