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Salmsdorfer gehen auf die Barrikaden


Autor: Ralf Kestel

Salmsdorf, Freitag, 12. Mai 2017

Weil die Salmsdorfer Mehrkosten der Dorferneuerung trotz anderslautender Verträge zahlen sollen, rüffelt ein Rechtsexperte die Verwaltung in Ebern.
Günter Vetter zeigte die zeitliche Entwicklung des Problems auf.


Wem soll so einfacher Bürger in einem fränkischen Dorf vertrauen? Seinem Bürgermeister, dessen Verwaltung, der Direktion für ländliche Entwicklung? Oder muss er sich doch an die Rechtsaufsicht im Landratsamt wenden, gar das Verwaltungsgericht anrufen? Auf die zuletzt genannten Schritte läuft es hinaus, da der Unmut in der Dorfstraße und dem Geracher Weg groß ist, weil die Anlieger nun die Mehrkosten einer Maßnahme tragen sollen, die 2005 begonnen hatte - die eigentlich gelungene Dorferneuerung samt Verbesserungen in Sachen Hochwassergefahr. Doch wegen 52 000 Euro gibt es nun ein Nachspiel, das viele Salmsdorfer als Trauerspiel betrachten, wie sich bei einer Informationsveranstaltung der Bürgerinitiative Gebührenbescheide (BIGS) am Donnerstagabend im Bürgerhaus zeigte.


FT-Bericht schreckte auf

Seit einem FT-Bericht von einer Sitzung des Marktgemeinderatssitzung im November 2016 herrscht Verärgerung im westlichsten Gemeindeteil von Rentweinsdorf. Bei einer Prüfung des kommunalen Prüfungsverbandes fiel auf, dass Mehrkosten, die im Verlauf der Baumaßnahme entstanden waren, nicht auf die Salmsdorfer umgelegt, sondern von der Gemeinde getragen wurden, wozu es entsprechende Beschlüsse des Marktgemeinderates und Verträge gibt.

Die waren nach Ansicht des Prüfers aber von Anfang an nichtig. Zum einen, weil solche Kosten nicht allen Einwohnern der Gemeinde aufgebürdet werden dürfen, zum anderen, weil an der Abstimmung im Gemeinderat auch Mitglieder teilnahmen, die unmittelbar betroffen waren (und davon profitierten).


Verjährung und andere Drohungen

Um einer Verjährung entgegen zu wirken, hatte die Verwaltung in Ebern zum Jahresende noch die Bescheide verschickt, was auch vom (jetzigen) Marktgemeinderat so beschlossen worden war. Dabei war auch angeklungen, dass jedes Ratsmitglied wegen der strittigen 52 000 Euro persönlich in Haftung genommen werden könnte. "Das ist in Bayern noch nie passiert. Für Untreue bedarf es einen bedingten Vorsatzes. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass der in diesem Fall vorliegt", war sich Günther Vetter als Sprecher der Bürgerinitiative sicher.

Unterstützt wurde er bei dieser Rechtsauffassung von Professor Dr. Matthias Schneider aus Oberwerrn, einem Juristen, der sich auf Verwaltungsrecht spezialisiert hat. "Seitens der Verwaltung in Ebern wird der Prüfungsbericht schon sehr radikal gesehen und dargestellt, samt der privaten Untreue-Haftung. Es ist schon ungewöhnlich, solche Szenarien aufzumachen mit Fällen, die ganz selten vor Gericht landen."

Mit der Untreue-Drohung im Dezember gegenüber dem Marktgemeinderat sei den Mitgliedern im Gremium "die Pistole auf die Brust gesetzt" worden. Die Verwaltung versuche, den Vertrag mit dem Argument der Nichtigkeit aufzuheben, was "ich für sehr fraglich halte". Das stecke viel Tobak dahinter

Auch wunderte sich der Rechtsprofessor, wieso ihm bei einer Gemeinderatssitzung keine Rederecht eingeräumt wurde. Überzeugt ist er davon, dass "der spezielle Fall Salmsdorf kompliziert ist und juristisch noch nicht ausreichend beleuchtet wurde und die Salmsdorfer von der Verwaltungsgemeinschaft schlecht behandelt wurden".

Deshalb empfahl er den rund 30 Zuhörern, juristisch gegen die Bescheide aus Ebern vorzugehen. Zunächst mit einem Widerspruch beim Landratsamt. "Jeder muss selbst entscheiden, wie er damit umgeht. Das Verfahren kann lange dauern und es kostet Geld."


Widerspruch einlegen

Vielleicht komme aber von der Rechtsaufsicht am Landratsamt schon ein "sauberer Vergleichsantrag", da Günther Vetter nach der Möglichkeit einer außergerichtlichen Einigung fragte. "Wir sind ja gesprächsbereit."

Auch ein richterlicher Hinweis allein, so Matthias Schneider, könnte für die Gemeinde eine Entscheidungsgrundlage darstellen, blickte der Jurist schon bis nach Würzburg ans Verwaltungsgericht.

BIGS-Sprecher Vetter brachte dabei den Vertrauensschutz ins Gespräch, wenn "ich einen Vertrags schließe, an den sich zehn Jahre lang alle halten und mit Leben erfüllen, auch Verwaltungsorgane, dann muss ich doch darauf vertrauen können, dass der Vertrag passt". Vetter: "Es gibt eine Vereinbarung, um das Beitragsrecht zu umgehen. Die war grundsätzlich angemessen und keiner hat sich daran gestört. Bei den Verhandlungen saßen alle mit am Tisch, die Direktion für ländliche Entwicklung, die Gemeinde und auch die Eberner Verwaltung."


Mehrkosten noch viel höher

Die Mehrkosten wurden 2012 bekannt, wobei der "Bürgermeister immer mit am Tisch saß". Im Jahr 2013 betrugen die Nachforderung des Bauunternehmens 185 000 Euro, was laut Vetter ein Schlichtungsverfahren nach sich zog, das eineinhalb Tage dauerte. "Auch der Ingenieur hat einen Teil übernommen, so dass letztlich 52 000 Euro an der Gemeinde hängen blieben."