Wenn die Sprache als Waffe dient
Autor: Günther Geiling
Hofheim i. UFr., Montag, 11. November 2019
Ziel eines VHS-Workshops der Volkshochschule Haßberge sollte es sein, besser mit Anfeindungen und Beleidigungen umzugehen.
"Aggressive Worte lösen in unserem Gehirn die gleiche neurobiologische Reaktion aus wie körperliche Bedrohungen und physische Gewalt, um zu verletzen. Mit Sprache kann man genauso schlagen wie mit der Hand." Dies betonte Diakon Jürgen Kricke beim Workshop der Volkshochschule Haßberge zum Thema "Hetzen leicht gemacht - Hatespeech begegnen".
Der Diplom-Sozialpädagoge und interkulturelle Trainer bezog dabei seine Kursteilnehmer mit ein und fragte sie gleich: "Was sehen Sie, wenn Sie jemanden sehen, der so aussieht wie ich?" Die Teilnehmer waren damit gefordert, zu seiner Person etwas zu sagen, was sehr unterschiedlich ausfiel.
Erster Eindruck wiegt schwer
Kricke wiederum überraschte seine Kursteilnehmer, als er ihnen versicherte, dass Beobachter innerhalb von zwei bis drei Sekunden einen Menschen zu 80 Prozent einschätzen, "und zwar nicht nur optisch, sondern sie ordnen sie auch ein, ob sie sympathisch sind oder sie ihm einen solchen Vortrag zutrauen oder nicht". In Social Media sei das nicht anders, und genauso sei es bei Bewerbungsfotos, bei denen die Bewerber zu 80 Prozent eingeordnet würden, ohne dass der Personalchef etwas vom Lebenslauf gesehen hat.
Ziel des Workshops sollte es sein, besser mit Anfeindungen und Beleidigungen umzugehen. Hier tauchte der englische Begriff "Hatespeech" auf, der übersetzt "Hassrede" bedeutet. In menschenverachtenden Aussagen würden dabei Einzelne oder auch Gruppen abgewertet. Die sprachlichen Angriffe könnten auf Merkmale wie Hautfarbe, Herkunft, Sexualität, Geschlecht, Alter, Behinderung oder die Religion von Menschen zielen. "Hatespeech" ist gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, die ihren Ausdruck in gewalttätiger Sprache findet. Sie verletzt dabei die Würde und die Rechte von Menschen.
"Perspektivwechsel nötig"
Dozent Kricke lenkte den Blick zuerst auf die Wahrnehmung, die ressourcengesteuert sei: "Jeder sieht die Welt aus einem ganz eigenen Blickwinkel. Dabei wäre dringend einmal ein Perspektivwechsel nötig. Versuchen sie dabei auch einmal, wie andere zu sehen!"
"Hatespeech" bezeichnet Kricke als "digitale Gewalt, die über Sprache, Worte oder Bild verbreitet wird und oft mit Hass auf ganze Gruppen verbunden ist. Hatespeech ist, wenn man Sprache als Waffe einsetzt, um zu verletzen, wenn man andere runtermacht und auch Gruppen von Menschen treffen will". Mit Sprache könne man genauso schlagen wie mit der Hand.
Nach Studien der Uni Leipzig seien 35 Prozent der Deutschen ausländerfeindlich. 50 Prozent würden Sinti und Roma aus ihren Städten verbannen, und fünf Prozent wollten sogar einen "Führer".