Ständchen für die alte Dame SPD
Autor: Johanna Eckert
Ebern, Sonntag, 16. Juni 2013
150 Jahre SPD in Deutschland war Grund für den Ortsverein Ebern, eine Geburtstagsfeier am Samstagabend in der Rathaushalle auszurichten. Mit dem Liedermacher Sepp Raith feierte man die Jubilarin ausgiebig.
Rote Servietten, rote Rosen, rote Blusen, rote Krawatten -mitten in Ebern? Ja. Und das nicht nur am Samstagabend zur Geburtstagsfeier der Partei. Sondern 365 Tage im Jahr mit sechs von 20 Sitzen im Stadtrat der kleinbürgerlichen Stadt. Aufgeben steht nicht auf der Tagesordnung. Denn die Devise der Eberner SPD lautet: Nur wer mitmacht, kann mit verändern. Und ein besseres Land kommt nicht von allein.
150 Jahre SPD in Deutschland, 68 Jahre SPD in Ebern und 20 Jahre "Der rote Eber - Bürgerzeitung der Eberner SPD" - darauf ließen die gekommenen Gäste und Parteifreunde die Gläser klingen. An der Spitze des Eberner Ortsverbandes steht seit dem Jahr 1991 Stadträtin Brunhilde Giegold. "Willi Brandt war es, der mich zu dieser Partei gebracht hat", sagt die Dame mit der roten Bluse.
Kampf für Gerechtigkeit
Seit 150 Jahren kämpft die SPD erfolgreich für Freiheit, Demokratie und Gerechtigkeit. Für eine solidarische und fortschrittliche Gesellschaft, die den Einzelnen schützt und ihn zur Selbstbestimmung befähigt. Forderungen, die bis heute nicht an Aktualität eingebüßt haben.
Im Gegenteil: Die Frage der sozialen Gerechtigkeit ist heute so aktuell wie 1863, als die prekäre soziale Lage der Arbeiterschaft Ferdinand Lassalle zur Gründung des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins veranlasste. Ohne die Sozialdemokratie würde es keinen Acht-Stunden-Tag, keine Arbeitnehmerrechte, keine Arbeitsschutzgesetzgebung geben. Mit anderen Worten: Ohne sie gäbe es keinen Sozialstaat in Deutschland. Davon sind die Genossen überzeugt.
Versammlung im Mühlenviertel
Im November 1945 wurde die SPD in Ebern gegründet. In der Wohnstube der Familie Klee im Mühlenviertel versammelte sich zu dieser Zeit eine Hand voll mutiger Bürger. Die damals noch ansässige amerikanische Militärregierung beäugte die ein- und ausgehenden Mitglieder.
Einige Monate später gab es Kommunalwahlen. Man hatte Erfolg. Engelbert Klee zog als Mitglied der SPD in den Stadtrat ein. Rudolf Metter schaffte es im Jahr 1957 in den Deutschen Bundestag. "Der Eberner Ortsverein steht für Beständigkeit und Verlässlichkeit", erklärt Brunhilde Giegold und verweist dabei auf die geringe Anzahl von nur acht Vorsitzenden seit Gründung des Ortsvereins.
Kulturelle Bewegung
Für die Eberner Sozialdemokraten steht fest: Die SPD war immer mehr als nur eine Partei oder gar nur ein Wahlverein. Sie war und ist Teil einer kulturellen Bewegung. Mit dem Gründungsdatum von 1863 verbindet sich auch die Geschichte der Gewerkschaften in Deutschland sowie zahlreicher Verbände und Organisationen der Arbeiterbewegung. "Wir machen Politik für die Bürger und haben die Bedürfnisse und Probleme des kleinen Mannes im Blick", formuliert es Stadträtin Giegold
Der Wille, gesellschaftliche Verhältnisse nicht hinzunehmen, sondern zu verändern, steht im Mittelpunkt der 150-jährigen Geschichte der SPD. Millionen von Menschen sind für die Ziele und Überzeugungen der SPD eingetreten - vielfach trotz damit verbundener persönlicher und beruflicher Nachteile. Manche sind dafür ausgegrenzt und bestraft worden, ins Gefängnis gesperrt, ins KZ verschleppt und ermordet worden.
Der Ortsverein der SPD in Ebern kann heute nicht mehr mit den Mitgliedern feiern, die von Anfang an dabei waren. "Aber jeder hat sich aufgeopfert, oft auf die Familie verzichtet und höchstes persönliches Engagement gezeigt - heute wie damals", dankt Brunhilde Giegold ihren Parteigenossinnen und Parteigenossen. So auch Horst "Beppo" Hauguth. Ihn lud man zu einem Zeitzeugengespräch ein. Die Gesundheit machte dem 80-jährigen ehemaligen Stadtrat aber einen Strich durch die Rechnung.
Bildung für alle
Gleicher Lohn für gleiche Arbeit, armutsfeste Renten, Frauenquoten, gerechtes Ehegattensplitting, die Rechte der Frauen, Aufstieg durch Bildung - Themen, für die sich die SPD einsetzt.
Oder doch Utopien? Vielleicht. Aber ein Blick in die Vergangenheit der Partei hat gezeigt, dass es sich lohnt, an den angeblichen Utopien festzuhalten und dafür zu kämpfen. Diese Denkart hat der Liedermacher Sepp Raith humorvoll, aber doch mit ernstem Beigeschmack, in Melodie gesetzt: "...die Menschheit braucht halt seine Zeit, wir brauchen Mut und Fantasie, der Mensch braucht Utopien...". Sepp Raith wurde bereits zum zweiten Mal zu einer Feier des SPD-Ortvereins geladen. Vor zehn Jahren bereicherte er das Saufest in Albersdorf. Denn auch Sommerfeste, Wanderungen, Radtouren und Faschingsbeiträge stehen im Pateiprogramm. Die Partei ist aktiv - denn sie glaubt: Die Welt kann verändert werden und die Zukunft ist kein Schicksal.