Wie bürgerfreundlich sind die Kommunen im Landkreis Haßberge?
Autor: Friederike Stark
Ebelsbach, Freitag, 07. August 2015
Um den Service aller Rathäuser im Landkreis Haßberge zu testen, hat unsere Zeitung unter falschem Namen alle Gemeinden angeschrieben und um Infos für die fiktive Familie Schleich gebeten, die hierher ziehen möchte.
"Mein Name ist Nina Schleich. Ich bin frisch verheiratet und habe ein Baby. Wir möchten gerne in den Kreis Haßberge umziehen." Das sind Auszüge einer Email, die vor einigen Wochen alle Gemeinden und Verwaltungsgemeinschaften im Landkreis erhalten haben. Woher der Fränkische Tag das weiß?
Nina Schleich ist erfunden
Wir haben Nina Schleich erfunden. Der Sinn dahinter? Den Service der Gemeinden zu testen. Denn eigentlich müssten die meisten sehr an Neubürgern interessiert sein. Das Prozedere unseres Tests? Email-Account bei einem kostenlosen Dienst anlegen, Anschreiben ohne Angabe einer Telefonnummer aufsetzten, auf "Senden" klicken. Abwarten.
26 Minuten später. "Pling", die erste Antwort flattert in Nina Schleichs Posteingang. Eine Antwort, freundlich, offen, fast euphorisch: "Wir können Ihnen für Knetzgau versichern: Hier bin ich Mensch, hier will ich sein." Der Mitarbeiter des Knetzgauer Rathauses beschreibt die Gemeinde und fügt dem Ganzen eine 16-seitige Willkommensbroschüre hinzu. Mehr geht nicht.
Sieben Antworten am ersten Tag
Noch sechsmal ploppt an diesem Tag das Emailpostfach der erfundenen Familie Schleich auf. Damit haben fast die Hälfte der 14 angeschriebenen Rathäuser geantwortet (zehn Gemeinden und vier Verwaltungsgemeinschaften). Gleich zwei Emails davon kommen aus der Verwaltungsgemeinschaft Hofheim.
Die erste sendet der Allianzmanager der Gemeinde-Allianz "Hofheimer Land". Auf die Anfrage zu Bauplätzen geht der Manager zwar nicht ein, dafür aber schickt er Links zu leerstehenden Häusern. Und er weist auf die kommunale Förderung hin (10 000 Euro Förderung bei der Sanierung oder dem Umbau eines Leerstandes, kostenfreie Architekten-Erstberatung, kostenfreie Beratung zur energetischen Sanierung und weitere Förderungen).
Die zweite Email aus dem Hofheimer Land sendet Aidhausens Bürgermeister Dieter Möhring persönlich. Obwohl Nina Schleich nur eine Email an die Verwaltungsgemeinschaft Hofheim geschickt hat, antworten in den nächsten Tagen zusätzlich die Bürgermeister von Bundorf, Riedbach, Ermershausen. Eine Kampfansage an den Leerstand und das Interesse an Neubürgern wird deutlich. Ebenfalls relativ schnell reagiert Zeils Bürgermeister Thomas Stadelmann. Inhaltlich versäumt er es allerdings, den Schleichs schnellen Zugang zu weiteren Informationen zukommen zu lassen.
Bürgernah, aber umständlich
Wenngleich seine Antwort das Gefühl von Bürgernähe transportiert: "Per Mail ist sicher schwierig alle angesprochenen Punkte vernünftig (...) zu kommunizieren. Ich würde vorschlagen, dass wir telefonieren." Nina Schleich weist allerdings in ihrem Anschreiben darauf hin, telefonisch schwer erreichbar zu sein.
Ein anderer Bürgermeister verhält sich konkreter: Stettfelds Bürgermeister Alfons Hartlieb. In einer ersten Mail weist er auf Bauplätze hin, vertröstet Familie Schleich aber in der Frage nach Immobilien. Fünf Tage später dann diese Mail: "Am Wochenende habe ich erfahren, dass ein Wohnhaus zum Verkauf in Stettfeld steht. Das Haus ist in meiner Erinnerung in einem sehr guten Zustand und dürfte zirka 30 bis 35 Jahre alt sein."
Nicht nur informativ, sondern auch sehr aufmerksam. Hier fühlt man sich willkommen.
Übrigens: Die Verwaltungsgemeinschaft Ebelsbach hatte noch gar nicht geantwortet. Erst eine wiederholte Nachfrage entlockte der VG eine Antwort, leider eine unbefriedigende: "Wir bitten die späte Nachricht zu entschuldigen. Sie können sich gerne mit Bürgermeister Ziegler in Verbindung setzen."
Zufriedenstellende Bilanz
Bis Ende des Monats Juli trudelten weitere Mails ein. So gut wie alle Antworten waren informativ, mit weiteren Links oder Ansprechpartnern angereichert. Nur noch sechs Kommunen fehlten: Breitbrunn, Kirchlauter, Ebelsbach (alle VG Ebelsbach) sowie Sand, Oberaurach und Königsberg. Also schickte Nina Schleich eine zweite Email. Innerhalb einer Stunde reagierten drei der fehlenden Verwaltuungen - samt Entschuldigung. Nur Königsberg ließ auf sich warten.
Und während wir in der Redaktion noch diskutierten, ob der Grund dafür vielleicht die Urlaubszeit sein könnte, ploppte diese Mail inklusive weiterer Informationen auf: "Die verspätete Antwort auf Ihre Mail bitte ich zu entschuldigen, liegt daran, dass ich erst aus dem Sommerurlaub zurückgekommen bin", so heißt es im Schreiben der Stadt.