Druckartikel: Weinglas fliegt am Kopf vorbei

Weinglas fliegt am Kopf vorbei


Autor: Manfred Wagner

Haßfurt, Montag, 10. Dezember 2012

Voll betrunken warf ein Mann ein Weinglas nach einem Wirt in Sand. Deswegen stand er jetzt vor dem Richter. Inzwischen sind über zwei Jahre vergangen und der neue 52-Jährige hat sich verändert. Er rührt keinen Tropfen mehr an. Der Richter stellte das Verfahren ein.
Der Eingang zum Amtsgericht Haßfurt.


Der 52-jährige Angeklagte präsentierte sich wie ein Mann, der weiß, dass er das Schlimmste hinter sich hat. Seine Alkoholsucht, die ihn noch vor wenigen Jahren fest im Griff hatte, hätte um ein Haar sein Leben zerstört. 2006 und 2007 wurde er wegen Trunkenheit am Steuer zu empfindlichen Strafen verurteilt. Nun stand er - nach längerer Zeit - wieder vor dem Kadi, weil er 2009 nach einem Saufgelage ein leeres Weinglas nach dem Wirt geworfen hatte.

Doch immer wieder geschehen Zeichen und Wunder: der Ex-Säufer hat sich vom Saulus zum Paulus gewandelt und seit Fasching 2011 keinen einzigen Tropfen Alkohol mehr konsumiert, wie er sagte. Richter Roland Wiltschka lobte diese äußerst positive Veränderung mit den Worten: "Gut, dass Sie gerade noch mal die Kurve gekriegt haben". Er stellte das Verfahren wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung gegen eine Geldauflage von 250 Euro ein.

Wutausbruch beim Zahlen

Tatort war eine Gastwirtschaft in Sand. Ordentlich benebelt betrat der Beschuldigte am 22. Juni 2009 im Laufe des Abends die Gaststube. Dort ließ er sich nochmals einige gute Schoppen schmecken. Als es ans Bezahlen ging, drehte er plötzlich durch. Warum, daran kann sich weder der damalige Gast noch der Wirt, der als Zeuge geladen war, erinnern.

Jedenfalls, so schilderte der Gastwirt, habe der Wirtshausbesucher ausfällig und aggressiv reagiert und unvermittelt das leere Weinglas in seine Richtung geworfen. Das Glas, so gab der Inhaber der Schenke später bei der Polizei zu Protokoll, sei - glücklicherweise - haarscharf an seinem Kopf vorbei gezischt. Die Polizeibeamten führten den betrunkenen Randalierer ab.

Gefragt, ob er damals "hacke-dicht" gewesen sei, antwortete der Beschuldigte, dass er schätzungsweise zwei Promille intus gehabt habe. Bereits einige Tage später entschuldigte sich der Rowdy bei dem Angegriffenen.

Statt Trinkerei nun Sport

Heute ist er geläutert. Im Frühjahr 2011 unterzog sich der Trunkenbold einer Entziehungskur. Zudem geht der geschiedene Vater zweier Jugendlicher nun einer geregelten Arbeit nach. Und die acht Kilometer zwischen Wohnort und Arbeitsplatz im Maintal fährt er sommers wie winters täglich mit dem Fahrrad.

Neben der Alkohol-Abstinenz hat er dem Sport wohl zu verdanken, dass er 20 Kilo abgenommen und nun eine direkt athletische Figur hat.

Obwohl der Täter damals unter Bewährung stand, sperrte sich Oberstaatsanwalt Martin Dippold nicht gegen die Einstellung des Verfahrens. Dass er als Auflage 250 Euro bis 10. Januar an die Lebenshilfe in Ebern zahlen muss, kommentierte der Arbeiter einsichtig: "Strafe muss sein!"