Turnier für Demokratie und Toleranz in Kirchlauter
Autor: Günther Geiling
Kirchlauter, Sonntag, 29. Juni 2014
Ein Zeichen gegen Rechts setzte die "IHADG-Kirchlauter" mit einem Fußballturnier "Tore für Toleranz", das sie anlässlich der Fußballweltmeisterschaft mit einem abwechslungsreichen Programm veranstaltete.
21 Mannschaften aus dem ganzen Lande kamen dazu in die Haßberge und strickten ein großes Netz von Gleichgesinnten für Demokratie, Toleranz, Mut zur Zivilcourage und ein starkes Miteinander. Die Veranstaltung war ein Gemeinschaftsturnier von IHADG-Kirchlauter und APROTO-Brandenburg (Aktionen und Projekte zur Toleranz) mit Unterstützung des VfR Kirchlauter und stellte die bisher sicherlich größte Veranstaltung dieser Art im Landkreis Haßberge dar.
Landrat Wilhelm Schneider (CSU) sprach deswegen auch seinen Dank dafür aus, dass junge Bürger dieses Thema aufgriffen und Denkanstöße für einen respektvollen Umgang miteinander geben wollen. "Ich freue mich, dass alle, die heute hier sind, gemeinsam ein starkes Signal gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz geben. Der Sport, insbesondere das Fußballspielen, spricht alle Sprachen und überwindet dabei Brücken spielend."
In Brasilien laufe derzeit die WM, die ganze Welt sei im Fußballfieber und hier in Kirchlauter spiele man mit. "Ich finde es super, dass heute 21 Mannschaften aus der ganzen Bundesrepublik hier nach Kirchlauter gereist sind und für mehr Toleranz und gegenseitige Anerkennung gegen das runde Leder antreten. Fußball bringt Menschen unterschiedlicher Herkunft und Kulturen und Religionen zusammen - hier wird niemand ausgegrenzt - und die Freude am Spiel verbindet sie."
Nationalmannschaft: Schmelztiegel der Nationen
Wenn man jetzt bei der Fußball-WM gespannt vor dem Bildschirm sitze und der deutschen Nationalmannschaft die Daumen drücke, könne man sehen: "Wir brauchen einen Miroslav Klose, der im Strafraum die Tore abstaubt. Wir sind besser, wenn Mesut Özil kluge Pässe nach vorne spielt und Jerome Boateng Angriffe abwehrt und so manches Tor vor den Schüssen der Gegner rettet. Gemeinsam sind wir eine starke Elf, da hat Ausländerfeindlichkeit und Diskriminierung keinen Platz. Auch nicht bei uns."
Der Landkreis Haßberge sei vor 5 Jahren der "Allianz gegen Rechts" in der Metropolregion Nürnberg beigetreten, um sich klar gegen dieses "Foul-Spiel" in der Gesellschaft auszusprechen. Denn nur gemeinsam können wir gewinnen und nur gemeinsam können wir Vorurteile abbauen. Wir zeigen dem Rassismus die Rote Karte." In diesem Sinne wünschte er dem Turnier einen fairen und spannenden Verlauf und allen Beteiligten viel Spaß und Freude bei den sportlichen Wettkämpfen.
Sportverein zieht mit
Auch Christoph Gockler vom VfR Kirchlauter gab seiner Freude Ausdruck, dass ein solches Turnier in Kirchlauter stattfinde. Das Motto gehe alle an und deswegen sei auch der Sportverein gerne bereit, Hilfestellung zu leisten. IHADG-Vorsitzender Dominik Baum war sichtlich froh, dass sich die riesigen Vorbereitungen gelohnt hatten und dankte im Voraus schon allen Helfern und auch den Schirmherrn der Veranstaltung.
Als solche fungierten unter anderem neben Landrat Wilhelm Schneider auch die "Schlossherren" von Kirchlauter das Ehepaar der Grafen von Stauffenberg, Pfarrer Martin Wissel, zahlreiche Bürgermeister, Kreisräte sowie Funktionsträger von Gruppen. Besonders wurde auch die Bürgermeisterin der mit 499 Einwohnern kleinsten Stadt Thüringens und zweitkleinsten Stadt von Deutschland Christine Bardin aus Ummerstadt begrüßt, wo die Einwohner nach einer Demonstration von Neonazis mit ihrer Initiative "Ummerstadt ist bunt" ein deutliches Zeichen gesetzt hätten.
Spenden für Einrichtungen in Bamberg und Nürnberg
Max-Fabian Wolf-Jürgens, der Vorsitzende der mitorganisierenden APROTO, teilte mit, dass sich die Organisatoren dazu entschlossen hätten, die Spendenaktion diesmal an zwei Organisationen zu verteilen: Einmal an das Institut für sozialwissenschaftliche Forschung in Nürnberg und zum andern an den Verein "FriendCircle WorldHelp" in Bamberg.
