Pschierer spricht mit Unternehmern im Kreis
Autor: Günther Geiling
Haßfurt, Dienstag, 02. Dezember 2014
"Die Stimme der Wirtschaft klingt in der Tagespolitik oft nicht sehr laut, und das macht mir manchmal sogar Sorge. Deswegen freue ich mich, wenn die Mittelstands-Union immer wieder ihre Stimme erhebt, welche Themen in unserer Partei zum Tragen kommen müssen." Dies betonte Staatssekretär Franz Josef Pschierer beim Mittelstandsgespräch zum zehnjährigen Bestehen der Mittelstands-Union in Haßfurt.
Der Kreisvorsitzende der Mittelstands-Union (MU), Wolf Dieter Schlapka, sagte, die Mitglieder engagierten sich für mehr Freiheit, mehr Wachstum und Beschäftigung, aber auch mehr soziale Marktwirtschaft. Das verdiene Beachtung und Wertschätzung. Längst biete die Mittelstands-Union im Kreis jedem, der etwas bewegen wolle, ein Netzwerk. In der Region seien Mandats- und Entscheidungsträger auf allen Ebenen und auch in den höchsten politischen Ämtern präsent und kümmerten sich um die Belange kleiner und mittlerer Unternehmen, des Handels und des Handwerks.
Landrat Wilhelm Schneider (CSU) hob bei seinem Grußwort die Bedeutung des Mittelstandes im Landkreis hervor. Er sei eine wichtige Säule im Gesellschaftsleben und stelle viele Ausbildungs- und Arbeitsplätze zur Verfügung. Dabei erinnerte er an die Ausbildungsbörsen und Praktikumsplätze, aber auch an die Möglichkeiten des dualen Studiums.
Die Bezirksvorsitzende der Mittelstandsunion, Jutta Leitherer, erinnerte an die Gründungszeit. Der Kreisverband Haßberge sei heute einer der Aktiv-Posten in Unterfranken und arbeite kontinuierlich. Der Kontakt zur Mutterpartei CSU sei sehr gut; ein Beweis dafür sei, dass Landtagsabgeordneter (MdL) Steffen Vogel eben zum stellvertretenden Bezirksvorsitzenden gewählt worden ist.
Rückgrat der Wirtschaft
CSU-Kreisvorsitzender Steffen Vogel bezeichnete den Mittelstand nicht nur als Rückgrat der Wirtschaft, sondern auch des Staates. Der Mittelstand dürfe aber keinesfalls Melkkuh des Staates werden. Leider seien in den Parlamenten immer weniger Mittelständler vertreten. Dafür wolle die Mittelstands-Union das Sprachrohr der mittelständischen Unternehmen der Region sein. Anerkennung zollte Vogel Staatssekretär Franz Josef Pschierer als einen der großen Akteure der bayerischen Wirtschaftspolitik und Ansprechpartner für die Betriebe. Er sei zudem ein Kollege, der die jüngeren Abgeordneten mit an die Hand nehme.
Der Staatssekretär im Ministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie, Franz Josef Pschierer, bedauerte, dass immer weniger Mittelständler, Gewerbetreibende und Handwerker in den Parlamenten vertreten seien. Die Unternehmer seien derzeit nicht glücklich über die Politik. Pschierer hinterfragte den Mindestlohn und die Rente mit 63 kritisch und bedauerte, dass die Politik zum ersten Male aktiv in die Lohnfindung eingegriffen habe. Möglicherweise habe man mit dem Mindestlohn eine Spirale in Gang gesetzt, die sich fatal auf die Arbeitsplätze auswirke.
Zur Rente mit 63 meinte er: "Wie soll das volkswirtschaftlich funktionieren, wenn wir in einer kürzeren Lebensspanne das schaffen sollen, was wir für eine längere Lebenszeit brauchen?"
Nach den Haushaltsberatungen stehe Bayern gut da: Es hat seit zehn Jahren einen ausgeglichenen Haushalt. Wenn dies nun im Bund erstmals auch so sei, dann nur wegen der niedrigen Zinsen. Bei einem anderen Zinssatz wäre das nicht möglich; deswegen führe auch am Abbau von Schulden kein Weg vorbei. Die Niedrigzinspolitik werde man nicht lange mehr durchhalten.
