Druckartikel: Schönbacher Jäger streitet mit Bayerischem Staatsforst

Schönbacher Jäger streitet mit Bayerischem Staatsforst


Autor: Benedikt Borst

Schönbach, Mittwoch, 11. Dezember 2013

Bei großen Jagden im Staatsauftrag übertreten Hunde immer wieder die Grenzen zu benachbarten Revieren. Sie jagen auf privatem Grund. Der Schönbacher Erich Lutz wehrte sich gegen den Staat und erkämpfte sich gerichtliche Sicherheiten. Wurden diese jetzt verletzt?
Erich Lutz steht an der Grenze seines Jagdreviers nördlich von Schönbach zum Staatsforst. Foto: Benedikt Borst


Erich Lutz ist seit 40 Jahren Jagdpächter in Schönbach (Gemeinde Ebelsbach). Die Hälfte dieser Zeit liegt der 72-Jährige im Streit mit dem Bayerischen Staatsforst. Sein Revier hat eine drei bis vier Kilometer lange, gemeinsame Grenze mit dem Staatswald, der heute von Bad Königshofen aus verwaltet wird.

"Die veranstalten vier Drückjagden pro Jahr, und bei der letzten hat es gravierende Probleme gegeben", klagt der 72-Jährige aufgebracht. Das war vergangenen Samstag. "Drei bis vier Hunde sind eine Stunde lang durch mein Revier gehetzt und haben alles durchgeblasen." Soll heißen: Die Hunde haben Wild aus seinem Revier in den Staatswald getrieben, wo es anschließend geschossen wurde. Außerdem sei einer der beteiligten Jäger auf der Suche nach einem Hund zwei Mal durch sein Areal gefahren. Lutz kann den Schaden, der ihm dadurch entstanden sei, gar nicht in Zahlen ausdrücken.

"Er ist aber immens." Lutz hat beobachtet, wie eine Geiß und zwei Kitze aus seinem Waldabschnitt getrieben worden seien. Zudem hätten er und mehrere Kollegen Spuren gefunden, die auf ein gerissenes Kitz in seinem Revier hindeuten.

Hunde kennen keine Grenzen

Bei Drückjagden werden die Jagdhunde von der Leine gelassen und hetzen durchs Dickicht, um Wildtiere, vor allem Rehe und Wildschweine, aufzuscheuchen und den Jägern vor die Flinte zu treiben. Die Jäger warten, auf Kanzeln verteilt, auf das Wild. Dass bei Drückjagden Hunde in angrenzende Reviere überjagen, soll zwar nicht vorkommen, passiert laut Auskunft der Unteren Jagdbehörde am Landratsamt in Haßfurt aber immer wieder. Dafür hat Lutz in gewissem Maß Verständnis: "Wenn der Hund eine Witterung in der Nase hat, dann interessiert ihn doch die Jagdgrenze nicht." Der hetzt weiter, bis er das Wild gestellt hat.

"Dass ein Hund keine Grenzen kennt, ist bedingt richtig", sagt Jürgen Lutsch, Jagdpächter in Wohnau. Jeder Hundeführer wisse, welche Strecke sein Tier bei der Hatz zurücklegt. Um ein Überjagen zu verhindern, müssten die Hunde nur weit genug von der Grenze entfernt abgeleint werden. "Man kann das schon steuern", sagt er.
Erich Lutz ärgert sich gewaltig: "Ein gut ausgebildeter Hund jagt nicht drei bis vier Kilometer in einem fremden Gebiet", schimpft er. Er vermutet dahinter Absicht: Die Hunde sollen das Wild in den Staatswald rüber drücken. Er mutmaßt, dass dort die Rehbestände zu klein seien und die Förster ihre Abschussquoten nicht erfüllen könnten. Beweisen kann er das nicht.

