Druckartikel: Rom sagt, die "Sache Luther geht weiter"

Rom sagt, die "Sache Luther geht weiter"


Autor: Klaus Schmitt

Gleisenau, Montag, 06. November 2017

In der evangelischen Kirche Gleisenau durfte gelacht werden. Das Kabarett-Duo Ruth und Karl-Heinz Röhlin betrieb "Bewusstseinserheiterung".
Als Kardinal im Purpur-Gewand trat Kabarettist Karl-Heinz Röhlin auf. Neben ihm seine Frau Ruth.  Klaus Schmitt


Glaube, Religion, Kirche sind eine ernste Sache. Stimmt. Da erlaubt man sich keinen Spaß. Stimmt nicht. Es darf auch gelacht werden, wenn es um Kirche geht. Getreu einem Zitat, das dem Reformator Martin Luther zugeschrieben wird: "Aus einem verzagten Arsch kommt niemals ein fröhlicher Furz".

Dieser Spruch fiel wirklich bei einem Kabarett-Abend am Wochenende in der evangelischen Kirche von Gleisenau. Da traten Ruth und Karl-Heinz Röhlin auf. Und sie wissen, worüber sie reden und worüber sie ihre Späße machen. Karl-Heinz Röhlin war Gemeindepfarrer in Oberfranken, Landjugendpfarrer und Regionalbischof in Nürnberg. Zurzeit leitet er das Pastoralkolleg der evangelisch-lutherischen Kirche in Bayern, wie auf der Internetseite des Ehepaars ("Houmbäidsch vo die Röhlin's") steht. Ruth Röhlin ist ausgebildete Religionslehrerin und Seelsorgerin. Beide sind seit Jahren mit dem Gleisenauer Pfarrer Volkmar Gregori und dessen Frau befreundet, und die Röhlins brachten die Besucher in der vollen Gleisenauer Kirche zum Lachen, mindestens zum Schmunzeln.

Der Kabarett-Abend war eine von zahlreichen Veranstaltungen der evangelischen Kirchengemeinde Gleisenau zum 500. Jahrestag der Reformation. Gregori erinnerte an die Kanzelreden, das Seminar zum Thema Glauben mit rund 50 Teilnehmern, das Kartoffelfest, die Studienreise und Konzerte. Vor Weihnachten soll es noch eine weitere Veranstaltung zum Reformationsjubiläum geben.

Im Gespräch mit unserem Protal zeigte sich Gregori "sehr zufrieden" über die Resonanz auf die verschiedenen Veranstaltungen. Besucher standen teilweise in der Kirche, weil alle Sitzplätze belegt waren, und in Einzelfällen ist es laut Gregori auch möglich, Personen einzubinden, die nicht gerade die eifrigsten Kirchgänger sind - und der Pfarrer nannte gleich eine Person, die sich in die Schar der Helfer einreihte. Die waren nötig, weil in der Pause des Kabarettprogramms ein deftiger Eintopf aus dem Kessel gereicht wurde - ein Essen wie zu Luthers Zeiten. Dazu gab es heimische Weine und ein Lutherbier.

"Es ist still. Wie in der Kirche", beschrieb Gregori vor dem Start in das etwa zweistündige Kabarettprogramm die andächtige Stimmung im Gotteshaus. "Ich hoffe, das bleibt nicht so", sagte er. "Lachen ist gesund."

Genau. "Es geht um Ihre Bewusstseinserheiterung", gab Karl-Heinz Röhlin die Marschroute für das Kabarett aus. Er trug den Hauptteil des Programms, das seine Frau Ruth musikalisch am Klavier begleitete. "Alles in Luther" lautete das Motto des Abends, in dem die Ökumene und die katholische Kirche ebenso ironisch aufbereitet wurden wie kirchliches Geschäftsgebaren. Selbstverständlich ging es in die Geschichte, in das Jahr 1517, als Martin Luther seine 95 Thesen an die Kirchentür in Wittenberg hämmerte, und in die Folgejahre bis zur Heirat Martin Luthers mit Katharina von Bora im Jahr 1525.

Als "Reformation Power" bezeichneten sich Karl-Heinz Röhlin und seine Frau, die die evangelische Kirche und Luther mit allerlei Verkaufsartikeln nach vorne bringen wollen. Mit Luther-T-Shirts und Luther-Socken genauso wie mit Luther-Reliquien (eine Locke des Reformators) oder einem Luther-Medikament. "Lutherol" heißt die Arznei, die es, am Morgen zusammen mit einem Luthertee eingenommen, möglich macht, "dass Sie am Abend den kleinen Katechismus auswendig können".

Auch im Jahr des Reformationsjubiläums geht nichts ohne die katholische Kirche. Karl-Heinz Röhlin schlüpfte in das Purpur-Gewand eines Kardinals aus dem Vatikan. "Der Heilige Stuhl erweist uns eine besondere Ehre", kündigte Ruth Röhlin den Kardinal an, und der hatte eine gute Botschaft dabei: "Rom hat entschieden, die Sache Luther geht weiter", sagte er. Das sei ein Grund zum Feiern. "Trinkt durcheinander!"

Können die Lutheraner überhaupt feiern?, warf Karl-Heinz Röhlin als Frage in den Kirchenraum. Schließlich verspürten sie immer so einen inneren Drang zu einem Schuldbekenntnis - wie übrigens die Katholiken auch. Der Kabarettist brachte die Erbsünden-Theorie ins Gespräch und erinnerte daran, wie er als Kind erstmals die persönliche Beichte ablegen sollte. "Ich habe nicht gewusst, was ich beichten soll. Das war mir sehr unangenehm", gestand er. "Seitdem habe ich so ein diffuses Schuldgefühl". Karl-Heinz Röhlin fühlt sich auch schuldig, wenn der Club wieder mal ein Fußballspiel verloren hat...