Unterfinanziert und überlastet: Kliniken in Franken schlagen Alarm
Autor: Klaus Angerstein
Haßfurt, Donnerstag, 08. Februar 2018
Chronische Unterfinanzierung und überlastetes Personal machen den Kliniken im Freistaat zu schaffen - auch in Franken.
Die Not fördert unübliche Allianzen. So haben sich jetzt der Verband der Krankenhausdirektoren im Freistaat und die Gewerkschaft Verdi zusammengetan. Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter weisen in einem Schreiben an Ministerpräsident Horst Seehofer(CSU) und seine Fachministerin Melanie Huml (CSU) auf die Notlage bayerischer Kliniken hin. Die Einrichtungen seien notorisch unterfinanziert, die Mitarbeiter permanent überlastet.
Ausfälle auf Rekordniveau
Was dazu führe, dass Krankheitsausfälle ein Rekordniveau erreicht hätten bei gleichzeitig kontinuierlich ansteigenden Überstunden. Hinzu komme eine aufgrund der vorgeschriebenen genauen Dokumentation erbrachter Leistungen immer weiter ausufernde bürokratische Gängelung. Viele Mitarbeiter würden deshalb den Beruf wechseln oder in Teilzeit flüchten. Da qualifiziertes Personal im benötigten Umfang praktisch nicht mehr zu finden sei, könne der Betrieb in ganzen Leistungsbereichen oft nicht mehr uneingeschränkt aufrecht erhalten werden. Klinikdirektoren wie Gewerkschaft fordern deshalb von der Politik bessere Arbeitsbedingungen in Bayerns Krankenhäusern. Dazu gehöre eine sachgerechte Finanzierung und ausreichend Personal, sowie eine Reduzierung des Bürokratismus auf ein handhabbares Maß.
Auch zu wenig Ärzte
Josef Götz, Landesvorsitzender des Verbands der Krankenhausdirektoren, wies im Gespräch mit inFranken.de darauf hin, dass die Kliniken nicht nur mit einem Notstand im Bereich der Pflege zu kämpfen hätten, auch beim ärztlichen Dienst fehle qualifiziertes Personal. Sein Kollege im Landesvorstand, Stephan Kolck, Vorstandsvorsitzender der Haßberg-Kliniken, forderte in diesem Zusammenhang die Schaffung von zusätzlichen Medizinstudienplätzen in Deutschland. Nur so wären im Zusammenhang mit der demographischen Entwicklung die Herausforderungen im Gesundheitsbereich lösbar. Nicht ein Weniger, sondern ein Mehr an Ausbildung auch im Pflegebereich, dafür macht sich Felix Holland, Mitglied im Landesvorstand der neugegründeten "Vereinigung der Pflegenden Bayerns", stark. Kurz nach der Jahrtausendwende habe man die Ausbildung im Pflegebereich zunächst einmal zurückgefahren. Ergebnis: Heute könnten oft genug ausgeschriebene Stellen nicht mehr zeitnah besetzt werden.
Bundesweit immer weniger Krankenhäuser
Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml hat auf Nachfrage zum Schreiben der Klinikchefs und der Gewerkschaft Stellung bezogen. So sei bei den Berliner Koalitionsvereinbarungen für den Krankenhausbereich eine vollständige Refinanzierung von Tarifsteigerungen vereinbart worden, heißt es. Zudem soll ein bis 2018 angelegtes Förderprogramm 1300 zusätzliche Stellen im Pflegebereich in Bayern schaffen. Für die Betroffenen ein Schritt in die richtige Richtung. Ob damit das Überleben der Krankenhäuser auch im ländlichen Raum ermöglicht wird, muss sich noch zeigen. 1991 gab es in Deutschland 2411 Krankenhäuser, inzwischen sind es noch 1951. In 25 Jahren also 460 Kliniken weniger im Land.
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