"Sie fragten, ob ich Gold hätte"
Autor: Redaktion
LKR Haßberge, Dienstag, 21. März 2017
Eine 71-jährige Frau aus dem Maintal fiel auf Trickbetrüger herein. Der Weiße Ring half der Rentnerin.
Ob am Telefon, an der Haustür ober beim Einkaufen: Ältere Menschen können in Alltagssituationen Opfer von Straftaten werden. Sowohl bei Trickbetrug als auch bei Diebstahl nutzen die Täter gut überlegte Strategien, um ihre Opfer zu betrügen oder zu bestehlen. Gerade ältere Menschen holen sich aus Scham oft keinen Rat oder nehmen Hilfe an. Darauf macht die Bundesgeschäftsführerin des Weißen Rings, Bianca Biwer, von Deutschlands größter Opferhilfsorganisation am "Tag der Kriminalitätsofer", der jedes Jahr am 22. März ausgerufen wird, aufmerksam.
"Die Frau am Telefon war recht nett und wirkte vertrauenswürdig", erzählt eine 71-jährige Rentnerin aus einer Ortschaft im Maintal im Landkreis Haßberge und fährt fort: "Die Frau hat geschickt Fragen gestellt und Dinge genannt, die im Zusammenhang für mich Sinn machten."
Die Seniorin hatte aufgrund einer Annonce in der Tageszeitung eine Mobilfunknummer angerufen, weil sie ihre Kleidungsstücke aus Pelz "loswerden wollte." Niemand mochte aus ihrer Familie die Pelze haben, weshalb sie sich entschlossen hatte, die Teile zu verkaufen.
Männer waren an Gold interessiert
Deshalb vereinbarte die 71-Jährige einen Termin in ihrer Wohnung. "Es erschienen dann auch zur verabredeten Zeit zwei Männer, die sich mit mir gut unterhielten. Meine Tochter war auch dabei", sagt die 71-Jährige. Eigentlich, so meinen die Seniorin und ihre 48-jährige Tochter im Nachhinein, hätten sie schon hellhörig werden müssen, als sich die Männer zunächst gar nicht für die Pelze, weswegen sich die Seniorin aufgrund der Annonce gemeldet hatte, interessierten. "Sie fragten, ob ich Gold hätte, weil sie auch Gold aufkaufen müssten, um von einer Firma entsprechende Provisionen zu erhalten", erzählt die Rentnerin. Die 71-Jährige zeigte den beiden Männern einige Kettchen und Ringe. "Es waren 14 Teile, alle aus 333er Gold, und ich wollte wissen, was die wert sind", sagt die verwitwete Frau. Daran hätten die Männer Interesse gezeigt und ihr gesagt, dass sie die Teile von einer Firma, für die sie arbeiten, prüfen lassen müssten, um den Wert der Kettchen und Ringe zu ermitteln.
Die Rentnerin und ihre Tochter vereinbarten gutgläubig mit den Männern, dass sie nach Prüfung der Ware an einem folgenden Wochentag wieder kommen, um den Wert der 14 Schmuckstücke mitzuteilen und um sich dann handelseinig zu werden. "Komischerweise interessierten sie sich dann gar nicht mehr für die Pelze, weswegen sie eigentlich gekommen waren", sagt die Tochter. Darauf angesprochen hätten die beiden Männer erklärt, dass man sich, wenn man nach Prüfung des Wertes der Schmuckstücke wieder komme, auch über den Ankauf der Pelze unterhalten werde. Hier senkt die Senioren ihren Kopf und sagt: "Ich war dumm und ich ärgere mich über meine Gutgläubigkeit." Auch ihrer Tochter ist anzumerken, dass sie sich maßlos ärgert, auch auf den Trick hereingefallen zu sein.
