Druckartikel: Versammlung: Viele Eberner, unterschiedliche Meinungen

Versammlung: Viele Eberner, unterschiedliche Meinungen


Autor: Sarah Seewald

Ebern, Dienstag, 27. Oktober 2015

Die Rathaushalle war am Montag so gut besucht, dass viele Stühle mehr aus dem Lager geholt wurden. Einige Bürger waren wegen des Bauvorhabens im "Mannlehen"-Gebiet gekommen. Nach dem Tagesordnungspunkt verschwanden einige von ihnen wieder.
Bei der Bürgerversammlung erläuterte neben Bürgermeister Jürgen Hennemann (SPD) auch Norbert Kern (rechts, mit Mikrofon) von der Diakonie die Neubau-Pläne.  Foto: Sarah Dann


Wenn das Wörtchen "Verkaufseinrichtung" nicht wäre, hätte es nicht einmal eine Änderung des Bebauungsplans "Mannlehen" seitens des Stadtrates geben müssen. Und eine Kindertagesstätte sei in diesem Gebiet auch von Anfang an vorgesehen gewesen. Diese zwei Fakten warf Eberns Bürgermeister Jürgen Hennemann (SPD) bei der Bürgerversammlung am Montagabend nicht nur in die große Runde, sondern via Präsentation und abgelichtetem Bebauungsplan auch an die Wand der Rathaushalle.

In einer Bürgerversammlung würden zwar weder Entscheidungen getroffen, meinte Hennemann, noch ging es ihm darum, das Konzept in Frage zu stellen, aber Einwohner könnten so zu Wort kommen. Dass einige dieses Bedürfnis hätten, war nach der Stadtratsitzung vom 8. Oktober deutlich geworden.

Bei der Stadtratsitzung, über die der FT berichtete, stimmte das Gremium über eine Bebauungsplanänderung ab, die offenbar umstritten ist: Die Stadt sieht im nördlichen Bereich der Siedlung den Neubau eines Seniorenzentrums mit integrierter Kindertagesstätte vor. Bauträger ist das Diakonische Werk. Trotz Gegenwinds von Vertretern der Jungen Liste oder Freie-Wähler-Stadtrat Thomas Limpert stimmte das Gremium den Änderungen des Bebauungsplans und dem Bauvorhaben der Diakonie Bamberg-Forchheim mit 14 Ja-Stimmen zu (bei vier Gegenstimmen).

"Wenn auf jeden Fall gebaut wird, dann fühle ich mich hier übergangen", sagte Oliver Höhn am Montagabend. Er war der erste, der sich bei der Bürgerversammlung meldete und als Familienvater und Anwohner seine Bedenken schilderte. Insgesamt waren es über zehn Wortmeldungen, die sich Bürgermeister Hennemann und der Vorsitzende der Diakonie, Norbert Kern, anhörten.

Fragen und Argumente gegen den Neubau waren etwa: Wie soll sich das Holen und Bringen der Kinder, geschweige denn ein Feuerwehr- oder Notarzteinsatz gestalten, wo doch sowohl der Kreisel, als auch die Wendeplatte vor Ort so eng sind? Können die Kinder bei einem steigenden Verkehrsaufkommen noch sicher spielen? Warum muss es in einem Gebiet sein, in dem die Geburtenzahlen abnehmen? Deutlich wurde, dass einige Bürger das Vertrauen darauf fehlt - so wörtlich -, dass der Ausbau zur Coburger Straße 2018 wirklich kommen wird. Bisher liegt das Grundstück, das die Diakonie bebauen will, in einer Stichstraße. Die mögliche Erschließung zur nahen Coburger Straße ist vor Jahren aus Kostengründen verschoben worden.


Andere Standorte geprüft

Der Bürgermeister betonte mehrmals, dass die Planung im nächsten Jahr angegangen werden soll. Der Ausbau sei im Finanzplan 2018 vorgesehen. Er rechne mit Kosten von 150 000 bis 200 000 Euro. Laut Hennemann funktioniere es nicht mehr, dass nur dort Kindertageseinrichtungen gebaut werden, wo Kinder wohnen. Mittlerweile würden 65 Prozent der Ein- bis Dreijährigen - Tendenz steigend - in die Krippe gehen. Ein Neubau in einem Ortsteil wie Unterpreppach komme nicht infrage, weil einerseits der Kindergarten in Jesserndorf nicht gefährdet werden soll, und außerdem über 50 Prozent der Kinder in der Kernstadt leben würden, sagte Hennemann.

Norbert Kern erklärte den Wunsch der Diakonie, in der Stadt zu bauen, so: "Die älteren Menschen wollen in der Stadt bleiben und besucht werden." Die Besuchsdichte sei im Ort eine höhere als in der Peripherie. Kern habe gute Erfahrungen mit Mehrgenerationen-Konzepten gemacht, sagte er, durch das in Ebern für 80 Senioren und 37 Kinder (darunter zwölf Krippenplätze) Platz geschaffen werden könnte. Eine Generalsanierung der Pflegeeinrichtung St. Elisabeth in der Kapellenstraße würde bedeuten, dass man faktisch 20 Betreuungsplätze verliere, sagte Kern. Und ein anderes Grundstück stehe in Ebern nicht zur Verfügung.

Nach sechs kritischen Beiträgen stand Heike Hübel auf: "Lasst doch Leben in die Siedlung. Wir veralten da oben." Sie sprach sich für den Neubau und gegen die "Sackgassen-Idylle" aus. Und erhielt damit den stärksten Beifall des Abends. "Als Nächstes haben wir Eltern oder Großeltern, die in diese Einrichtung einziehen werden", sagte Gundi Schmitt. Weitere persönliche Bekundungen folgten, bis der Rathauschef nach über zwei Stunden den ersten Tagesordnungspunkt zusammenfasste: Die Notwendigkeit der Einrichtungen wird grundsätzlich nicht bezweifelt, die Verkehrsanbindung bereitet einigen Kummer.

Zu einer Anliegerversammlung zeigte er sich bereit. Mit dem Übergang zum nächsten Tagesordnungspunkt standen viele der zuvor Beteiligten auf und verließen die Versammlung.