Druckartikel: Überraschungsbesuch von "Tante Ju"

Überraschungsbesuch von "Tante Ju"


Autor: Gerhard Schmidt

Marbach, Dienstag, 14. April 2015

In Marbach war die Landung einer Maschine vom Typ Junkers 52 im Jahr 1936 eine Sensation, die in die Ortschronik Eingang gefunden hat. Das schwere Flugzeug musste damals aufwändig aus einem Acker "befreit werden".
Eine "Tante Ju" (Ju 52) unterwegs   Foto: Archiv/Harald Rieger


Erinnerungen an Fliegereinsätze in der Region sind zurzeit an der Tagesordnung, da sich das Ende des Zweiten Weltkriegs zum 70. Mal jährt. Im heutigen Gemeindeteil von Maroldsweisach, Marbach, gab es im Jahr 1936 eine ungewöhnliche Begegnung mit einem Kriegsflugzeug, die in die Ortschronik eingegangen ist.

Im Januar war es, als am Nachmittag über dem kleinen Haßbergdorf Marbach ein unheimliches Brummen hörbar wurde, das alle Einwohner zum Himmel blicken ließ. Am Horizont tauchte ein nach damaligen Vorstellungen riesengroßes Motorflugzeug auf. Es war eine Junkers 52, die sogenannte "Tante Ju", die, wie sich herausstellte, bei einem Blindflug Antennenschaden hatte und notlanden musste.

Etwa 400 Meter von Marbach entfernt in Richtung Gresselgrund ging das Flugzeug auf einer teilweise vom Schnee bedeckten Hochebene nieder und versank bis an die Achse im aufgeweichten Ackerland.
Als die beiden Piloten unverletzt aus dem Cockpit kletterten, wurden sie bereits von der heimischen Bevölkerung umringt, denn für die Marbacher war dies ein Jahrhundertereignis. Natürlich musste man dies auch im Bild dokumentieren. In einer mit Messingumschlag versehenen kleinen Chronik findet sich der ganze Vorgang beschrieben.

Im Acker festgefahren

Nun war guter Rat teuer, wie man das Propellerflugzeug wieder in die Lüfte bekommt, denn auf dem umgepflügten Acker war ein Start unmöglich. Am nächsten Tag rückte eine Bergungsmannschaft von der Fliegerschule Fürth mit einem Personenauto und drei Lastkraftwagen an, um die Ju 52 mit der Bezeichnung D-AKEH zu bergen.

Das Flugzeug musste auf einen 180 Meter vom Notlandeplatz entfernten, zehn Meter höher gelegenen Stoppelacker gezogen werden, wo die Möglichkeit eines Starts in Erwägung gezogen wurde.

Mit vereinten Kräften wurden die Räder der Ju freigeschaufelt und mit Brettern und Bohlen unterbaut. Aus eigener Kraft sollte das Flugzeug bis zur provisorischen Startbahn rollen, was aber misslang.

Dank des damaligen Bürgermeisters Matthäus Steinrichter fand, wie zuvor bereits die Piloten, auch die Bergungsmannschaft im Dorf Unterschlupf. Der 71-jährige Hans Steinrichter, Enkel des damaligen Bürgermeisters, erinnerte sich noch vor Jahren gut an das große Ereignis, denn der Pilot Josef "Jupp" Beitzel wurde bei den Steinrichters einquartiert. Dies war für den damals sechsjährigen Hans die Gelegenheit, einmal ein Flugzeug von Innen betrachten zu dürfen. Mit Stolz in den Augen wurde er von Jupp in den Pilotensitz gehoben und durfte sich als Pilot einer Ju 52 fühlen.

Besuch aus Thüringen

Es dauerte einige Zeit, bis die "Tante Ju" wieder abreisen konnte. Wie Hans Steinrichter erzählte, war die Notlandung damals solch ein Ereignis, dass sogar ganze Schulklassen aus Thüringen zur Besichtigung nach Marbach kamen.

Steinrichter erzählte, dass er sich viele Jahre später, nach der politischen Wende 1989 am LPG-Stall in Hellingen befand und dort von einer Frau gefragt wurde, wo er denn herkäme. Als Hans Steinrichter seinen Heimatort Marbach nannte, meinte die Frau sofort: "Dös is doch durd, wu daomaols dös Fluchzeuch notgelaondet is un mir mit där Schul durd waorn. Daomaols waor ich in där ärsten Klaoss."

Da ein Herausschleppen des Flugzeugs mit den verfügbaren Mitteln nicht glückte, wurde ein Schlepper von der Fliegerschule angefordert, dem es dann gelang, die Maschine meterweise auf den Stoppelacker zu ziehen. Wie der Verfasser der Chronik beschreibt, haben tausende Besucher das Feld zertreten und noch unwegsamer gemacht.

Mit Rollbrücken gelang es

Am 28. Januar 1936 wurden sogenannte Rollbrücken eingesetzt und die Ju startklar gemacht. Vom Motorgedröhn begleitet, startete die Maschine und zog noch einige Runden mit wackelndem Flügel über Marbach, ehe sie in Richtung Nürnberg abdrehte. 1971 kam der Pilot Jupp Beitzel nochmals zu einem Besuch nach Marbach. Leider traf er nicht mehr viele Marbacher aus der Zeit seiner Notlandung an.

Die "Tante Ju"

Die Junkers Ju 52 (Spitzname "Tante Ju") ist ein Flugzeugtyp der Junkers Flugzeugwerk AG, Dessau. Das heute als Ju 52 bekannte Flugzeug ist die dreimotorige Ausführung Junkers Ju 52/3m aus dem Jahr 1932. Das beliebte Passagier- und Transportflugzeug wurde von 1932 bis 1952 gebaut. Charakteristische Kon-struktionsmerkmale sind die Wellblechbeplankung (wie bei vielen Junkers-Flugzeugen) und die drei Motoren.

Militär Die Ju 52 diente der deutschen Luftwaffe im Zweiten Weltkrieg als Transportmaschine und überzeugte besonders wegen ihrer niedrigen Landegeschwindigkeit. Insgesamt sind etwa 4800 Maschinen dieses Typs hergestellt worden, viele davon kurz vor Kriegsausbruch.

Heute Einige der Ju 52/3m sind erhalten geblieben und werden zum Teil auch noch für Oldtimer-Flüge benutzt. Andere Maschinen befinden sich in Museen in der ganzen Welt oder werden an öffentlichen Plätzen ausgestellt.
Quelle: Wikipedia