Unflätige Ausdrücke über die 110
Autor: Manfred Wagner
Haßfurt, Dienstag, 06. November 2012
Das Jugendgericht am Amtsgericht Haßfurt verurteilte eine junge Frau zu einer Geldstrafe und gemeinnütziger Arbeit, weil sie 79 Mal die Notrufnummer missbräuchlich benutzt und Polizisten beleidigt hatte.
           
Dass jemand - grund- und sinnlos - 79 Mal bei der Notruf- und Einsatzzentrale der Polizei anruft, kann man  nicht mehr als normales Verhalten bezeichnen. Noch mehr fällt aus dem Rahmen, dass dabei in 59 Fällen die Beamten massiv beleidigt wurden. Eine 21-jährige Frau  musste sich vor dem Jugendgericht des Amtsgerichts Haßfurt für diese absurden Taten verantworten. Die vermindert schuldfähige Angeklagte muss 50 Euro an den Jugendhilfefonds Haßberge zahlen und 20 gemeinnützige Arbeitsstunden ableisten.
Als Jugendrichter Martin Kober die Beschuldigte nach ihren persönlichen Angaben befragte, murmelte diese so leise, dass niemand sie verstehen konnte. Auch im weiteren Verlauf der Verhandlung machte sie keinerlei Angaben, sondern blickte andauernd mit gesenktem Kopf wie abwesend zu Boden. Als einzige Reaktion ließ sich die äußerlich wie ein Teenager wirkende junge Frau durch beharrliches Fragen ein Zucken mit der Schulter entlocken.
Wie ein Polizeibeamter als Zeuge aussagte, hatte die Angeklagte mit ihrem Handy im Zeitraum von Juni bis September 2011  angerufen - oft kurz hintereinander. Fast jedes Mal nutzte sie den Kontakt, um die Diensttuenden massiv zu beleidigen. Schwein, Bulle,  Feigling, Oberpfeife und Weicheier gehörten dabei noch zu den harmloseren Ausdrücken.
Natürlich konnte schnell  ermittelt werden, woher die Anrufe stammten. Als die  Polizei einen Streifenwagen hinschickte, büxte die Gesuchte erst einmal aus. 
Jugendgerichtshelfer Franz Heinrich beleuchtete den bisherigen Werdegang der Angeklagten, die strafrechtlich noch nichts auf dem Kerbholz hat. Aufgewachsen unter schwierigsten familiären Bedingungen mit massiver Vernachlässigung und Verwahrlosung waren wiederholte stationäre Aufenthalte in verschiedenen Nervenkliniken erforderlich. Versuche, sie auf dem regulären Arbeits- und Ausbildungsmarkt zu integrieren, scheiterten, wie er darstellte, weil die Jugendliche damit hoffnungslos überfordert war.
Laut Gutachten eines Arztes liegt eine Persönlichkeitsstörung mit verminderter Schuldfähigkeit vor. So erklärt sich das vergleichsweise milde Urteil.
Der Vorsitzende Richter beschwor abschließend die junge Frau, sich zusammenzureißen und keine derart abstrusen Aktionen mehr zu starten. Andernfalls müsse sie damit rechnen, in der geschlossenen Abteilung einer Fachklinik zu landen - weit weg von jedem Telefon.