Spraykunst, die die Eberner "elektrisiert"
Autor: Ralf Kestel
Ebern, Mittwoch, 19. Oktober 2016
Im Auftrag des Bayernwerks haben Sprayer aus Leipzig die Fassade einer Trafostation in Ebern mit lokalen Motive verziert.
Mit Fassadendengestaltungen haben die Verantwortlichen in Stadtverwaltung und Landratsamt rund um den Marktplatz derzeit so ihre Probleme. Besonders, wenn es um Werbeaufschriften im Bereich der Altstadt-Gestaltungssatzung geht, wie es zuletzt im Bauausschuss zur Sprache kam.
Nicht so bei einer neuen Fassade etwas außerhalb: Die Meinungen über die Stadtansichten auf der Trafostation zwischen Hallenbad- und FTE-Kreisel liegen nah beieinander: "Einfach gelungen !" , urteilten viele Passanten in den letzten Wochen.
Auch Bürgermeister Jürgen Hennemann (SPD) sowie die Bayernwerk-Vertreter Ingo Schoers und Christian Ziegler waren bei der "Abnahme" am Mittwochmorgen begeistert über die fast schon drei-dimensionale Darstellung des Kegelspiels. Mitsamt dem Türmer, der ein Wildschwein spazieren führt, wobei der Schotterweg auf dem Bild in natura fortgesetzt wird.
Die weiteren Ansichten zeigen den Blick auf Ebern, wenn man von Unterpreppach kommt, sowie das Konterfei von Friedrich Rückert mit seinem Gedicht über den Baunachgrund in Frankens und Deutschlands Mitte, wobei die Ode an den Dichter etwas in den Hintergrund gerückt wurde.
Dass die Trafostation, die über einen 20-kV-Anschluss noch immer Unternehmen und Häuser ringsum versorgt, zum Treffpunkt wird, dafür sollen eine Sitzbank sowie ein Wegweiser sorgen, die die Stadt noch aufstellen will.
Ode an den Dichter
Entstanden ist nach Einschätzung der Bayernwerk-Verantwortlichen ein Kleinod, das die Verbindung des Dichters zur Stadt mit ihrem Kegelspiel in Szene setzt. "Das ging phänomenal schnell", fand Bürgermeister Hennemann.
Ingo Schroers erkannte zwei Aspekte: "Das wertet so ein Trafohaus enorm auf und rückt die Energieversorgung ins Bewusstsein der Bevölkerung."Unzählige Trafostationen sorgen laut einer Bayernwerk-Information für den reibungslosen Netzbetrieb und den Transport des Stroms im Freistaat. Aber nicht nur als technisches, sondern immer mehr auch als künstlerisches Meisterwerk präsentieren sich Transformatoren des Bayernwerks dem Betrachter. Oft erschließt sich erst auf den zweiten Blick, dass sich hinter den Kunstwerken ein Trafogebäude verbirgt.
In Ebern hätten die professionellen Sprayer im Auftrag des Bayernwerks nun eine Trafostation umgestaltet. Sie gaben dem Transformatorenhäuschen in der Andreas-Humann-Straße mit verschiedenen Lacken aus der Spraydose ein lebhaftes Gehäuse. Themen gebend war unter anderem das Rückert-Jahr. Vor 150 Jahren verstarb der Dichter und Sprachgelehrte, der Zeit seines Lebens immer wieder in Ebern wohnte.
Bürgermeister Hennemann erinnerte daran, dass mehrere Motive zur Auswahl standen: So eine Reminiszenz an die einst unmittelbar vorbeiführende Bahnstrecke (mit winkenden Zuginsassen) und dem Bahnhof samt "Giftbudn" oder den Blick in eine der Fabrikhallen.
In Abstimmung mit den Spray-Künstlern habe man sich letztlich auf die verwirklichten Motive geeinigt. Ingo Schroers, beim Bayernwerk für Kommunen und Kooperationen in Unter- und Oberfranken verantwortlich, und Christian Ziegler, Kommunalbetreuer des Netzbetreibers, versicherten: "Uns ist es ein großes Anliegen, dass das Motiv individuell zur Umgebung und zur Kommune passt", so Schroers. Die Ausarbeitung des künstlerischen Konzepts und die Motivauswahl sei deshalb in enger Abstimmung mit der Stadt erfolgt.
Und er stellte auch heraus, dass "nicht jede Gemeinde so ein Kunstwerk hat". Und in der Tat gibt es auch aus Reckendorf schon Bestrebungen, die Leipziger Sprayer nochmals in den Baunachgrund zu locken
Doch nicht nur der sprachgewandte Dichter fand mit einem großen Porträt und seinem Gedicht "Der Mittelpunkt" einen Platz auf dem Trafogehäuse. Die Spray-Virtuosen verewigten außerdem das Stadtpanorama mit den noch stehenden Türmen des berühmten Kegelspiels in einer sommerlichen Landschaft.
Acht Türme der mittelalterlichen Stadtbefestigung und der Kirchturm der Stadtpfarrkirche ergaben dereinst sinnbildlich die neun Kegel eines Kegelspiels.
"Bei den vielen Türmen darf natürlich auch der Türmer in dem Motiv nicht fehlen", ergänzte Christian Ziegler.
Und in der Tat haben die Künstler von Art-EFX auch den berühmten Stadtwächter von Ebern in ihrem Kunstwerk nicht vergessen: Auf der Trafostation ist täuschend echt eine Familie dargestellt, die auf dem Weg in die Stadt an dem Mann mit Hellebarde, Lampe und Eber vorbei kommt. Im Hintergrund das weitläufige Stadtpanorama.