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SPD-Basis in Rentweinsdorf ist für Regierungsbeteiligung


Autor: Ralf Kestel

Rentweinsdorf, Donnerstag, 05. Dezember 2013

Im Rentweinsdorfer SPD-Ortsverein wurde über den Koalitionsvertrag diskutiert. Die Basis trifft sich im Hinterzimmer und fröstelt. Doch das Thema erhitzt die Gemüter: Elf von 31 Mitgliedern des SPD-Ortsvereins diskutieren über den Koalitionsvertrag, der ihre Partei-Oberen mit den Vertretern von CDU und CSU ausgehandelt haben - und über den sie abstimmen dürfen beziehungsweise sollen.
Wo soll das Kreuzchen hin? In Rentweinsdorf tendieren die SPD-Mitglieder zur Zustimmung zum Koalitionsvertrag.


Vor ihnen liegt eine Stimmkarte, die nur zwei Optionen aufweist: Ja oder Nein. Dazu eine Sonderausgabe der SPD-Postille "Vorwärts", die sämtliche Details der in Berlin ausgehandelten Vereinbarung enthält. "Schwammige Formulierungen", wie Stefan Batz, der jüngste in der Runde, findet. "Trockene Materie, das ganze Pamphlet habe ich nicht durchgelesen", bekennt Ortsvorsitzende Ulrike Trunk. Rainer Haseloff: "Wer das alles durchliest, verfügt über einen eisernen Willen."

Die Einigung der beiden großen Volksparteien hat die Sozialdemokratie erschüttert. "Als sich ein Abschluss abzeichnete, hat es etliche Stimmen mit Austrittsgedanken gegeben", drang es an das Ohr der Ortsvorsitzenden. Deswegen suchte sie auch die offene Aussprache.

Das Ergebnis vorneweg: Der Koalitionsvertrag ist kein Godesberger Programm, stößt in Rentweinsdorf aber auf eine Mehrheit.

Der Tenor: "Wenn wir die Zustimmung verweigern, gibt es Neuwahlen und danach können wir möglicherweise keine unsere Vorstellungen mehr umsetzen."

Denn: "Besser in einer schlechten Regierung, als in der Opposition, die sowieso nichts erreicht", formulierte es Manuela Lohm pragmatisch, die die Regierungsbeteiligung unter den ausverhandelten Bedingungen eigentlich ablehnen wollte. "Ich bin auch nicht mit allem zufrieden."
Vorweihnachtlich gestimmt, verglich sie die Vereinbarung mit einem "Wunschzettel, bei dem noch alles in der Luft hängt, ob's verwirklicht wird".

SPD-Handschrift gesucht

Das sieht auch Stefan Batz so: "Da kann noch viel in die eine oder andere Richtung gehen. Die SPD-Handschrift habe ich so richtig nicht rausgelesen. Am Ende heimst die Merkel wieder die Lorbeeren ein."
Er mochte sich noch nicht zu einer Entscheidung durchringen. "Ich weiß noch nicht, wo ich mein Kreuzchen mache. Das wird eine Bauchentscheidung."

Akribisch hat sich Rainer Haseloff in das Paragrafenwerk gestürzt und genau analysiert, wo Stärken und Schwächen liegen. Und auch schon Auswirkungen auf s eigene Umfeld ausgemacht: "Wenn die Lkw-Maut auf Bundesstraßen kommt, wird alles auf kleinere Laster umgeschichtet und die fahren bei uns durch."

Doch der Skeptiker in ihm wird vom Realisten übertrumpft: "Ich wollte mit Nein stimmen, aber dann gibt es Neuwahlen, dann kommt die FDP wieder rein und die paar Sachen, die die SPD nun durchgesetzt hat, sind auch wieder weg." Haseloff: "Besser den Spatz in der Hand, als die Taube auf dem Dach."

Gegen die Abstimmung durch die Parteibasis wandte sich Rudi Kelz: "Wir hatten freie Wahlen, warum sollen wir nun noch einmal abstimmen? Das Vertrauen in unsere Parteiführung war doch schon vorher vorhanden. Und als guter Sozi muss man auch Niederlagen einstecken."

Ein "ich hätte mit Nein gestimmt, aber ..." kam auch von Gemeinderat Mathias Bär: "Wenn die große Koalition nicht kommt, wird's auch nicht besser, denn bei Neuwahlen sehe ich schwarz." Stefan Batz bemühte historische Vergleiche: "Eine zweite Wahl sind wir in Deutschland nicht gewöhnt."

Hans-Dieter Lohm wusste schon von "heimlichen Verhandlungen der Kanzlerin mit den Grünen", während Uli Trunk eine linke Alternative mit rot-rot-grün ablehnte: "Das würden die Wähler nicht anerkennen, dazu waren die Schwarzen zu stark."

Während Rudi Kelz die Befragung der Parteibasis als "größten Blödsinn" bezeichnete und Hans-Dieter Lohm zunächst an einen "Scherz" geglaubt hatte, machte Rainer Haseloff doch einen taktischen Schachzug aus: "Unsere Vorsitzenden haben mit dem Hinweis auf die Basisabstimmung mehr durchsetzen können."

Und noch einen positiven Ansatz machten die Parteimitglieder aus: "So wie das als Briefwahl durchgezogen wird, ist das wirklich professionell und bislang einzigartig in der Geschichte der Partei und Republik."