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Wende trotzt Gegenwind


Autor: Manfred Wagner

Ebern, Freitag, 07. Dezember 2012

Heinz Jung vom Bund Naturschutz Bamberg sieht den Kreis Haßberge auf einem guten Weg. Er warb bei einer Veranstaltung in Ebern dafür, die Bürger in die neue kommunale Energiegesellschaft einzubeziehen.
Windrad Bretzenstein:Bislang eines der wenigen Windräder im Haßbergkreis. Das wird sich in den nächsten Jahren mit dem Bau neuer Anlagen sicherlich ändern. Foto: Manfred Wagner


"Am 22. März 2011 gegen Mittag", sagt Heinz Jung, "war ein historischer Tag: Erstmals in der Geschichte Deutschlands gab es mehr Solarstrom im Netz als Atomstrom!".

Der Energieexperte aus Bamberg, der jahrelang Leiter der Hauptschule (heute Mittelschule) in Ebern war, warnte bei seinem gut besuchten Vortrag beim Bund Naturschutz (BN) in Ebern vor der Macht der Stromkonzerne. Jung, der Kreisgruppenvorsitzende des Bamberger BN, brach eine Lanze fürs Energiesparen durch Wärmedämmung oder effektivere Heizungsanlagen und warb für den massenhaften Einsatz von Elektroautos, deren Batterien als riesiger Strompuffer genutzt werden könne.

Obwohl das, was Jung vortrug, nicht wirklich revolutionär war, erntete er begeisterten Zuspruch. Der Schulleiter kritisierte die Zielvorgaben der Bundesregierung als halbherzig.

Gründe für hohen Strompreis

An der Strompreiserhöhung, analysierte er, seien nicht die erneuerbaren Energien schuld, sondern zum einen das Profitstreben der Konzerne, zum anderen die Tatsache, dass ca. 1500 energieintensive Unternehmen in Deutschland nur eine verminderte Umlage bezahlen müssen oder gleich ganz befreit sind.

Der Referent bezweifelte, ob das Hochspannungsnetz wirklich um Tausende von Kilometern erweitert werden muss. Dagegen spreche, dass allerorten, also dezentral, die durch Sonne, Wind und Wasser erzeugte Energiemenge gesteigert wird.

Was darüber hinaus noch transportiert werden müsse, könne man technisch durch Methanisierung ins engmaschig vorhandene Erdgasnetz einspeisen, befand Jung

Landkreis auf gutem Weg

Viele Kommunen, zu denen er auch den Haßbergkreis zählte, befänden sich energiepolitisch auf einem guten Weg, lobte der Kreisgruppenvorsitzende des Bamberger BN bei einem anschließenden Gespräch. Die jüngste Entscheidung für eine Energiegesellschaft sieht er sehr positiv, mahnt jedoch eine möglichst breite Bürgerbeteiligung an. Äußerst wichtig sei nämlich, dass nicht Großinvestoren oder Konzerne das Sagen haben, sondern die Bevölkerung und die Kommunen.

"Die Menschen auf dem Land", führte er weiter aus, "werden sich nur dann in großer Zahl finanziell einbringen, wenn die organisatorischen Strukturen passen". Man müsse aufpassen, dass diese nicht nur wirtschaftlich, sondern auch möglichst einfach, nachvollziehbar und transparent gestaltet seien. Diese Kritik teilte der anwesende Kreisrat Rainer Baumgärtner von der ÖDP und der Eberner BN-Vorsitzende Harald Amon stellte fest: "Die Energiewende ist zwar in aller Munde, aber noch lange nicht gelaufen".

Naturschutzgebiete als Standort möglich

Das Argument kleinerer Gemeinden, dass Windräder die Landschaft verschandeln, lässt Jung nicht gelten. Er hält die Abstandsflächen zur Wohnbebauung für ausreichend. Auch Naturschutzgebiete wären als Standort möglich, stellte er fest. Lediglich dort, wo wirklich markante Landschaftspunkte berührt wären oder wo es zu einer erheblichen Gefährdung von Tierarten wie Greifvögeln oder Fledermäusen komme, sollte man auf die modernen Windmühlen verzichten. Zum Thema Biogasanlage nimmt der Naturschützer ebenfalls Stellung. Diese seien zur organischen Resteverwertung völlig in Ordnung, befand er. Er lehnt sie dann ab, wenn dadurch großflächige landwirtschaftliche Nutzflächen in Mais-Monokulturen verwandelt werden.

Abschließend berichtete Eberns Stadtrat Oliver Kröner (Eberner Alternative Liste) von den Plänen zur Beheizung des beschlossenen Schwimmbad-Neubaus. Er begrüßte, dass die benötigte Energie über ein Blockheizkraftwerk erzeugt werden soll. Prüfen sollte man aber, wie er sagte, ob Erdgas der optimale Energieträger ist. Da es in der Umgebung der ehemaligen Kreisstadt riesige Photovoltaik-Flächen gebe, wäre es doch das Beste, den vor Ort produzierten Strom auch vor Ort zu nutzen, lautete sein Argument.