Kaum sachdienliche Hinweise für die Polizei
Nachdem die beiden Männer zum vereinbarten Zeitpunkt in der folgenden Woche nicht kamen, hat die Seniorin erneut die Mobilfunknummer, die in der Annonce stand, angerufen. "Trotz mehrerer Versuche habe ich niemanden erreicht", erläutert die 71-Jährige.Ihr und ihrer Tochter fiel es dann wie Schuppen von den Augen, dass sie auf Betrüger hereingefallen waren. Sie verständigten die Polizei in Haßfurt.
Außer einer Personenbeschreibung hatten sie für die Polizei keine sachdienlichen Hinweise. "Ein Auto hatten wir wohl gesehen, mit denen die beiden Männer weggefahren sind, einen Typ oder gar ein Kennzeichen konnten wir der Polizei allerdings nicht mitteilen", sagt die Seniorin.
Ihr Schmuck war weg. "Auch wenn es keine Reichtümer waren und der Schaden vielleicht so um die 300 Euro beträgt, habe ich mich gewaltig geärgert und das wurmt mich heute noch", sagt die geprellte Frau.
Schamgefühl
Helmut Will, der im Landkreis Haßberge zusammen mit vier Frauen für den Weißen Ring arbeitet, erlangte durch die Polizei Kenntnis vom "Missgeschick" der Seniorin. "Als die Dame mir den Sachverhalt schilderte, merkte ich, dass ihr nicht recht wohl dabei war, sie schämte sich, dass sie auf Betrüger hereingefallen war. Ich habe ihr klar gemacht, dass sie mit solchen Problemen nicht alleine sei, sondern leider viele Senioren Opfer von Betrügern werden und sie keine Schuldgefühle haben müsse", erläutert Will.Er weiß, dass gewiefte Täter Tricks auf Lager haben, um ihre Opfer zu betrügen und um sich zu bereichern. Dazu erklärt der Außenstellenleiter des Weißen Ring im Landkreis Haßberge, dass der Weiße Ring neben menschlichem Beistand, der immer im Vordergrund stehe, auch tatbedingte finanzielle Unterstützung leisten könne. "Durch Erfahrung wird man schlauer, so etwas wird mir nicht mehr passieren", sagt die Seniorin, die nicht will, dass ihr Name im Zusammenhang mit der Gaunerei veröffentlicht wird.
Die Tipps des Weißen Rings
1. Wenn Fremde an der Haustür klingeln, diese nicht ins Haus lassen. Immer die Sicherungskette an der Haustür einhängen. Kommunikation nur über Sprechanlage, bei vorgelegter Sicherungskette oder über ein Fenster.
2. Niemals an der Haustür etwas kaufen oder unterschreiben. Unaufgefordert kommende Vertreter nicht in die Wohnung lassen.
3. Wenn ein Termin vereinbart wurde, immer eine weitere vertrauenswürdige Person zum Gespräch hinzuziehen, stets misstrauisch und achtsam sein, eventuell einen Ausweis zeigen lassen.
4. Bei unklaren Verhältnissen möglichst versuchen, ein Fahrzeug, mit dem die Personen unterwegs sind, feststellen, mit Typ, Farbe und am besten mit Kennzeichen.
5. Wenn jemand am Telefon um Geld bittet, immer misstrauisch sein. Einfach den Hörer auflegen und die Polizei einschalten (Notruf 110).
6. Bei Werbeanrufen nicht auf ein Gespräch einlassen, Telefon auflegen, niemals eine Kontonummer, Bankverbindung oder PIN-Nummer an Unbekannte preisgeben.
7. Ist jemand Opfer einer Straftat geworden, kann er sich an den Weißen Ring wenden, der bundesweit tätig ist. Im Landkreis Haßberge kann er erreicht werden unter Telefon 09531/943516 oder per Mail unter weisser-ring-as-hassberge@t-online.de. Informationen zum Weißen Ring siehe unter www.weisser-ring.de. Auch steht ein Opfertelefon des Weißen Rings zur Verfügung, welches unter der kostenfreien Rufnummer 116 006 zu erreichen ist.