Druckartikel: Sander schenkten den Zeilern kräftig ein

Sander schenkten den Zeilern kräftig ein


Autor: Klaus Schmitt

Zeil am Main, Sonntag, 22. Januar 2017

Die Rivalität der beiden Orte dies- und jenseits des Mains bescherte 350 Besuchern beste Unterhaltung bei der Büttensitzung in Zeil.
Afrika mitten in Zeil: Der "König der Löwen" machte es möglich.  Fotos: Ralf Naumann


Mit einem solchen "Feindbild" lässt es sich gut leben: Seit Jahren fühlen sich die Zeiler und die Sander durch eine liebevolle Rivalität eng verbunden. Spitzen werden auf die jeweils andere Seite des Mains abgefeuert, aber immer ist ein Schuss Herzlichkeit dabei.

Jetzt haben die Sander sogar die Bühne der Zeiler Büttensitzung erobert. Bei der Faschingsveranstaltung am Samstagabend im Rudolf-Winkler-Haus nahmen die "Sander Franzosen", eine Gruppe des Blasorchesters Sand, verkleidet als Soldaten, nach dem Vorbild der "Altneihauser Feierwehrkapelln" aus dem Veitshöchheimer Fernsehfasching das Verhältnis der beiden Nachbarorte, die der Main eher verbindet als trennt, ins Visier. Der Auftritt der achtköpfigen Gruppe war zweifellos einer der Höhepunkte der närrischen Veranstaltung, die Sitzungspräsident Thomas Stadelmann, der Bürgermeister von Zeil, souverän leitete.

Der Abend bot den 350 Besuchern im Saal vergnügliche fünf Stunden. Die Zeiler Narrenzunft (ZNZ) als Veranstalter und Organisator hatte ein Programm auf die Beine gestellt, das sicherlich zu den besten der vergangenen Jahre zählt - sieht man von einigen Längen ab. Das Motto lautete "ZNZ meets Disney". Amerika war allerdings weniger drin, dafür viel Lokalkolorit: Zeiler Kreisverkehre, die mangelnde Parkmoral in der Hauptstraße, das Weinfest, die 1000-Jahr-Feier 2018 und die Zeiler Stadtpolitik wurden beleuchtet. Dazu kamen zahlreiche Tanz- und Musikdarbietungen der verschiedenen Gruppen der Narrenzunft. Ein Glanzpunkt: Die "Zörrlesnixen", die Garde der ZNZ, präsentierte einen Tanz aus dem Musical "König der Löwen". Büttenredner sowie Duos und größere Gruppen nahmen die großen und kleinen Schwächen der Menschen aufs Korn. Die Besucher der beiden noch folgenden Büttensitzungen am kommenden Freitag und Samstag dürfen sich auf schöne Unterhaltung freuen.

Die "Sander Franzosen" spielten zu ihrem Einmarsch im Rudolf-Winkler-Haus die französische Hymne. Erste Bedenken ob des ungewohnten Terrains zerstreute der Chef der Truppe, Udo Rippstein, gegenüber seinen Mannen: "Ich weiß, wir sind in Zeil. Wir haben es alle schwer." Dann ging es Schlag auf Schlag. Die Sander kündigten an, sie wollten die "geknechteten Krumer" nach Sand holen. Der einzige Wermutstropfen: "Auch in Sand ist das Rathaus rot."

Sie erklärten "Zeil zum Ortsteil der Großgemeinde Sand am Main" und setzten den Bürgermeister ab. Gleichzeitig ernannten sie ihn zum Ortsteilsprecher des Sander Ortsteils Zeil und hängten Thomas Stadelmann das passende Schild um den Hals. Fertig ist die Gebietsreform: "Zeil gehört ab heute zu Sand. Lasst es klingen", forderte Udo Rippstein seine Truppe auf, und die blies in die Instrumente.

Das Zeiler Weinfest wollen die Sander weiter dulden. Jedoch: "Das Zeiler Weinfest darf als Ortsteilweinfestla weiter versucht werden - natürlich mit Sander Wein."

Mit der Musik kam die Versöhnung zwischen den beiden Orten. Die Sander Hymne erklang, das Lied von den "Sander Wiewerla", und als die Sander die Zeiler Hymne, das Steinhauerlied, anstimmten, war die Harmonie wiederhergestellt und die Welt wieder in Ordnung.

Das Zeiler Weinfest wählten sich auch Resi und Babet (Christiane Garreis und Susanne Wolfschmitt) als Thema für ihr Stadtgespräch, das sie seit Jahrzehnten bei den Büttensitzungen führen. Sie befürchten, dass die Mammutveranstaltung abgeschafft werden könnte. Warum? "Die Besucher werden immer weniger." Aber: "Es sen a Haufen Polizisten unterwegs", hat Babet beobachtet. Und warum kommen indes die Haßfurter Vereine zum Weinfest, richten Verkaufsstände ein und sind auch noch zufrieden? Resi: "Die Haßfurter sind bescheiden." Babet: "Seit wann?"

