Vom Leben und Sterben im Forst
Autor: Ralf Kestel
Ebern, Samstag, 25. Oktober 2014
Ein kleiner Pilz setzt den Eschen im Eberner Spitalwald zwischen Lützelebern und Fierst heftig zu. Dennoch wachsen rund um Ebern Werte für künftige Generationen auf. Eine Frühform der Altersvorsorge und Pflegeversicherung.
Einen tiefen Blick in die "Sparbüchse" der Julius-Pfründner-Spitalstiftung nahmen Förster und Mitglieder des Spitalwald-Ausschusses bei einem zweistündigen Rundgang am Freitagnachmittag. Das Kapital der 1352 vom Ehepaar Hedwig und Dietrich Waltmann begründeten Stiftung wirft weiterhin Zinsen ab, wie Albert Kuhn als Spitalverwalter und Bänker mit Blick auf das Seniorenzentrum St. Elisabeth bilanzierte.
Doch es gibt auch Verluste. Herbe sogar, wie Revierförster Wolfgang Gnannt im Distrikt "Brunnenstube" vor Augen führte. Dort droht 100 000 Eschen-Winzlingen der Garaus. "Wenn davon 1000 überleben, wäre das schon ein Riesen-Erfolg", hofft Gnannt. Der natürliche Feind: Ein Schlauchpilz namens falsches, weißes Stängelbecherchen, der den Eschen weit mehr zusetzt, als es sein harmloser Name vermuten lässt. Die Ausfälle, die der aus Asien eingeflogene Pilz bzw.
Käfer knabbert sich durch
Und noch einen Feind hat Gnannt im Spitalwald ausgemacht: Den Eichenpracht-Käfer, der auch so manchen Stamm zu Spänen mineralisiert.
Ansonsten eröffnen die 40 Hektar Spitalwald auch künftigen Generationen die Hoffnung auf üppige Erträge, wie sie vor etwa 30 Jahren notwendig waren, als im Bereich der Brunnenstube in einem Eichenbestand ein Kahlschlag erfolgte, weil damals für den Altenheim-Neubau 1,3 Millionen Mark benötigt wurden, wie Albert Kuhn aus den Büchern herausgelesen hat. "Die Bäume wurden aus heutiger Sicht zu früh geschlachtet", befand Gnannt. "Die Radikalkur hat mehr gekostet als gebracht. Jetzt steigt der Wert des Waldes wieder."
Jetzt wachsen neue Eichen, Buchen und Lärchen hoch, die mittels Auslese-Durchforstung beste Bedingungen vorfinden sollen. Wolfgang Gnannt: "Den Erfolg sehen wir in 200 Jahren." Eine optimistische Einschätzung aus menschlicher Sicht.
Doch der Spitalwald nutzt auch schon den Zeitgenossen: "Für Selbstwerber steht Brennholz bereit und wir bekommen neben der staatlichen Förderung nochmals 1300 Euro", wechselte Gnannt vom Naturfreund ins Gewand des Buchhalters.
Entnommen werden aber nur Äste, die dicker als zehn Zentimeter sind. "Der Rest bleibt aus ökologischen Gründen, wie als Kohlenstoff-Binder, liegen. Komplett ausgeräumte Wälder, wie nach dem Krieg wird es nicht mehr geben", schwelgte Gnannt in Nostalgie.
Brombeere wuchert
Ökologisch gesehen sei der Spitalwald ein Kleinod, resümierte der Förster. "Hier sieht man Pirol, Spechte, Eis- und sämtliche Singvögel." Dennoch entdeckt er immer wieder Handlungsbedarf. "Schadflächen müssen wir schnell in Bestockung bringen, denn bei Lichteinfall und den guten Böden breitet sich die Brombeere extrem aus", was dem Waldmann missfällt.
Sein Herz gehört eher solchen Eichen, wie einem Prachtexemplar, das er Spitalverwalter Albert Kuhn und Bürgermeister Jürgen Hennemann präsentierte, weil es heuer nach 220 Jahren Wachstum zur Wertholzsubmission gefällt werden soll. "Den Stamm können wir in drei Stücken super vermarkten. Den oberen Teil für einen schmucken Sarg", hat Gnannt schon konkrete Vorstellungen und schloss damit ein Gedankenspiel, das er vorher hatte anklingen lassen: "Der Tod gehört zum Leben im Wald."