Birgit Mair, Buchautorin und Rechtsextremismus-Expertin vom Institut für sozialwissenschaftlich Forschung in Nürnberg, informierte dann auch mit ihrem Vortrag "Neonazismus in Franken und Handlungsstrategien dagegen" und hielt es für wichtig, das sich Widerstand formiere. Bisher habe es teilweise zu wenig offensiven Widerstand gegeben. Gerade weil das Verbot von "Freies Netz Süd" bevorstehe, würden sich prophylaktisch neue neonazistische Gruppierungen bilden und denen müsse man entgegenwirken. So gebe es inzwischen den "III.Weg", der auch versuche am 12. Juli im oberfränkischen Oberprex ein Bürgerfest zu organisieren. Ein früheres Wirtshaus des 87 Einwohner zählenden Ortes diene seit einiger Zeit als Anlaufstelle. Zum Glück habe sich auch eine Initiative gebildet "bei uns ist kein Platz für rechts".
In Unterfranken habe eine Karlstadterin, die lange NPD-Aktivistin war, versucht, eine rechte Frauenszene zu organisieren und für die östliche Region Unterfrankens habe es früher die Kameradschaft Haßberge/Schweinfurt gegeben, um die es in letzter Zeit ruhiger geworden sei.
Birgit Mair warf einen Blick in die Geschichte und meinte, wo früher viele NSDAP-Anhänger waren, wäre später eine starke NPD-Anhängerschaft sichtbar geworden. 1928 habe es in Deutschland 2,6 Prozent NSDAP-Mitglieder gegeben, in Franken wäre der Anteil hingegen bei 8,1 Prozent gelegen mit Schwerpunkt in Westmittelfranken. Sie ging auch auf den Antisemitismus ein, den man durch Schäden auf jüdischen Friedhöfen sichtbar sehe.
Islamhetz erkennbar
Zunehmend spüre man auch Hass gegen Sinti und Roma, der sogar auf Wahlplakaten der NPD zum Ausdruck komme mit Parolen wie "Geld für Oma - statt für Sinti und Roma". Eine Hetzwelle gegen Flüchtlinge wurde auch in der Nähe von Forchheim sichtbar und in Nürnberg falle "die Freiheit", eine Gruppierung, die sich gegen Muslime wende, mit ihrer "Islamhetze" auf. Teilweise träten Gruppierungen auch unter verführerischen Namen wie "Bürgerinitiative soziales Fürth" auf, obwohl Neonazis dahinter stecken. Und deswegen sei der "III.Weg eine Bewegung, die sich als Partei formieren will und es gibt auch die "JN, die Jugendorganisation der NPD". Und
Birgit Mair machte auch deutlich: "Vom Klischee Glatze und Springerstiefel müssen wir Abschied nehmen. Diedes gehört schon lange der Vergangenheit an und ist in Nordbayern out."
Ihre Zuhörer und die Jugendlichen forderte sie auf, so wie mit dieser Veranstaltung Widerstand zu bieten und deutlich zu machen, dass Nazis im öffentlichen Raum kein Gehör finden dürften.
Im Rahmenprogramm wurden weitere Projekte wie "Socialhelpgame", "Ummerstadt ist bunt e.V." und "Hardcore for a positive lifestyle" vorgestellt. Es gab Spiele für Kinder, Torwandschießen und vieles mehr, die alle zum Erfolg der Veranstaltung beitrugen.
Lob für tolle Organisation
Die Veranstalter erhielten große Anerkennung von allen Gruppen und Teilnehmern und auch 1. Vorsitzender Dominik Baum von der IHADG-Kirchlauter zog ein sehr positives Fazit: "Alle 21 Mannschaften und die 4 Kindergruppen waren vollzählig zum Turnier erschienen und es klappte alles wie am Schnürchen. Etwas traurig war ich nur, dass außer der Teilnahme der Kicker am Turnier nur wenige Besucher erschienen und sich deswegen auch nur eine geringe Zahl die interessanten Vorträge über die Gefahren des Rechtsextremismus oder die Aktionen verschiedener Gruppen anhörten und mitdiskutierten. Aber insgesamt waren wir sehr zufrieden mit unserer Aktion, die sicher auch nach außen wirkt."
21 Mannschaften mit über 200 Kickern
Auf ein großes Echo stieß das Fußballturnier "Tore für Toleranz". Ein Team kam aus Baden-Württemberg, die Oberpfalz war mit dem "SOS-Kinderdorf" , Bamberg/Reckendorf mit "Hardcore for a positive lifestyle" und Haßfurt mit "firefighterz", den "Grandiosen" von der Lebenshilfe und der "Kampfkunstvereinigung Gong Fu" vertreten. Aber auch aus den umliegenden Orten und Vereinen traten Mannschaften wie die "7 Zwerge", Feuerwehr Schönbach, Jugendchor Stettfeld, Ausbildung FTE Ebern, "Chaos-Crew" und auch das "Männerballett Kirchlauter" an.
Obwohl der Sieg ja nicht das Wichtigste war, durften die drei Erstplatzierten das Siegerpodest ersteigen. Es waren dies 1. Platz "Hardcore for a positive lifestyle" aus Reckendorf/Bamberg 2. Platz "Chelsgay longdong" aus Kirchlauter 3. Platz "Küche 80" aus Unterleiterbach/Zapfendorf.
Die Spendenaktion der Ballversteigerung mit den Unterschriften aller 21 Schirmherren erbrachte ein Ergebnis von 400 Euro. Dazu kommt dann noch der Reinerlös aus den übrigen Aktionen und dem Verlauf der Veranstaltung nach Abrechnung.