Hoch hinaus kam Pfarrer Michael Erhart bei seiner Büttenrede unter dem Motto "Dem Glücklichen schlägt keine Stunde". Er erinnerte in seiner geschliffenen Rede, in die er ein treffendes und differenziertes Statement zur Flüchtlingspolitik einbaute, an die Abnahme des Zeigers der Zeiler Kirchturmuhr im April vergangenen Jahres. "Auf jeden Fall war es eine Show. Als ich unten war, war ich froh." Den Zeiler Kommunalpolitikern bescheinigte er ordentliche Arbeit: "Der Stadtrat hält den Ball flach. Es gibt nichts zu klagen." Kritik übte der Redner an den Verkehrssündern: "Die Parkkünste sind peinlich" in der Hauptstraße.
Von Peinlichkeiten, die das Alter mit sich bringt, erzählten Bartl und Fonser (Christian Melchior und Dominik Syka) in aufreizender Langsamkeit. "Ich bin in einem Alter", schilderte Fonser, "wo das Gesicht nicht mehr so will wie der Geist."

Und was wurde sonst noch geboten? Ganz vieeeeel. Während Finn Düring seine "Mama (... ist halt doch die Beste") in höchsten Tönen lobte und Michaela Pottler-Zink ein paar Kilos, "aber mit Vernunft", wieder loswerden wollte, erfüllte die gute Fee Natascha (Tobias Müller) Wünsche. Der Zirndorfer Helmut Lang von der "Nürnberger Luftflotte des Prinzen Karnevals" ("mer secht ja nix, mer red ja bloß") sowie die beiden gefühlvollen Masseurinnen Gisela (Gabi Leisentritt) und Franzi (Monika Stadelmann) trafen ebenfalls voll ins Schwarze.

Tolle Kostüme, teils aufwendige Frisuren, super Sound und mitreißende Choreografien wurden bei den Tänzen geboten, wo das Motto "ZNZ meets Disney" perfekt zum Tragen kam. Bei der "Unter dem Meer"-Eröffnung der Purzelgarde mit ihrer "Arielle, der Meerjungfrau", der Garde ("Fluch der Karibik"), dem "Dschungelbuch", "Alice im Wunderland", "König der Löwen" oder den "Bayerischen Zwergen" kamen nicht nur Musicalfans auf ihre Kosten. Die stets feschen Damen der "Prinzenschwarte" (Christiane Garreis, Theresa Hoh, Martina Kehl, Christina Rössler, Florenze Rössler, Susanne Wolfschmitt, Nadine Wolfschmitt) standen dem mit ihrer "Muppet Show" freilich in Nichts nach. Ebenso wie "Feelstimmig" (Kathrin Heidig, Tina Hömer, Stephan Heidig, Daniel Müller, Kathrin Schwappach) sowie natürlich Funkenmariechen Sarah Hetterich.


Mitwirkende

Purzelgarde (Arielle, die Meerjungfrau): Helena Altmann, Ioanna Charitos, Lara Fischer, Emil Hömer, Mia Leisentritt, Veith Nüsslein, Lea Schön, Emily Syka. Choreografie und Einstudierung: Tina Hömer, Christina Krapf.

Garde-Marsch (Fluch der Karibik): Vanessa Bauer, Selina Brändlein, Sandra Hetterich, Selina Lehmbruch, Denise Münch, Stella Niebling, Laura Schnaus, Michel Schnitzer, Hannah Schuhmann. Choreographie/Einstudierung: Barbara Garreis.

Dschungelbuch: Luisa Bedacht, Hannah Böhnlein, Helena Böhnlein, Lena Braun, Xenia Charitos, Janaya Curry, Finja Czoske, Maja Henschel, Sarah Hetterich, Franka Kuhn, Samira Lehmbruch, Lena Meier, Maria Minnich, Hannah Reick, Aurelia Thomann, Angeline Tschiggfrey. Idee und Einstudierung: Karina Daub, Sabrina Hetterich. Kostüme: Anni Fanenbruck, Margit Stubenrauch.

Alice im Wunderland: Regina Quintero-Drake, Laura Düring, Mandy Düring, Saskia Göpfert, Lisa Herrmann, Amy Miller, Stella Niebling, Sophia Penton, Michele Schitz, Jessy Schnaidmiller, Melissa Schuck. Choreographie/Einstudierung: Kathrin Heidig. Kostüme: Anni Fanenbruck. Frisuren: Christine Pollner.

Musical "König der Löwen": Vanessa Bauer, Selina Brändlein, Pia Fritzmann, Barbara Garreis, Sandra Hetterich, Christina Krapf, Vera Leisentritt, Selina Lembruch, Denise Münch, Karina Daub, Eva-Maria Rausch, Veronika Rausch, Vanessa Roth, Laura Schnaus, Michelle Schnitzer, Hannah Schuhmann. Choreographie/Einstudierung: Theresa Hoh. Kostüme: Anni Fanenbruck. Maske und Frisuren: Florenze Rössler, Karina Leisentritt-Melchior, Vera Leisentritt.

Die bayerischen Zwerge: Dominik Bedacht, Johannes Hoh, Tobias Müller, Sebastian Rausch, Julian Schneidawind, Julian Wolfschmitt, Max Wolfschmitt, Tobias Zink.

Musik: Colorados. Licht- und Tonregie: Werner Bauer, Franz-Josef Langhans. Bühnen- und Saalgestaltung: Viele fleißige Hände unter der Leitung von Theresa und Johannes Hoh. Bühnentechnik: Johannes Hoh, Christian Hömer.