Druckartikel: Wenn das Geld für eine Umschulung nicht reicht

Wenn das Geld für eine Umschulung nicht reicht


Autor: Ralf Kestel

Pfarrweisach, Donnerstag, 27. Februar 2014

Nach Jahren der Selbstständigkeit rutschte Stephan Zöller in die Arbeitslosigkeit ab. Mit 44 Jahren strebt der Pfarrweisacher eine neue Ausbildung an, kann sich die Kosten dafür aber kaum leisten.
Ziemlich frustriert macht sich Stephan Zöller über den Stapel an Antragsformularen her, den er nunmehr zum vierten Mal ausfüllt. Foto: Ralf Kestel


Die amtlichen Schreiben stapeln sich auf seinem Schreibtisch. Stephan Zöller sucht Hilfe. Bei Behörden. Aber jetzt platzte ihm der Kragen. Zum vierten Mal soll er einen Stapel an Formblättern ausfüllen. "Da musst du die Hose runter lassen", weiß er aus Erfahrung. Seit Monaten pendelt er zwischen Arbeitsagentur und Jobcenter. Aktuell geht es um 91 Euro im Monat als Berufsausbildungsbeihilfe.

Denn der gelernte Schlosser hat nach zehn Jahren als selbstständiger Gastwirt, Zeitleiharbeiter und Hartz-IV-Bezieher nochmals eine neue Herausforderung gesucht. Er strebt eine Umschulung an, ein Unterfangen, das die Berater in den Behörden laut Zöller als "so gut wie aussichtslos" eingestuft hatten.

Während eines vierwöchigen Praktikums im sozialpsychiatrischen Zentrum in Ebern reifte der Wunsch nach der Ausbildung zum Altenpfleger. Die dauert drei Jahre und kostet Geld.

Schul- und Fahrgeld, weil Zöller die Altenpflegeschule des Diakonischen Werkes in Bamberg besucht.

"Da lege ich jeden Monat drauf und steuere so durch meine Ausbildung in den Ruin", hat er sich ausgerechnet, will's aber trotzdem durchziehen. "Wie's ausschaut, muss ich einen Rentenvertrag auflösen, um meine Ausbildung zu finanzieren. Meine zehn Jahre Selbstständigkeit waren dann für die Katz, die Rücklagen sind damit weg." Aber: "Ich hab' Spaß an meinem Beruf, bin voll zufrieden damit und habe mich deshalb auch in die Ausbildung gestürzt. Ich hab auch gar keine andere Chance mehr gehabt."

Und noch eine Erkenntnis schiebt der einstige Gastwirt nach: "Ich bin froh, dass ich keine Frau und Kinder habe."

Immer wieder Ablehnungen

Die Behördengänge sind dem mittlerweile 44-Jährigen ein Gräuel. "Die lassen dich antraben und ausfüllen, dann dauert's und nach Wochen oder Monaten kommt dann doch wieder eine Ablehnung. Und wenn die Daten älter als drei Monate sind, musst du sie alle wieder neu besorgen. Normalerweise hörst du beim zweiten Mal damit auf." Zöller startet seinen vierten Anlauf auch "nur noch, weil ich gerade Urlaub habe".

Die Hartz-IV-Leistung bezeichnet der Pfarrweisacher als "Schweigegeld". Seine Erfahrung: "Ich hab ' auf den Gängen im Jobcenter und der Arbeitsagentur viele Leute kennen gelernt, die's wirklich probieren wollten, wieder an eine Arbeitsstelle zukommen."

Gescheitert seien sie letztlich am Wust an Bürokratie. Auch Zöller fühlt sich "zum Teil völlig falsch beraten". Er musste Anträge stellen, die zunächst gar nicht bearbeitet wurden, um dann zu erfahren, dass der Antrag gar nicht förderfähig sei.

Jobcenter: "Wir bemühen uns"

Mit Hinweis auf den Schutz der Sozialdaten war in der Agentur für Arbeit keine Auskunft zu dem Fall zu bekommen. Der Geschäftsführer des Jobcenters Haßberge, Werner Mahr, verwies in einem Telefonat auf die Zuständigkeit der Arbeitsagentur bei Berufsausbildungs-Beihilfen.  "Wir können solche Sachen nur anschieben." Das sei aber auch schwieriger geworden.

Die Arbeitsagenturen seien neu organisiert worden, so dass es durchaus möglich sei, dass die Sachbearbeitung in Würzburg, Bayreuth oder Aschaffenburg erfolge, wo eben freie Kapazitäten zur Verfügung stünden. "Dadurch haben auch wir den direkten Kontakt verloren."

Mahr versicherte, dass "wir unser Möglichstes tun, um zu helfen, auch wenn das die Kunden manchmal nicht so mitkriegen und anders empfinden."