Wenn das Wahllokal verstimmt
Autor: Eckehard Kiesewetter
LKR Haßberge, Dienstag, 02. Oktober 2018
Die Bürger aus Bramberg und Bischwind sollen am 14. Oktober ihr Kreuzchen in Nachbardörfern machen. Das weckt Widerstand. Die Stadt Ebern verweist auf gesetzliche Regelungen für kleine Orte und auf das Wahlgeheimnis.
Wenn sie die Wahl hätten am Wahlsonntag, 14. Oktober: Die meisten Bramberger würden wohl nicht nach Jesserndorf fahren, um ihre Stimme abzugeben. Doch laut amtlicher Wahlbenachrichtigung der Stadt Ebern bleibt das angestammte Stimmlokal vor Ort, die alte Schule, diesmal verschlossen. Die Bramberger sollen ihre Kreuzchen bei der Landtags- und Bezirkstagswahl im Nachbarort machen. Doch mancher von ihnen rebelliert.
Nicht wegen der zweieinhalb Kilometer Wegstrecke über den Berg und die Staatsstraße 2278 hinweg, eher schon, weil man sich mit dem Nachbardorf seit jeher etwas schwertut.
Eindeutiges Votum
Willi Pecht, früherer Ortssprecher, schimpft: "Das stößt mir gallbitter auf." Viele der rund 140 wahlberechtigten Bramberger wollen jetzt gar nicht mehr zur Wahl gehen, weiß Ortssprecher Wolfgang Heppt. Er, wie auch der Bischwinder Stadtrat Klaus Schineller, haben Umfragen in ihren Dörfern gestartet. Denn auch die Bischwinder (rund 180 Wahlberechtigte) müssen nach dem Willen der Stadt ihr Stimmlokal aufgeben. Neuerdings sollen sie, wie schon die Albersdorfer und Neuseser, am Wahlsonntag ihre Stimmen im kleineren Brünn abgeben. In beiden Orten ist die Mehrheit dagegen. Für sie sind die Kosten für den Betrieb der Wahllokale und die Wahlhelfer kein stichhaltiges Argument. "Bürgermeister und Verwaltung sind Dienstleister der Bürger", mahnt Heppt, das sollte auch bei Wahlen so gelten.
Die rechtliche Grundlage
Stimmbezirke müssen dann zusammengefasst werden, wenn sie eine bestimmte Wählerzahl nicht mehr erreichen. Der Rückgang ergibt sich aus dem Bevölkerungsschwund durch den demografischen Wandel, durch abnehmende Wahlbeteiligung allgemein, aber auch durch die steigende Zahl an Briefwählern. Rechtlicher Hintergrund sind das Landeswahlgesetz und die Landeswahlordnung. Darin heißt es laut Landratsamt, dass "die Zahl der zu erwartenden Wähler je Stimmbezirk, unter Berücksichtigung der zu erwartenden Wahlbeteiligung bei der Landtagswahl und des Briefwähleranteils im jeweiligen Stimmbezirk, nicht wesentlich unter 50 Wählern (im Wahllokal) liegen sollte".
Bei geringerer Wählerzahl geht der Gesetzgeber davon aus, dass das Wahlgeheimnis nicht mehr gewahrt werden kann. "Dann könnten Beobachter anhand des späteren Ergebnisses Rückschlüsse auf das Wählerverhalten ziehen", teilt die Aufsichtsbehörde mit.
Diese Perspektive ist von der zuständigen Wahlbehörde vor jeder Wahl zu prüfen, erklärt Eberns Bürgermeister Hennemann, Zukunftsprognosen seien einzubeziehen. Hennemann spricht von der "Tendenz, dass auch in den nächsten Jahren weitere Zusammenlegungen erfolgen werden". Das betrifft die Europawahl, bei der die Beteiligung immer geringer ist als bei Land- und Bundestagswahlen.
Die Barrierefreiheit
Doch die Bramberger um Ortssprecher Heppt führen ein weiteres Argument an. Sie kritisieren die Ungleichbehandlung durch die Stadt. In Ebern hat man den Wählern den Umzug des Stimmbezirks 1 (Altstadt) vom Rathaus ins Mensagebäude der Grundschule mit der Barrierefreiheit des neuen Wahllokals schmackhaft gemacht. Die alte Schule der Bramberger ist ebenfalls stufenlos erreichbar und damit für Behinderte geeignet. Der Wahlraum in Jesserndorf hingegen erfüllt diese Voraussetzung nicht. "Raum nicht barrierefrei", steht ausdrücklich in der Wahlbenachrichtigung. Das ist doch absurd", empört sich auch Ottmar Rambacher: "Warum hat man dann nicht die Jesserndorfer nach Bramberg verlegt?"