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Signal für einen Nationalpark im Steigerwald


Autor: Klaus Schmitt

Untersteinbach, Dienstag, 01. Juli 2014

In Untersteinbach haben weit über hundert Bürger den "Verein Nationalpark Nordsteigerwald" gegründet. Während die Versammlung harmonisch ablief, machten die Begleitumstände deutlich, dass das Thema die Emotionen weiter schürt.
Sie leiten den neuen Verein, von links: Helmut Weilbach, Benedikt Schmitt und Manfred Reinhart. Dahinter steht Winfried Zeck, der die Versammlung moderierte. Foto: Klaus Schmitt


Es ist eine Auseinandersetzung der Worte. An Straßenrändern stehen Schilder mit Aufschriften wie "Nationalpark Steigerwald, nein danke" oder "Wir wollen keinen Urwald". Im Saal des Gasthauses Michel hingen Plakate wie "Naturschutz schafft und erhält Arbeitsplätze" oder "Heimat für die Zukunft sichern".

Gegner und Befürworter eines Nationalparks Steigerwald stehen sich gegenüber. Vor allem in der Gemeinde Rauhenebrach, die am engsten an einer Schutzzone liegen würde und damit am meisten betroffen wäre.

Die Größenverhältnisse

Die Überlegungen gehen davon aus, dass über 11.000 Hektar des 128.000 Hektar großen Steigerwaldes als Nationalpark ausgewiesen werden sollen. Schutzgebiet wäre der Staatswald.

Dagegen regt sich heftiger Widerstand.

An der vordersten Front steht der Verein "Unser Steigerwald" mit über 3000 Mitgliedern, darunter Gemeinden und Organisationen.

Jetzt hat sich ein Gegenpart formiert. Am Montagabend haben im Gasthaus Michel in Untersteinbach weit über hundert Bürger den "Verein Nationalpark Nordsteigerwald" gegründet, der einen Nationalpark fordert - von Bürgern aus dem Steigerwald und mitten in der Keimzelle des Widerstandes.

Die Nationalpark-Befürworter wollten sich ihre Vereinsgründung auch nicht stören lassen. Sie ließen nur Befürworter in den Saal, die sich in Anwesenheitslisten eintrugen und damit dokumentierten, dass sie Gründungsmitglieder werden wollen. Gegner wurden des Saales verwiesen. Die Macher des Vereins pochten auf ihr Hausrecht, und der spätere Vorsitzende Manfred Reinhart kündigte an, dass es auch mit Hilfe der Polizei durchgesetzt wird.

Polizeistreife vor Ort

Tatsächlich erschien später eine Polizeistreife im Saal. Sie musste aber nicht einschreiten, wie auch der Chef der Polizeiinspektion Haßfurt, Kurt Förg, auf Anfrage bestätigte.

Eine Gruppe von Nationalpark-Gegnern wollte in den Saal. Nur um zuzuhören, wie Sprecher Johannes Schnös vom neuen Verein unserer Zeitung am Dienstag schilderte. Einigen von ihnen gelang das offensichtlich auch. Es kam aber zu keinen Störungen. Vor der Gaststätte sind laut Schnös Nationalpark-Gegner aufgetaucht. Es blieb ruhig. "Ein bisschen Widerstand gab es", fasste Schnös zusammen.

In der vergangenen Woche sind einige Verantwortliche des neuen Vereins, die sich als solche geoutet hatten, nach seiner Darstellung teilweise angefeindet worden. Es gab aber auch "unglaublich positive Resonanz" auf die über die Medien verbreitete Nachricht, dass sich mitten im Steigerwald ein Verein pro Nationalpark gründet, wie Schnös weiter schilderte.

Diese "positive Resonanz" ist in der Versammlung deutlich geworden. Die Vereinsgründung lief harmonisch, alle Beschlüsse (Satzung, Vorstandswahl, Beitrag) wurden einstimmig oder mit großer Mehrheit gefasst. Rund 120 Personen nahmen teil. Als Gründungsmitglieder dürften etwa 150 Personen infrage kommen. Der Unterschied erklärt sich damit, dass Teilnehmer sogar Vollmachten für einen Vereinsbeitritt von anderen Personen mitbrachten.

"Mutige Leute"

Benedikt Schmitt, einer der Initiatoren, freute sich über die Resonanz. Es sei "Wahnsinn, wie viele Leute" gekommen seinen - "so viele mutige Leute". Schmitt: "Wir sind ein Bürgerverein. Wir sind von hier". Einen Nationalpark bezeichnete er als eine "riesige Chance".

