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"So etwas brauchst du nicht öfters"


Autor: Helmut Will

Hohnhausen, Dienstag, 24. Januar 2017

Heute vor sechs Wochen zerstörte ein Brand das Blockheizkraftwerk der Familie Gleichmann. Wie geht es jetzt weiter?
Vor sechs Wochen stand das Blockheizkraftwerk in Hohnhausen in Flammen. Foto: Ralf Kestel


Kurz vor Weihnachten, am 14. Dezember 2016, wurde Ralf Gleichmann, der mit seiner Ehefrau Alexandra in Hohnhausen eine Biogasanlage betreibt, unsanft aus dem Schlaf gerissen. Sein Handy läutete, gab um 6.45 Uhr Alarm für die Biogasanlage, die sich knapp 300 Meter nördlich seines Anwesens befindet. Dort hatte sich, wie sich später herausstellte, ein Brand in einem Schaltkasten entwickelt. "So etwas brauchst du nicht öfters", sagt Alexandra Gleichmann, die mit ihrem Ehemann Ralf und ihren drei Kindern am Küchentisch sitzt.

Ralf Gleichmann, ein gelernter Schreiner, hat sich der Liebe wegen entschieden, Landwirt zu lernen, im elterlichen Betrieb seiner Frau einzusteigen. Gebaut haben sie die Biogasanlage auf der Höhe zwischen Hohnhausen und Bischwind 2008. "Nach nur dreimonatiger Bauzeit konnten wir mit 150 Kilowattstunden (kw/h) Leistung beginnen", sagt Ralf. Die Anlage entwickelte sich schnell weiter. 2009 wurde das Wärmenetz gebaut, 2010 ein weiterer Motor installiert und die Leistung auf 390 kw/h hochgefahren. Den höchsten Leistungsstand erreichte man mit der Anlage 2014. "Da konnten wir 580 kw/h produzieren", sagt Alexandra, ihr Mann ergänzt, dass eine noch höhere Leistung angestrebt werde. Die Investition war gewaltig: "So um die drei Millionen Euro mussten wir in die Hand nehmen", sagt der Landwirt.


Gespeist mit Mais und Gülle

"Gespeist wird die Biogasanlage mit Mais von einer Fläche von 170 bis 200 Hektar pro Jahr", sagt der Vater von drei Kindern. Dieser kommt aus eigenem Anbau und durch Zukauf etwa im Radius von zehn Kilometern um Hohnhausen. Weiter kommt Grassilage von 50 Hektar hinzu und Getreide wird zugekauft, so es günstig ist. "Das sind 100 bis 200 Tonnen im Jahr."

Aber auch organischer Dünger, Kuhmist mit einem Volumen von 2000 Tonnen und Gülle von 5000 Tonnen pro Jahr werden zum Betrieb der gewaltigen Anlage benötigt. "Laut Auflage der Regierung müssen wir mindestens 30 Prozent Gülle und Mist vom Gesamtmaterial täglich verarbeiten", erläutert Ralf Gleichmann.

Einen "Strich durch die Rechnung" machte ihnen der Brand. "Seitdem ist meine Unbekümmertheit hinsichtlich unserer Anlage vorbei", sagt Alexandra Gleichmann. Nachdem sein Handy Alarm geschlagen hatte, eilte Ralf zur Biogasanlage und sah dort Rauch aus dem Schaltraum quellen: "Zweimal schlug mein Handy Alarm, einmal vom Steuerschrank und einmal vom Blockheizkraftwerk (BHKW)." Es werde automatisch Alarm ausgelöst, wenn die zulässigen Temperaturen der Motoren überschritten werden, die schalten dann automatisch ab. Ein Computer überwacht die ganze Anlage technisch komplett.

Auch offenes Feuer konnte der Landwirt im BHKW erkennen. Er handelte, schloss die Türen, um die Sauerstoffzufuhr zu unterbinden, schloss alle Gasschieber und rief die Polizei in Ebern, die die Alarmierung von Feuerwehren und Rettungsdienst über die Leitstelle in Schweinfurt veranlasste. "Panik kam bei mir schon etwas auf, als ich am Feuerwehrhaus in Hohnhausen den Alarmknopf suchte, der aber nicht mehr wie früher vorhanden war."


