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Tolle Musik vor fast leeren Bänken in Breitbrunn


Autor: Sabine Meißner

Breitbrunn, Dienstag, 24. Juni 2014

Vier Musiker der Bamberger Symphoniker spielten in Breitbrunn groß auf. Sie verzichteten auf Gage, der Erlös ging vollständig an den Caritaskindergarten.
Die Zahl der Zuhörer, die die vier Profimusiker in der Kirche hören wollten, war überschaubar. Fotos: Sabine Meißner


"Das war ein Weltklasseabend", klang es am Ende eines Zweistundenprogramms am Montag aus den Zuhörerreihen in der Kirche. Gemeint waren nicht etwa Fußballer, deren WM-Spiele dieser Tage überall Aufmerksamkeit erregen. Das Lob galt vier Symphonikern, die aus der Musikstadt Bamberg in die Haßberg-Gemeinde Breitbrunn gekommen waren. Sie gaben ein Benefizkonzert und spendeten bei Verzicht auf Gage den Erlös vollständig für den Caritaskindergarten. Fast überall auf der Welt öffnen sich Türen für diese Musiker, und immer ist der Andrang groß. An diesem Tag war es die Kirchentür eines vergleichsweise unbedeutenden Ortes für einen immerhin bedeutenden Zweck, und der Andrang hielt sich sehr in Grenzen. An der Werbung vorab kann es wohl nicht gelegen haben, denn die war gelaufen. Trotzdem ignorierten Eltern der mit dem Benefizkonzert bedachten Kinder das außergewöhnliche Ereignis.


Schon mit der Begrüßung des "Hausherren", wie Pfarrer Martin Wissel sich vorstellte, erfuhren knapp 60 Besucher, dass Ausnahmekünstler das Programm des Abends bestreiten würden.
Am Ende zeigte sich Bürgermeisterin Gertrud Bühl (FW) überwältigt von der "wunderschönen Musik" und dankte den Musikern Daniela Koch (Soloflöte), Rosemarie Schmid (Harfe), Andreas Lucke (Geige) und Wolfram Hauser (Viola) sehr herzlich. "Gerade waren Sie noch in Wien", richtete sich die Bürgermeisterin an die Soloflötistin Daniela Koch, "und heute sind Sie hier bei uns". Das sei etwas ganz Besonderes für den kleinen Ort. Als Bühl vor Monaten mit den Musikern Kontakt aufnahm, habe Wolfram Hauser gesagt: "Wir spielen nur für unseren Freund Thomas, den Bamberger Geigenbaumeister, der in Breitbrunn lebt". Thomas van der Heyd seinerseits habe erwidert, er mache das "für Frau Sauer", die Kindergartenleiterin. Irmhilde Sauer sorge mit ihrem Team für liebevolle Betreuung der ihr anvertrauten Kinder, zu denen auch van der Heyds Sohn gehört. Davon berichtete Bürgermeisterin Bühl dem Konzertpublikum, das zwei Stunden erstklassige Musik erlebt und sich zum Applaus spontan von den Plätzen erhoben hatte. Im anschließenden Gespräch mit dem FT äußerte sich van der Heyd enttäuscht, weil "die Eltern der Kinder, auch die des Kindergartenvorstands" dem Ereignis fern geblieben waren.
Unter den knapp 60 Besuchern in der Matthäuskirche waren etwa 20 Breitbrunner. Andere kamen von weiter her. Sie hatten wohl eine Ahnung davon, welch einmaliges Musikereignis da ins Haus stand. Unter den "Fremden" war Johannes Simon aus Knetzgau, bekannt durch seine Sinnzeitgottesdienste im Landkreis und als Vorsitzender des Caritasverbandes. In der ersten Bankreihe hatte Peter Brandt Platz genommen, ein "alter Bamberger", der dort in Juristenkreisen ebenso bekanntist wie in den Freundeskreisen der Bamberger Symphoniker. Wegen der Formation der vier Profimusiker sei er erstmalig aus der Domstadt nach Breitbrunn gekommen. "Was hier im besten musikalischen Sinne passiert", meinte er, werde es so schnell nicht wieder geben. "Ich bin sehr froh, dass ich gekommen bin", sagte Brandt in der Konzertpause. "Daniela Koch ist weltweit eine der Besten an ihrem Instrument", schwärmte der Gast aus Bamberg. Mit Werken von Bach, Bax, Fauré, Debussy, Ibert und anderen war die preisgekrönte junge Künstlerin zwischen Wiener Mozartsaal und anderen berühmten Konzertorten in Deutschland und der Schweiz eben mal in das Dorf Breitbrunn gekommen, um hier mit nicht weniger gefragten Kollegen für Freunde zu musizieren.
"Alle vier Profimusiker haben einen vollen Terminkalender", erklärte van der Heyd. Daher habe sich für das Breitbrunner Konzert dieser Montagabend ergeben. Ob es an einem anderen Tag besser besucht worden wäre, bleibt offen. Für die Musiker, die auf Nachfrage bestätigten, wohl noch nie vor einem zahlenmäßig so kleinen Publikum gespielt zu haben, machte es keinen Unterschied in der Begeisterung, mit der sie musizierten. "Die hier sind, werden interessiert sein", meinte Wolfram Hauser, "sie haben ein schönes Konzert verdient". Ein "schönes Konzert", das war es wahrhaftig. Wobei zwei Worte nicht ausreichen, um die mit Tönen und Takten ausgelösten Gefühle zu beschreiben. Von sieben großartigen Sätzen Beethoven-Sonate über Fauré mit dessen von der Harfe begleiteten, typisch französischem Flötenstück, einer Bach'schen Solosonate oder der Musik des Impressionisten Debussy, hatten die vier Musiker Kompositionen im Gepäck, die keine Schwierigkeit ausließen. Vier große Künstler spielten vor kleinem Publikum für die Jüngsten der Gemeinde und bewiesen, dass sie zu recht als virtuose Hochkaräter bezeichnet werden. Wenn Daniela Koch mit ihrer Flöte die Nachtigall im Kircheninneren tirilieren ließ, wagte das Publikum vor Ergriffenheit kaum zu atmen, und die Vögel draußen im "Heiligen Land" zwitscherten mit der begnadeten Musikerin um die Wette.
Im abendlichen Sonnenlicht leuchteten Töne in goldenen Klangfarben und mit Flöte, Harfe, Geige und Bratsche verzauberten die Musiker ihr entzücktes Publikum. Dass jeder der vier Profis sich zudem als Solist präsentierte, setzte dem königlichen Hörvergnügen die Krone auf. Eltern und Kindergartenverband von Breitbrunn sollen "eine zweite Chance" erhalten, denn für 2015 stellte van der Heyd ein nächstes Konzert "auf eben diesem musikalischen Niveau mit anderen Freunden" in Aussicht.