Schwarzfahrt kostet 2100 Euro
Autor: Manfred Wagner
Haßfurt, Samstag, 20. April 2013
Das Amtsgericht in Haßfurt verdonnerte einen 24-Jährige zu einer saftigen Geldstrafe, weil er ohne Ticket die Bahn benutzt und obendrein den Schaffner beleidigt hatte. Der Bruder des Angeklagten brachte sich selbst in die Bredouille.
"Sie lügen uns hier die Hucke voll", empörte sich mit zorniger Stimme der Richter. Anlass für den Gefühlsausbruch von Roland Wiltschka war die Aussage eines 24-jährigen Bundeswehrangehörigen, der bei einem Prozess am Amtsgericht in Haßfurt im Zeugenstand seinen angeklagten Bruder entlasten wollte.
Dieser Versuch ging voll in die Hose: Der 29 Jahre alte Beschuldigte wurde wegen Leistungserschleichung, auf gut deutsch: wegen Schwarzfahrens, und wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe von 2100 Euro verurteilt, und gegen den falschen brüderlichen "Entlastungszeugen" wird nun wegen Falschaussage ermittelt.
Verbale Entgleisung im Zug
Strafrechtlich gesehen, ging es bei dem Strafverfahren nur um kleinkriminelle Lappalien. Die beiden Brüder befanden sich am 26. Oktober letzten Jahres, es war ein Freitag, auf der Geburtstagsfeier eines Freundes in Haßfurt.
Wenn man dem Zeugen glauben darf, stand der Zug schon auf dem Gleis, als die beiden jungen Männer den Bahnhof erreichten. Also blieb keine Zeit, vorher eine Fahrkarte zu kaufen. Schon an diesem Punkt wurde ein erster Widerspruch deutlich, denn: Der Angeklagte hatte behauptet, nur deshalb ohne Ticket eingestiegen zu sein, weil der Automat keine 50-Euro-Scheine annimmt.
Jedenfalls saßen beide (besser: sie stellten sich schlafend) im Erste-Klasse-Abteil, wie der ebenfalls als Zeuge geladene Zugbegleiter der Bundesbahn aussagte. Als der Schaffner nach dem Fahrschein fragte, zeigte der jüngere der beiden seinen Bundeswehr-Dienstausweis.
Mit diesem Dokument können Soldaten kostenfrei zwischen Wohn- und Dienstort die Bahn benutzen. Der Angeklagte dagegen fuhr eindeutig schwarz.
Auf die Frage des Bahnbeamten (der sogar bereit gewesen wäre, das fehlende Ticket auszustellen) gab der Beschuldigte damals an, kein Geld dabei zu haben. Um die Personalien festzustellen, ließ sich der Bahnschaffner die Personalausweise geben und ging zu seinem Dienstabteil.
Nach wenigen Minuten lief ihm der Angeschuldigte nach und beschimpfte den Kontrolleur lautstark als "Scheiß-Spagomat". Bei der Vernehmung durch die Polizei hatte der Bruder zugegeben, die Beleidigung gehört zu haben. Als er vor Gericht das Gegenteil behauptete, platzte dem Vorsitzenden Richter der Kragen.
Nicht zum Vorteil gereichte dem 29-jährigen Angeklagten, dass bereits zwölf Eintragungen wegen diverser Vergehen seine Seite im Bundeszentralregister "zieren". Allesamt zwar kleinere Delikte, aber einmal musste er seine Strafe sogar absitzen. "Sie verlieren öfter mal die Kontrolle über sich", resümierte Richter Roland Wiltschka.
Durch seine Bekundungen muss sich der 24-jährige Bruder demnächst möglicherweise wegen Falschaussage vor Gericht verantworten. Dadurch haben die beiden aus einer strafrechtlichen Mücke einen ausgewachsenen Elefanten gemacht.