Die Energiepolitik bezeichnete er als derzeit "spannendstes Thema", wobei in Bayern der Strom zu 35 Prozent aus erneuerbaren Energien komme. "Der Anteil der Windkraft liegt nur bei vier Prozent und mit weiteren Windkraftanlagen können wir uns auch nicht versorgen. Wir brauchen auch bei einem weiteren Anstieg der erneuerbaren Energien noch 55 Prozent des Stroms aus anderen Quellen. Für Bayern heißt das konkret Gas vor Kohle und zwar mit dezentralen Gaskraftwerken."
Gas wird importiert
Adalbert Demar interessierte, wo das Gas herkomme. Pschierer sprach hier von 90 Prozent Importgas, das dann zu 35 Prozent aus Rußland kommt. "Wir wollen nicht Gaskraftwerke, weil wir sie lieben. Vielmehr brauche ich sie für die ausreichende Verfügbarkeit der Grundlast und Kapazität. Es gibt eben auch im Februar Tage ohne Sonne und Wind, und da kann für uns nur Gas die Alternative sein."
Das Hauptproblem, so Pschierer, sei die Speicherkapazität. Deswegen gebe man derzeit für zwei Bereiche Geld aus, für die Batterieforschung und für "Power to Gas" wie in Schweinfurt. Das synthetische Methan könne man einspeisen, müsse dies allerdings mit überschüssigem Strom tun. "Pumpspeicher sind derzeit kein Thema." Natürlich könne man österreichischen Kapazitäten nutzen, aber das sei keine Lösung - höchstenfalls ein gutes Geschäftsmodell - aus Sicht der Österreicher.
Beim "Wirtschaftsgespräch" ging es um zahlreiche Themen, etwa das Wagniskapital für Unternehmer oder Neugründer. Michael Merz stellte die Frage nach einem Investitionszuschuss bei Heizungserneuerungen oder barrierefreien Wohnungen, und Jutta Leitherer kritisierte das Mietrecht, bei dem der Vermieter als Buhmann hingestellt werde; so würden energetische Sanierungen verhindert. Dieter Pfister sprach das Insolvenzrecht an, das Unternehmen oft vor große Probleme stelle. Auch die "Regulierungswut" kritisierten einige Teilnehmer.
Für die Förderung von Unternehmen stellte der Wirtschaftsstaatssekretär einen Wachstumsfonds von 150 Millionen Euro in Aussicht. "Deutschland ist so groß geworden, weil wir eine Gründerdynamik hatten. Das hat nachgelassen, und wir wollen wieder in Richtung Gründerland Bayern gehen." In der Energiepolitik habe man ganz sicher nur über die Stromwende gesprochen und zu wenig über die Wärmewende. In diesem Punkt sah er eine gute Chance für das Handwerk, weil 70 Prozent aller Gebäude vor 1977 errichtet wurden. Allerdings müsse man hier das Kosten-Nutzen-Verhältnis im Auge haben. Am effektivsten sei es sicherlich, erst einmal nur alte Kessel auszutauschen.
Der Haken beim Atomausstieg
Abschließend hinterfragte Jürgen Martin den schnellen Ausstieg aus dem Atomstrom. Dadurch wurde doch Strom nur immer teurer und ganze Wirtschaftszweige seien schon ins Ausland abgezogen. "Hiermit bringen Sie mich in Verlegenheit", meinte Pschierer: So war er vor Kurzem in Prag. Dort habe er zur Kenntnis nehmen müsse, dass man dort weiter auf Kernenergie setzt und ein Brennstäbelager möglicherweise nahe der bayerischen Grenze plant. Ein neues Kernkraftwerk wollten sich die Tschechen auch noch von der EU subventionieren lassen.
Beim Blick auf die geplante Stilllegung von Kernkraftwerken sah er eine spannende Entwicklung: Mit Grafenrheinfeld und Grundremmingen könne dies noch funktionieren, "aber ab 2017/18 geht es ans Eingemachte. Strom ist sicherlich genügend da, aber nicht immer, und wir brauchen auch ein Höchstmaß an Unabhängigkeit."
Als Gründungsmitglieder geehrt wurden am Ende: Gerhard Häfner, Franz Hofmann, Georg Hofmann, Wolfgang Hömer, Barbara Graser, Gunther Krines, Udo Merz, Michael Schlegelmilch und Stefan Tempel. Ebenso konnte man zwei neue Mitglieder in der Mittelstands-Union begrüßen. gg