Streik: Auszug aus Werk, Produktion lahm gelegt
Autor: Ralf Kestel
Ebern, Freitag, 20. Februar 2015
Die Beschäftigten der Frühschicht bei FTE in Ebern legten am Freitag die Arbeit nieder und die Produktion lahm. Dabei ging es nicht nur um die Forderungen der IG Metall in der aktuellen Tarifauseinandersetzung , sondern auch um die Situation im Stammhaus.
Die letzten Überbleibsel des Faschingszuges sind noch nicht aufgekehrt, schon zog am Freitagvormittag wieder ein Tross durch die Stadt und machte Krawall: Die FTE-Beschäftigten marschierten vom Werk zum Marktplatz und verliehen ihren Forderungen nach mehr Lohn und besseren Altersteilzeit- und Qualifizierungsmaßnahmen phonstark Ausdruck. Angeführt von einem Lautsprecher-Wagen ertönte der Queen-Titel "We will rock you". Womit die Arbeitgeber der Metallbranche gemeint waren.
Zunächst legten sie die Produktion, dann den Innenstadtverkehr rund um den Bauernmarkt lahm. Was nicht überall auf Sympathien stieß. "Wofür demonstrieren die denn, die verdienen doch gut?", staunte ein (arbeitsloser) Passant.
Eine Meinung, die Bürgermeister Jürgen Hennemann (SPD) als Ex-Betriebsratsvorsitzender und der IG Metall-Bevollmächtigte Matthias Gebhardt nicht teilen, wie bei der Kundgebung vor dem Rathaus deutlich wurde. Die angebotenen 2,2 Prozent mehr Gehalt bezeichnete Gebhardt als "mickrig" bei einer Forderung von 5,5 Prozent.
Berechtigte Forderungen
Und auch das Stadtoberhaupt fand die Forderungen gerechtfertigt: "Wir als Stadt brauchen leistungsfähige Unternehmen, um unsere Infrastrukturaufgaben anpacken zu können. Dazu gehören aber auch qualifizierte Mitarbeiter, die gerecht bezahlt werden und ihren Anteil vom Gewinn bekommen." Die Stadt profitiere auch von steigenden Löhnen über ihren Anteil an der Einkommenssteuer.
Mit Daniel Nüßlein als Vertreter der Auszubildenden machte sich ein junger Mitarbeiter für die älteren Kollegen stark, die "lange für das Unternehmen gebuckelt haben", weswegen ihnen ein Anspruch auf Altersteilzeit zustehe. "Sie gehen nach 40 Jahren raus und nehmen ihr Wissen und ihre Erfahrung mit", so Nüßlein, "um danach zu hören, dass ihr Arbeitsplatz aufgelöst wird." Im Gegenzug würden Auszubildende an die lange Leine gelegt und nur noch befristet übernommen.
Die Forderung nach Bildungs-Teilzeit unterstrich Nüßlein mit seiner Erkenntnis, wonach die "Maschinen immer komplizierter werden und mehr Wissen erfordern".
Fortbildung unterstützen
Was Gewerkschafter Matthias Gebhardt nur unterstrich: "Wer normal arbeitet, kann am Samstag nicht so locker noch ein paar Stunden auf Bildung machen."
Konkret auf die Situation im FTE-Stammwerk ging Betriebsratsvorsitzende Sonja Meister ein. "Das Werk wird umstrukturiert, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Es wird rationalisiert und modernisiert. Damit fallen Arbeitsplätze weg."
Hoher Altersdurchschnitt
Und dies bei einer Belegschaft mit einem hohen Altersdurchschnitt. "Bisher hat jeder einen Altersteilzeit-Vertrag bekommen, der einen wollte." Das sei mit bei den neuen Vorstellungen der Arbeitgeber nicht mehr möglich, wenn die Quote für Altersteilzeitverträge von vier auf zwei Prozent der Belegschaft und der Aufstockungsbetrag gekürzt würden. "Wir bräuchten eher ein höhere Quote."
Neue Produkte notwendig
Und noch eines wünscht sich die Belegschaftsprecherin: "Ein klares Bekenntnis zum Erhalt des Standortes." Dazu bedürfe es einer nachhaltigen Ausrichtung. "Wir brauchen ein modernes Werk. Dahinter stehen wir, aber ohne Kündigungen und einem Umbau mit Bedacht, bei dem auch die Interessen der Beschäftigten berücksichtigt werden."
Wie der aussieht, lieferte sie gleich nach: Vertrauen auf die Leute, die man selbst ausgebildet hat, neue Produkte oder das Zurückholen von Aufträgen, die extern vergeben wurden. "Das Werk Ebern war stets gut aufgestellt, bis die Großserien verlagert wurden."
Die derzeit in Gerüchten gehandelten anstehenden Massenentlassungen bestätigten aber weder Meister noch ihr Vorgänger Hennemann. "Es werden nur ausscheidende Arbeitskräfte nicht durch neue ersetzt."
Seitens der Geschäftsleitung gab es zu der Kundgebung wie auch des Auftritts des Bürgermeisters keine Stellungnahme. Zu Gerüchten, wonach eine Änderung der Betriebsform geplant sei, hieß es: "So etwas streben wir derzeit nicht an", teilte Unternehmenssprecherin Antje Haase mit.