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Wenn Kinder Technik machen


Autor: Julia Scholl

Haßfurt, Freitag, 21. Februar 2020

Der Landkreis Haßberge will "Digitale Bildungsregion" werden. Die Bewerbung wurde bereits eingereicht. Welche Projekte aktuell schon umgesetzt werden, durfte der Bildungsrat am Donnerstag im Schulzentrum in Haßfurt miterleben.
Rund 30 Schüler aus der Grundschule in Theres führten den Erwachsenen am Donnerstag vor, wie man im Kleinen programmiert. Fotos: Julia Scholl


"Du musst erst mal alles löschen. Dann zweimal hier drauf drücken und einmal hier", erklärt Lars (Name von der Redaktion geändert) den Mitglieder des Bildungsrats und deutet auf den kleinen Roboter, der aussieht, wie ein Käfer. Am Donnerstag waren die Schulkinder der Johann-Peter-Wagner-Grundschule aus Theres die Experten. Rund 30 Schüler stellten dem Bildungsrat unter anderem ihre "Blue-Bots" vor.

Was sind "Blue-Bots"?

"Blue-Bots" sind kleine Roboter, mit denen die Grundschüler lernen zu programmieren. Sie lassen sich entweder mit Hilfe von Knöpfen oder per Tablet steuern und bieten einen einfachen Zugang zu Programmieren, Robotik und digitalen Technologien. "Die Kinder lernen dabei spielerisch, dass der Roboter nur sein Ziel erreicht, wenn man ihm klar sagt, was er machen soll", erklärt die Lehrerin Susanne Schäfer.

"Grundschulen programmieren"

Kindern können so früh ein Verständnis für logisches Denken und Technik entwickeln, erklärt sie. Darauf lege die Schule Wert, ergänzt die Oberthereser Rektorin Ulrike Binder-Vondran. Die "Blue-Bots" sind nur ein Teil des Konzeptes "Grundschulen programmieren", das die Schule in Theres und in Gädheim umsetzt. Im Gegensatz zu anderen Schulen stehen die Thereser digitalen Themen aufgeschlossen gegenüber, das macht sie nun laut Binder-Vondran zu Vorreitern in Bayern. Neben den Robotern für die Erstklässler gibt es für die höheren Jahrgänge weiterführende Programme. Sie schulen räumliches Vorstellungsvermögen und logisches Denken.

In vielen Schulen wird das Thema Digitalisierung vor allem auch durch die Lehrer selbst mit spitzen Fingern angefasst. "Dafür ist keine Zeit", so eine Ausrede im Kollegium lässt Ulrike Binder-Vondran nicht gelten: "Von der ersten bis zur vierten Klasse können die Techniken leicht in den Förderunterricht integriert werden." Auch nach der Grundschule soll es weitergehen mit dem Verstehen digitaler Zusammenhänge. In der Vernetzung von Grund- und Mittelschule entsteht ein Synergieeffekt.

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"Wir hatten die Tablets natürlich erst in den höheren Stufen, dann wurden die Grundschullehrer aufmerksam, waren begeistert und wollten auch welche für den Unterricht," erklärt Ulrike Binder-Vondran. Die Technologien haben immer eine unterstützende Funktion, sie werden immer in Zusammenhang mit dem Lehrstoff benutzt, erklärt Ulrike Binder-Vondran.

"Die ,Blue-Bots‘ sind wie Lineal und Taschenrechner, sie sind Hilfsmittel für das Lernen. "Wir setzen die ,Blue-Bots‘ immer dann ein, wenn es gerade zeitlich oder thematisch passt," erklärt die Lehrerin Susanne Schäfer. Die Lehrer haben viel Spielraum, um die Roboter als Hilfsmittel zu nutzen. "Die Matten, auf denen die Roboter fahren, kommen leer an, so sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt", so Schäfer.

Die Roboter lassen sich in jedes Fach integrieren, je nach dem mit welchen Motiven man die Felder füllt. Die Kinder lernen mit allen Sinnen nachhaltig. Die Verwaltungsgemeinschaft (VG) Theres habe damals die "Blue-Bots" finanziert, so Ulrike Binder-Vondran. Die Finanzierung der allgemeinen Digitalisierung der Schulen wurde hauptsächlich durch Fördergeld aus dem Masterplan "Bayern Digital II" gestemmt. Die VG Theres hat einen Eigenanteil von zehn Prozent beigesteuert.

Digitale Bildung in allen Bereichen

Die Bewerbung des Landkreises um das Siegel "Digitale Bildungsregion" ist bereits raus. Unter dem Leitsatz "Bildung.Digital.Erleben" wurde ein Portfolio erstellt, das in der Sitzung am Donnerstag den Mitgliedern des Bildungsrats vorgestellt wurde.

"Die Bildungsregion soll sich auf alle Bereiche und Lebenslagen auswirken. Eine digitale Bildung muss vor der ersten Klasse beginnen und darf nicht nach der Schule aufhören", erklärt Jochen Wahlen, Koordinator für die Region Unterfranken. Anja Güll, Bildungskoordinatorin des Landratsamtes Haßberge, erklärte, was schon alles im Kreis gelaufen ist, oder noch geplant ist. Vier Zielgruppen stehen im Blickpunkt: Eltern, Unternehmen, Fachkräfte, Jugendliche. Für die Eltern gab es bereits einen Crashkurs zum Thema Social Media. Jugendliche erklärten ihren digitalen Alltag. Sie beschrieben Erwachsenen Apps wie "TikTok"oder "Snapchat".

Die Generation-"Facebook" ist schon längst wieder überholt

"TikTok" ist eine chinesische App, auf der man kurze Videos zu aktuellen Songs und Filmszenen synchronisieren kann. Die se können kommentiert und geteilt werden. Auf "Snapchat" können Videos und Bilder an Freunde versendet werden, die se sind aber nur wenige Sekunden sichtbar, bis sie automatisch gelöscht werden. Die Generation-"Facebook" kann mit den aktuellen Entwicklungen der sozialen Medien nur wenig anfangen. Ein Austausch mit den Jugendlichen ist also nötig. Der Crashkurs war übrigens mit 120 Interessierten gut besucht.

Über geplante Veranstaltungen soll bald eine Website informieren. Dort findet sich dann der "Instagram Workshop" extra für die Jugendlichen oder die Seminare zum Thema "Digitalisierung für Unternehmer". Auch ein Workshop für Kitas ist geplant, hier sollen analoge und digitale Wege für die Kommunikation zwischen Eltern und Kita gefunden werden, wie es das beispielsweise in Eltmann schon mit "Telegram" gibt.

MINT-Labor

Der Bildungsbeirat schaute sich auch das neue MINT-Labor des Regiomontanus-Gymnasiums an. Dort legen die Lehrer Wert auf die Initiative der Schüler. "Das MINT-Labor ist mehr als ein Werkraum," erklärte Marco Hartmann. Die Schüler können hier ähnlich wie im Wissenslabor in Schweinfurt an eigenen Projekten arbeiten, denn das Labor ist gut ausgestattet. Hier lässt sich etwa nachprüfen, wie Erosion abläuft. Alles Materialien sind vorhanden, sogar einen 3D-Drucker gibt es. Schulrätin Susanne Vodde ist zufrieden: "Der Erfolg unseres Plans ist sichtbar, wenn man sieht, wie die Schüler mit der Technik umgehen."