Die Ziele und den Zweck des Vereins, alles verankert in der Satzung, stellten die drei gleichberechtigten Vorsitzenden Manfred Reinhart, Benedikt Schmitt und Helmut Weilbach vor. Angestrebt werden: die Einrichtung eines Nationalparks im Steigerwald, der Status "Weltnaturerbe", die Sicherung des alten Buchenbestands sowie der Naturschutz, eine von Naturschutzverbänden unabhängige Arbeit und sachliche Information. Dazu gehört laut Schmitt, dass es in einem Nationalpark kein Betretungsverbot gäbe, Pilze weiterhin gesammelt werden dürften und Brennholz dort gewonnen werden könne. Wer anderes behaupte, sage die Unwahrheit, erklärte der Geusfelder. Ein Nationalpark hätte ökologische und ökonomische Vorteile, belebe den Tourismus und schaffe Arbeitsplätze, hieß es.

An der Vereinsgründung nahmen als prominente Nationalpark-Befürworter der Ebracher Erste Bürgermeister Max-Dieter Schneider (SPD) und der ehemalige Bamberger Landrat Günther Denzler (CSU) teil. Denzler bekam den meisten Beifall für seine folgenden Aussagen: "Ich bin begeistert von Euch allen, dass Ihr das macht." Er bezeichnete die Vereinsgründung als "Anfangspunkt der Realisierung des Nationalparks Steigerwald". Denzler wünschte dem neuen Verein viele Mitglieder und dass er "dem Verein ,Unser Steigerwald' intellektuell haushoch überlegen" sei.

Die Neuwahl

Die Neuwahl zum Vorstand des neuen Vereins brachte folgendes Ergebnis: Die Gründungsmitglieder des "Vereins Nationalpark Nordsteigerwald" beriefen drei gleichberechtigte Vorsitzende. Das sind: Manfred Reinhart (Untersteinbach), Helmut Weilbach (Mittelsteinach) sowie Benedikt Schmitt (Geusfeld).

Schriftführer wurde Waldemar Baumann (Untersteinbach) und Kassiererin Christina Schnös (Karbach). Die Vereinskasse prüfen Johann Neff und Petra Friesl.

Den Beirat bilden: Michael Bäuerlein, Winfried Reinhart, Karl Fischbach (alle Untersteinbach), Johann Neff (Schönbrunn im Steigerwald), Martin Mößlein (Handthal), Johannes Schnös (Karbach), Florian Tully (Gerolzhofen), Norbert Dietmeyer (Ebrach), Winfried Zeck (Burgwindheim).

Gemeinde bleibt auf Kurs

Für die politische Gemeinde Rauhenebrach ändert die Gründung des "Vereins Nationalpark Nordsteigerwald" nichts an ihrer Haltung. Die Kommune ist gegen einen Nationalpark Steigerwald und bleibt dabei. Das bestätigte der neue Bürgermeister Matthias Bäuerlein (FW) auf Anfrage unseres Portals. Die Vereinsgründung bedeute, dass das Thema wieder mehr in den Fokus rücke und dass die Nationalpark-Gegner im Verein "Unser Steigerwald" wieder mehr "sachliche Information" liefern müssten, erklärte der Bürgermeister.

Laut Bäuerlein ist es Teil der Demokratie, dass die Menschen ihre Meinung sagen und Vereine gründen können, wie es am Montagabend in Untersteinbach geschehen ist. Er geht aber davon aus, dass eine "ziemlich deutliche" Mehrheit im Steigerwald, vor allem in Rauhenebrach, weiter gegen einen Nationalpark ist.


Kommentar von Klaus Schmitt: "Eine neue Situation":

Der neue "Verein Nationalpark Nordsteigerwald" hat zwar erst rund 150 Mitglieder und damit viel weniger als "Unser Steigerwald", in dem sich die Nationalpark-Gegner formiert haben. Und die neue Vereinsführung muss auch noch lernen in Sachen Vereinsarbeit. Aber: Mit dem neuen Verein ist eine andere Situation im Steigerwald und vor allem in der möglichen Kernzone eines künftigen Schutzgebiets eingetreten: Die Nationalpark-Befürworter sind nicht mehr nur der "böse" Bund Naturschutz, der seine Ideologie von außen in den Steigerwald hineinträgt, sondern die Befürworter sitzen jetzt vor Ort. In der eigenen Familie, unter Nachbarn und Freunden.
Dass ein Riss durch den Steigerwald geht, ist nicht neu. Jetzt hat er eine Form bekommen. Zwei Vereine stehen sich gegenüber. Es ist zu befürchten, dass der Zustand lange bleiben wird, denn die Erfahrungen über Nationalpark-Kontroversen andernorts zeigen, dass Konflikte Jahre oder Jahrzehnte dauern können.