Christoph Fellermeyer, Leiter des Staatsforstbetriebes in Bad Königshofen, weist die Vorwürfe zurück. Man arbeite korrekt und habe nichts zu verheimlichen. "Es gibt eine Vereinbarung mit Erich Lutz. Ich bin davon überzeugt, dass sich der zuständige Revierleiter an die Vorgaben gehalten hat. Wir jagen auf unseren Flächen." Er räumte aber ein, dass nicht immer sichergestellt werden kann, dass ein Hund ein Wildtier über Reviergrenzen hinweg verfolgt. "Bei den meisten Drückjagden sind wir aber sowieso weit von den Grenzen weg", sagt er.
Der Zeiler Staatsforst habe abzüglich verpachteter Gebiete eine Gesamtfläche von rund 2000 Hektar. Bei einer Drückjagd werde etwa ein Zehntel davon bejagt. "Da können Sie sich ausrechnen, dass es nicht viele Berührungspunkte gibt", sagt Christoph Fellermeyer.

Laut Fellermeyer waren am vorigen Samstag bei Schönbach etwa 25 Jäger mit fünf bis sechs Hunden beteiligt. Großteils hat es sich um private Jäger gehandelt. Fellermeyer betont, dass er Erich Lutz mehrfach angeboten habe, sich einmal an einer Drückjagd zu beteiligen und sich davon zu überzeugen, dass alles korrekt ablaufe. Der Schönbacher hat das Angebot bislang nicht wahrgenommen.

Zivilprozess mit Einigung

Im November 1998 wurden Vorfälle in Zeil und Ebern bekannt, bei denen Hunde in private Reviere überjagten, was Proteste der betroffenen Jagdpächter und der Haßfurter Kreisgruppe des Bayerischen Jagdverbandes provozierte. Erich Lutz strengte zivilgerichtliche Schritte an und erwirkte 1999 vor dem Landgericht Bamberg einen Vergleich mit dem Freistaat Bayern. Die Niederschrift liegt unserer Zeitung vor. Darin verpflichtete sich der Freistaat, das "Gemeinschaftsjagdrevier Schönbach möglichst wenig durch Jagdhunde zu beunruhigen." Der Hundeeinsatz muss so geplant werden, dass ein Überjagen "soweit irgend möglich" verhindert wird. Der Staat verpflichtete sich weiter, in einem Grenzabschnitt generell keine Hunde abzuleinen und im übrigen Grenzbereich einen 250 Meter breiten Streifen dafür frei zu halten.

Einigung gebrochen?

Lutz beschuldigt den Forstbetrieb in Bad Königshofen, sich nicht an die Auflagen gehalten zu haben. Er hat Beschwerde bei der Unteren Jagdbehörde in Haßfurt eingereicht. "Bisher liegt nur die Aussage von Erich Lutz vor", teilt Martin Schrauder von der Behörde auf Anfrage mit. Man nehme die Vorwürfe ernst und werde sie prüfen. Sollte ein Jäger in Jagdausrüstung das Revier übertreten haben, wäre das als Ordnungswidrigkeit zu ahnden. Im Hinblick auf die überjagenden Hunde bleibe abzuwarten, ob auf eine außergerichtliche Einigung gedrungen werden könne.

Der Privatjäger Jürgen Lutsch wirft den Forstämtern Bad Königshofen und Ebrach Ungenauigkeiten bei den Jagden vor. "Schönbach ist kein Einzelfall. Sondern in allen Gemeinschaftsrevieren, die an Forstbetriebe angrenzen, ist das der Fall." Man versuche, sagt er, in wenigen Drückjagden den Abschuss eines ganzen Jahres zu erledigen. Das bedinge, so Lutsch, zwangsläufig unschöne Szenen.

Fellermeyer verteidigt die Drückjagden: "Ohne sie hätten wir keine Chance, den Schwarz-wildbestand nur im Ansatz zu regulieren." 70 Prozent der Wildschweine werden so erlegt. Das sei für Landwirtschaftsbetriebe wichtig, da dort der größte Schaden angerichtet werde.

Dennoch bringt Lutz wenig Verständnis für das Vorgehen auf: "Die haben so ein großes, zusammenhängendes Waldgebiet und ich nur 50 Hektar. Die sollen mir mein Revier in Ruhe lassen", sagt Erich Lutz.