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Untermerzbacher Frauen wollen wieder Rock und Mieder


Autor: Helmut Will

Untermerzbach, Donnerstag, 19. Februar 2015

In Untermerzbach soll eine Trachtengruppe etabliert werden. Den Anstoß dazu gab ein ausgerechnet ein Neubürger. Schon bald wollen sich die Befürworter zusammensetzen und beraten.
80 Jahre ist Herta Gunsenheimer aus Untermerzbach. Sie engagiert sich seit vielen Jahrzehnten im Ortsgeschehen und ist stolz auf ihre selbstgeschneiderte Tracht. Gerne trägt sie diese bei entsprechenden Anlässen. Foto: Helmut Will


Beim Verein für Gartenbau und Landespflege in Untermerzbach macht man sich gegenwärtig Gedanken, eine Trachtengruppe im Verein zu integrieren. Den Anstoß hierzu gab Hans Kaiser, der seit etwa drei Jahren in der Gemeinde im Itzgrund wohnt. Konkreter soll diese Idee bei einer Besprechung, die auf den 25. März, 19.30 Uhr, in der Gaststätte "Zur Hunneneiche" terminiert ist, weiter verfolgt werden.

Warum hat ein Neubürger eine solche Idee? "Ich identifiziere mich mit Untermerzbach, wohne gerne da und ich fände es toll, wenn man mit einer gemeinsamen Tracht eine Tradition in Untermerzbach beleben könnte", sagte Hans Kaiser. Von dieser Idee zeigte sich Norbert Scheichenost, Vorsitzender des Vereins für Gartenbau und Landespflege, begeistert. Sein Gedanke dabei: "Wenn wir über diese Initiative junge Menschen für das Trachtentum gewinnen und begeistern könnten, wäre das auch für Untermerzbach eine gute Sache." Beim Gespräch sitzen am Tisch in der Küche von Herta Gunsenheimer neben der Hausherrin Hans Kaiser und Norbert Scheichenost, auch Helga Baetz aus Memmelsdorf und Elvira Kunzmann aus Untermerzbach. Alle drei Frauen tragen eine Tracht.

Es gab schon einmal eine Tracht

Die "Gunsenheimers-Herta", wie sie im Dorf genannt wird, erinnert sich: "Schon im Jahr 1983 fanden sich der ,Höhns-Fritz', der ,Baetzn-Ewald' und sechs Frauen in Untermerzbach, zusammen, um über Trachten zu sprechen. Etwas später waren wir sogar zwölf Frauen." Einiges an Erfahrung brachte damals Helga Baetz ein, die in einer Landfrauengruppe im Coburger Land, wo es schon Trachten gab, Mitglied war. Sie sagt: "Die Idee fand damals in Untermerzbach bei den Frauen Anklang und deshalb begannen die Frauen in Untermerzbach, sich selber eine Tracht zu schneidern." Stolz, dass das gelang, ist heute noch Elvira Kunzmann, welche die Farbenpracht der selbst geschneiderten Trachten hervorhebt. Mieder und Rock der Trachten sind einheitlich schwarz. Bei der Gestaltung von Schals, Jacken oder Strümpfen, waren der Fantasie keine Grenzen gesetzt, sagen die drei Frauen. Deshalb sind die Farben ihrer Trachten auch recht unterschiedlich. "Eines wollten wir schon damals, es sollte eine evangelische Tracht sein, mit schwarzem Mieder und Rock", sagt Helga Baetz.

Das Wort Tracht sei ein Kunstprodukt der Romantik und meine die Kleidung der Landbevölkerung, erklärt Christine Landgraf, Leiterin der Trachtenberatungs- und Forschungsstelle beim Bezirk Unterfranken. Zwar fand bis zum 20. Jahrhundert der Wechsel der Kleiderstile auf dem Lande nicht so schnell statt wie in der Stadt, dennoch orientierte sich auch die ländliche Bevölkerung an der zeitgemäßen städtisch-bürgerlichen Mode. Daher habe sich auch die Tracht kontinuierlich verändert. Landgrafs Informationen sind auch auf der Datenbank des Bezirks unter "Trachtengrafiken" nachzulesen. Dort steht auch, dass die erste Trachtenbeschreibung für Unterfranken von Johann Kaspar Bundschuh aus den Jahren 1796/97 stammt. Christine Landgraf stellt fest: "Eine typisch fränkische Tracht gibt es nicht und in den Haßbergen haben sich Trachten relativ wenig etabliert." Der Datenbank kann weiter entnommen werden, dass besonders das bayerische Königshaus im 19. Jahrhundert die Entwicklung, Erhaltung und Pflege von Trachten als identitätsstiftendes Element für die Bevölkerung förderte. Die trachtenpolitischen Initiativen zielten darauf ab, das Nationalgefühl der Bürger des neu gebildeten bayerischen Staates zu heben. Da wäre man wieder bei dem Gedanken des Neubürgers Hans Kaiser, mit Trachten in Untermerzbach das Gemeinschafts-, Identifikation- und Zusammengehörigkeitsgefühl zu festigen.

Bei der Besprechung am 25. März können auch gerne Männer teilnehmen

Ideengeber Hans Kaiser sagt: "Ich fände es gut, wenn auch Männer an der Besprechung am 25. März teilnähmen und eine gemischte Trachtengruppe in unserem Ort entstehen könnte." Bisher trugen die Untermerzbacher Frauen ihre Tracht im Ort zu besonderen Anlässen. "Bei Erntedankfesten oder Umzügen unseres Vereins oder Festzügen in anderen Ortschaften waren wir schon manchmal mit unseren Trachten dabei", sagt Herta Gunsenheimer. Nun hoffen neben Hans Kaiser und Norbert Scheichenost sowie den "Trachtenfrauen", dass sich viele Interessierte finden, um die Idee einer "Trachtenfrauengruppe Untermerzbach" am 25. März anzustoßen, verwirklichen und mit Leben erfüllen zu können. Seine "Fühler" nach Leuten, die beratend mithelfen könnten, habe er schon ausgestreckt, sagt Hans Kaiser.