Ursache lag im Schaltkasten

Seine Ehefrau unterbricht ihn: "Mensch, es hat eine gefühlte Ewigkeit gedauert, bis die Feuerwehr vor Ort war, zuerst war übrigens ein Krankenwagen des BRK da." Als die Feuerwehr da war, habe die lange nichts unternommen. Ralf Gleichmann kann nicht verstehen, warum die Wehr nicht in die Anlage ging, obwohl ein Mann mit Atemschutz da war. Ein Gutachter habe ihm, meint er, später gesagt, dass man die Scheiben einschlagen hätte können, um Löschschaum in den Raum zu bringen.

Wie Kreisbrandrat Ralf Dressel auf Anfrage zu dem Sachverhalt mitteilte, hätten die Helfer zum einen erst das "Not-Aus" ausfindig machen müssen; der Abschaltmechanismus für Gas und Strom war verborgen hinter einer Tür. Weil Personen nicht gefährdet waren, sei somit der Schutz der Einsatzkräfte erst einmal vorrangig gewesen. Der andere Punkt laut Dressel: Es wurde eine Schaumlöschung aufgebaut, die brauche etwas Vorlaufzeit, sei dafür aber wesentlich effektiver.

Im Rückblick auf den Tag kommt Ralf Gleichmann auch auf einen weiteren Punkt: "Wir mussten alles melden, wo die Anlage steht, wie sie betrieben wird und funktioniert, und trotzdem hat die Leitstelle in Schweinfurt nicht gewusst, wo die Anlage steht. Wie ich später erfahren habe, mussten sie erst googeln." Dazu erklärte Klaus Wörner, stelltvertretender Leiter derIntegrierten Leitstelle Schweinfurt (ILS): "Wir können Objekte im System anlegen, aber nur, wenn diese uns gemeldet werden." Dann ist das ein Riesenvorteil. Im Falle Hohnhausen war die Biogasanlage aber nicht is Kartensystem aufgenommen - was sie inzwischen ist. Ansonsten verzeichnete die ILS einen normalen Einsatz. Der Mitarbeiter müsse Schlüsselfragen stellen, so Wörner. Gerne gibt er zu, dass die ILS nicht alles wissen kann: bei einem Gebiet von vier Landkreisen und der Stadt Schweinfurt, 532 Gemeinden mit Ortsteilen und ebenso vielen Feuerwehren.


Kabelbrand im Schaltkasten war die Ursache

Gegen 10 Uhr konnte man, wie es die Gleichmanns schildern, die Anlage wieder betreten. Zeitgefühl hatte Ralf da nicht mehr, sein "Frühstück" fiel auf den späten Abend. Seine weitere Bilanz: Schnell war die Polizei vor Ort. Schnell arbeiteten auch die Brandermittler der Kripo Schweinfurt, nachdem sie einen Kabelbrand im Schaltkasten ausfindig gemacht hatten. Am gleichen Tag war auch der Sachverständige der Brandversicherung da. "Der kannte sich gut aus, war kompetent, hat uns alles gut erklärt, und auch heute können wir ihn jederzeit noch um Rat fragen", so Alexandra.

Bis 23. Dezember war die Anlage ausgefallen, seither liefert sie wieder 405 kw/h. Am Gärbehälter ging bis 13. Januar nichts. Einiges bleibt noch zu tun. Auf 700 000 Euro ist der Schaden geschätzt. Die Brandversicherung habe alles gut und schnell reguliert und sogar einen Vorschuss gewährt, erläutert das Ehepaar. Zwei Ausfalltage muss ess jedoch selber tragen.


Abnehmer zeigen sich solidarisch

Ihre Anlage versorgt 17 Abnehmer. Die hatten drei Tage kein warmes Wasser. Zum Glück kein Problem, weil sie noch ihre alten Heizungen haben. "Beschwerden kamen keine, im Gegenteil, viele Abnehmer bekundeten uns ihre Solidarität und einer hat uns zu Weihnachten sogar ein Geschenk gebracht, sich bedankt, dass alles so schnell ging und uns ermutigt", freuen sich Ralf und Alexandra.

Wenn die Anlage bei Frost ausfiele, wäre es schlimmer: Fällt die 50-Grad-Arbeitstemperatur unter 38 Grad, wirkt sich das auf die Bakterien aus. "Dann sterben sie ab, und es würde drei bis vier Monate dauern, bis wir die Anlage wieder hochfahren könnten", sagt Ralf Gleichmann. Die Biologie erhält deswegen eine Notsteuerung. Dankbar sind Ralf und Alexandra Gleichmann im Nachhinein auch, dass sie schnell ein Ersatz-BHKW bekamen und den Betrieb weiter führen können. "Solche Probleme braucht man nicht alle Tage", sagen sie unisono über den Vorfall.