Druckartikel: Wenn die Zeit zum Killer wird

Wenn die Zeit zum Killer wird


Autor: Rene Ruprecht

Ebelsbach, Donnerstag, 12. Mai 2016

Das Rote Kreuz in Ebelsbach klärte über Infarkte und deren Folgen auf und mahnte im Ernstfall zu entschlossenem Handeln.
Der BRK-Rettungssanitäter und Einsatzleiter Daniel Schirmer (rechts) und sein Kollege Maximilian Keeß (Bundesfreiwilliger im Rettungsdienst) führten auf der Bühne die Reanimation mit dem Einsatz eines Defibrillator vor.


"Ich hatte das Glück, im Rettungswagen nach Bamberg einen guten Notarzt dabei zu haben, weil ich eigentlich schon zweimal tot gewesen war, aber der Mediziner hat mich mit Reanimation und einem Defibrillator wiederbelebt," berichtete Theo Lediger bei einer Aufklärungsveranstaltung der Herzsportgruppe der VHS Ebelsbach zur Herzsportwoche: "Nach vier Tagen künstlichem Koma auf der Intensivstation bin ich aufgewacht, und habe - toi, toi, toi - keine bleibenden Schäden davongetragen. Das war mein großes Glück."
Dieses Glück im Unglück im November 2009 wird dem heute 61-Jährigen aus Eltmann unvergesslich bleiben. Seit März 2010 besucht er regelmäßig die Herzsportgruppe Haßberge, die einmal wöchentlich unter der Trägerschaft der Volkshochschule Haßberge im Ebelsbacher Bürgersaal stattfindet.


Frühe Warnzeichen

"Was bei mir extrem komisch
war und eigentlich nicht nachvollziehbar, ist dass ich schon immer Sport in meiner Freizeit gemacht habe, Nichtraucher bin und mit 55 Jahren, wie ein Blitz aus heiterem Himmel einen Herzinfarkt bekommen habe", so der "nicht-typische-Herzinfarktpatient" .
Lediger, der nach einem halben Jahr seinen kaufmännische Beruf wieder fortführen konnte, erzählt weiter. Angefangen habe es mit Schmerzen in der Schulter, aber als "Sportler denkt man nicht an das Schlimmste" so Lediger. Seine Frau Edeltraut machte sich mehr Sorgen und schickte ihren Ehegatten zum Hausarzt, der nach der Untersuchung sofort den Notarzt rief. "Es war wie in einem bösen Film, durch die Reanimation war auch die Lunge eingeblutet. Aber nach sechseinhalb Jahren lebe ich immer noch und bin sehr glücklich."


Schmerz strahlt aus

Während seines Vortrags "Wie sicher bist Du Dir in der Wiederbelebung?" ging der BRK-Ausbildungsleiter Wolfgang Brühl am Mittwochabend unter anderem auf die Symptome ein. Brühl machte deutlich, dass der Brustschmerz nicht als alleiniger und typischer Vorbote gilt, sondern auch Schmerzausstrahlungen Richtung linker Arm, Oberbauch, Kinn, Rücken, Schulter und andere Körperstellen ernst zu nehmen seien.
Dass die Haupttodesursache in Europa, ein plötzlicher Herztod, durch die sofortigen Wiederbelebungsmaßnahmen eingedämmt werden könne, wusste Brühl mit eindrucksvollen statistischen Zahlen zu belegen: "Nach einer sofortigen Reanimation ist der Erfolg einer Wiederbelebung über 90 Prozent, bei einem Reanimationsbeginn nach neun Minuten liegt die Überlebenschance nur noch bei zirka zehn Prozent."


Eile ist geboten

Brühl appellierte an die Teilnehmer: "Stoppen sie einen Killer, und zwar die Zeit! Sie sollten maximal vier Minuten brauchen, um die richtigen Maßnahmen einzuleiten, um ein Leben retten zu können."
Die Funktionsoberärztin der Haßberg-Kliniken und Herzsportärztin der Volkshochschule, Christa Roth, vermittelte Wissenswertes über das wichtigste Organ, das Herz. Neben der wissenschaftlich, eher mechanischen und technischen westlichen Welt findet Roth auch die ganzheitliche Lebensphilosophie aus dem asiatischen Kontinent interessant und hilfreich: "Im Herz wohnen auch die mentalen Fähigkeiten wie Persönlichkeit und Konzentrationsfähigkeit", sagte sie. Die angeborene Energie müsse man bewahren. Sie sollte nicht ständig überanstrengt werden. Roth wörtlich: "Ihr müsst dafür sorgen, dass eure Mitte, euer ganzer Körper und euer Leben stabil ist, dann ist auch das Herz stabiler." Eine positive Einstellung mit viel Freude lässt laut Roth e das Herz länger schlagen.


Übung in der Praxis

An mehreren realistischen Trainingsmodellen zur Herz-Lungen-Wiederbelebung konnten die Teilnehmer unter der Aufsicht von Rotkreuz-Mitarbeitern die Herzdruckmassage sowie die Beatmung üben.
Für die ausgebildete Pilates-, Fitness- sowie Ernährungs- und Herzsporttrainerin und zugleich Leiterin der beiden Herzsportgruppen, Sonja Förtsch, ist es besonders wichtig, sich "in der Reanimation auffrischen zu lassen". So könne man im Ernstfall einfacher reagieren und erlange Sicherheit bei den Rettungsmaßnahmen.