Rätselhafte Fundstücke im Landkreis Haßberge: Was steckt dahinter?
Autor: Günter Lipp
Untermerzbach, Sonntag, 28. Oktober 2018
Der Heimatpfleger Günter Lipp stellt in seiner Serie "Heimatkunde aus den Haßbergen" zwei rätselhafte Fundstücke aus Untermerzbach vor.
Wenn jemand im Alltag eine Brille findet, einen Autoschlüssel oder ein Taschenmesser, dann ruft er meist bei der Gemeinde an oder geht damit zur Polizei. Mit Sachen, die unvermutet aus der Geschichte auftauchen, wird das schwieriger. Erste Anlaufstelle ist dann der Heimatpfleger. Zweimal bin ich, Günter Lipp, in letzter Zeit in solchen Fällen angerufen worden und zweimal ist daraus ein kleiner Forschungsauftrag geworden.
Im Frühjahr hat Manfred Reuter aus Rentweinsdorf bei seinen Wanderungen westlich von Recheldorf in einer Kellermauer einen seltsamen Stein entdeckt. Dieser ist im Hang unterhalb des Bretzensteins zwischen den Kellern von Karl Ludwig Grell und Werner Schorn eingefügt. Er ist zweigeteilt und hat einen Rahmen. Oben sieht man eine Fläche, die vermutlich eine längst verschwundene Inschrift enthielt. Der untere Teil hat die Maße 63 auf 26 Zentimeter und zeigt links und rechts zwei Schilde - kopfstehend! Wer sie genauer untersuchen will, muss also erst ein Foto machen und dann das Bild um 180 Grad drehen. Welche Wappen die Schilde trugen, war zuvor durch die starke Verwitterung nicht zu erkennen. Jetzt erst kann man versuchen, diese zu bestimmen.
Wessen Wappen sind es?
Ihre Träger hatten sicher mit der regionalen Geschichte zu tun. Aber wer waren sie? Da kamen etwa zwanzig Adelige, Klöster oder Stifte in Frage. Ich habe das gestürzte Foto wieder und wieder betrachtet. Und dann entdeckte ich auf dem rechten Schild Bögen und Zacken. Das waren meiner Ansicht nach einmal ein Wellenbalken und ein Stern: Das Wappen der Familie von Rotenhan.
Der linke Schild war schwerer zu bestimmen, denn das Relief auf dem Sandstein ist fast ganz verdorben. Nach langen Untersuchungen vermutete ich, dass der Bamberger Löwe mit dem Schrägbalken dargestellt ist. Rotenhan und Bamberg, da gibt es auch geschichtlich einen Zusammenhang: Die Rotenhan waren Lehensträger des Hochstifts Bamberg und hatten dort das angesehene Schenkenamt inne.
Natürlich fragt man sich, wann dieser Stein gemetzt wurde. Da Schrift und Jahreszahl fehlen, ist der einzige Ansatzpunkt für die Zeitbestimmung die Form der Schilde. Die hat sich über die Jahrhunderte immer wieder gewandelt. Hier zeigen die Schilde beidseits eine ganz leichte Einbuchtung. Da weiß der Fachmann: So hat man Wappen um 1500 gezeichnet.
Zwischen den beiden Schilden meint man noch Reste von Buchstaben oder Ziffern zu erkennen. Dabei könnte es sich eventuell um eine Jahreszahl handeln. Die wäre sehr interessant, doch sie lässt sich einfach nicht mehr lesen. Das müsste ein Experte mit viel Sachverstand und einer starken Lampe untersuchen.
Der Quader ist eine Spolie, also ein Stein, der in einer Mauer zum zweiten Mal verwendet wurde. Hier ist er in der Kellerwand verkehrt herum eingesetzt worden, weil er von einem früheren, möglicherweise abgetragenen Bauwerk schon zugeschlagen war. Kurios: Am Fuß der Mauer sind noch zwei weitere Spolien. Bei ihnen handelt es sich vermutlich um Sitzkonsolen von der Art, wie man sie jetzt noch am Portal der Stadtbücherei in Ebern findet.