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Von Alkoholsucht zum Diebstahl verleitet


Autor: Manfred Wagner

Haßfurt, Donnerstag, 03. März 2016

Ein Diebstahlprozess vor dem Haßfurter Amtsgericht führte vor Augen, in welches Elend die Alkoholsucht führen kann
Symbolbild: Tobias Kindermann


Wie oft die beiden Alkoholkranken (51 und 40 Jahre alt) wegen ihrer Sucht Schnapsflaschen mitgehen ließen, wird sich nie mehr aufklären lassen. Erwischt wurden sie letztmals Ende September 2015, als sie quasi im Teamwork fünf Flaschen Wodka in einem Haßfurter Markt klauten. Schon ein Vierteljahr zuvor fiel der Jüngere der beiden bei zwei Diebereien auf, als er an einem einzigen Tag zuerst eine Flasche "Jägermeister" und dann wieder eine Wodkaflasche einsteckte. Das Urteil, das das Amtsgericht in Haßfurt jetzt fällte und das bereits rechtskräftig ist, lautet: Der Ältere kassierte eine Bewährungsstrafe von drei Monaten, der andere eine von acht Monaten mit der Auflage, baldmöglichst eine stationäre Suchttherapie anzutreten.


Keine Grenzen

Insbesondere der Vorfall am Abend des 23.
Mai letzten Jahres zeigt überdeutlich, dass eine echte Alkoholsucht skrupellos macht und keinerlei Grenzen kennt. Damals rief eine Markt-Verkäuferin die Polizei, weil der betrunkene 40-Jährige mit einer (optisch leicht erkennbaren) Wodkaflasche im Ärmel den Supermarkt verlassen wollte. Als ein Polizeibeamter kam, führte er zusammen mit der Filialleiterin den Dieb in ein Büro. Dort befragten sie ihn nach den näheren Umständen.

Überraschend packte der unter gewaltigem Alkoholdruck stehende Mann das auf dem Bürotisch stehende Corpus Delicti, schraubte in Windeseile den Verschluss auf und setzte die Pulle zu einem kräftigen Schluck an die Lippen. Das passierte so blitzschnell, dass der Wachtmeister keine Chance hatte, die Aktion zu verhindern. Am Morgen desselben Tages hatte man den Trinker in einer Tankstelle der Kreisstadt geschnappt, als er es auf eine Flasche "Jägermeister" abgesehen hatte.
Aufgrund eines Urteils vom Januar 2015 verbüßt der 40-Jährige aktuell eine Haftstrafe in der Justizvollzugsanstalt in Bamberg. Zwei Uniformierte hatten ihn mit Fußfesseln in den Gerichtssaal in Haßfurt geführt.


Schwer gezeichnet

Der elf Jahre ältere Beschuldigte bot auf der Anklagebank einen fast schon erbarmungswürdigen Anblick, denn er ist vom Alkohol schwer gezeichnet. Seit geraumer Zeit bezieht der gelernte Handwerker eine Berufsunfähigkeitsrente. Man darf bezweifeln, ob der die meiste Zeit teilnahmslos und fast wie im Delirium auf seinem Stuhl sitzende Angeklagte den Verlauf der Gerichtsverhandlung in Haßfurt vollständig mitgekriegt hat.


Letzte Chance

Dass ein einfaches Wegsperren trotz der zahlreichen Vorstrafen der beiden Angeklagten keine Lösung ist, war auch für Staatsanwalt Arno Ponnath klar. Er billigte ihnen eine eingeschränkte Schuldfähigkeit zu und plädierte auf Bewährungsstrafen, bei dem Jüngeren verbunden mit der Therapieauflage, sobald er aus dem Gefängnis entlassen wird. Diese Auffassung teilten auch der Pflichtverteidiger Hans Andree sowie die Amtsrichterin Ilona Conver. In ihrer Urteilsbegründung sprach die Vorsitzende von einer allerletzten Chance für den jetzigen Häftling: "Sie brauchen sich nur ihren Mitangeklagten anzuschauen, um zu sehen, wohin Sie kommen, wenn Sie so weitermachen. Im Endstadium der Alkoholsucht können die Leute nicht mehr vorne von hinten und nicht mehr rechts von links unterscheiden", schärfte die Richterin dem Verurteilten abschließend ein.