Polizei sorgt sich um ältere Motorradfahrer
Autor: Katja Müller
LKR Haßberge, Montag, 20. April 2015
Es sind die älteren Motorradfahrer, die der Polizei derzeit Sorgen machen: Fahrer über 40 Jahre, die nach längerer Pause wieder aufs Motorrad steigen, überschätzen oft ihre Fähigkeiten. Die Fahrlehrer Werner Mareth und Christian Frank wissen um die Gefahr.
Mit den ersten Sonnenstrahlen sind sie wieder unterwegs: die Motorradfahrer, die ihre Maschinen nach der langen Winterpause über den Asphalt jagen. "Das Problem ist, die Leute denken, sie können genauso gut fahren wie im letzten Jahr. Aber das stimmt nicht", mahnt Werner Mareth. Er muss es wissen. Der Fahrlehrer und begeisterte Motorradfahrer führt seit 1983 die Fahrschule Mareth in Zeil und hat in den vergangenen Jahren Dutzende Motorradfahrer ausgebildet - Tendenz sinkend, doch dazu später.
Eingerostete Reflexe
Nach Mareths Erfahrungen rosten nach einer längeren Fahrpause die Reflexe ein. Darum rät er Kradfahrern dringend, vor der ersten Tour ein paar Runden auf einem (Übungs-)Platz zu drehen. "Das mache ich auch so", erklärt er. So könne man in Ruhe das Bremsverhalten und die Kurvenlage seines Fahrzeugs testen - ohne bösen Folgen, falls man sich verschätzt.
Dass Vorsicht geboten ist, belegen Zahlen: Im vergangenen Jahr haben sich in Unterfranken 611 Verkehrsunfälle ereignet, an denen Motorradfahrer beteiligt waren. Dabei wurden 547 Personen verletzt und 14 getötet. Bei über der Hälfte der Motorradunfälle waren Motorradfahrer die Verursacher, bei den tödlichen Motorradunfällen sogar fast drei Viertel.
Um diesen gravierenden Folgen entgegenzuwirken, setzt das Polizeipräsidium Unterfranken auf Präventionsmaßnahmen, um möglichst viele Unfälle zu verhindern. Dazu gehören auch Kontrollen auf beliebten Strecken, um die Motorradfahrer zu sensibilisieren.
Erfolge verspricht sich die Polizei vor allem von der Teilnahme an Fahrsicherheitstrainings. Eine der häufigsten Unfallursachen sind nämlich fehlende Fahrpraxis und der falsche Umgang mit dem Gefährt. Das eigene Können wird oft überschätzt. Das gilt insbesondere für die sogenannten Wiedereinsteiger, die schon seit längerer Zeit einen Führerschein haben und erst nach langer Pause wieder aufs motorisierte Zweirad steigen.
"Man darf nicht vergessen, dass Motorradfahren ein Sport ist, der anstrengend ist", sagt Werner Mareth. Das Gewicht auf den Oberarmen, der Kopf im Gegenwind - das schlaucht. "Man sollte darum schon einigermaßen fit sein. Ganz wichtig ist es auch, genügend zu trinken und sich anfangs nicht zu viel zuzumuten", rät der Fahrlehrer. Denn wer müde ist, kann sich schlecht konzentrieren und macht Fehler - und die können tödlich sein. Das Allerwichtigste beim Motorradfahren ist laut Werner Mareth die richtige Blicktechnik. "Man muss dorthin gucken, wo man hin will", sagt er mit Nachdruck.
Das klingt banal, ist in Gefahrensituationen aber gar nicht so einfach. Denn wenn man ins Schleudern gerät, fixiert man meistens ängstlich das Hindernis und nicht die Kurve, die man nehmen will. "Klar, dass man dann gegen den Baum fährt", schließt Mareth trocken.
Für einen sicheren Einstieg in die Motorradsaison hat die Polizei Haßfurt gemeinsam mit elf Fahrschulen des Fahrlehrerverbands Haßberge ein Fahrtraining entwickelt. "Das Angebot richtet sich vor allem an die Generation 40 plus", erklärt Christian Frank, der Kreisvorsitzende des Fahrlehrerverbandes Haßberge.
Training hilft
Denn bei den tödlichen Unfällen im Vorjahr war diese Altersgruppe überproportional oft vertreten. "Das 120-minütige Training ist individuell auf den Teilnehmer abgestellt, der auf seinem eigenen Motorrad mit dem Fahrlehrer eine Ausfahrt macht", erklärt Christian Frank.
Der Flyer "Faszination Motorradfahren - Auffrischung, Training, Wiedereinstieg" liegt bei Fahrschulen, Händlern und Polizeidienststellen aus.
Ältere erfüllen sich Jugendtraum
Obwohl die Zahl der Verkehrsopfer nach wie vor hoch ist, sinkt der Anteil junger Erwachsener, die einen Motorradführerschein machen wollen. "Früher war es normal, mit dem Auto- auch den Motorradführerschein zu machen. Heute sind es vor allem Männer und Frauen über 50, die sich einen Jugendtraum erfüllen wollen", berichtet Mareth.
Voraussetzung für eine unfallfreie Fahrt ist auch der technisch einwandfreie Zustand des Kraftrads. Bremsen, Reifen und Beleuchtung sollten vor dem Start überprüft werden und auch die Schutzkleidung muss entsprechend stabil sein. Helle Motorradkleidung und Sturzhelme, alternativ das Überziehen einer Warnweste, erhöhen die eigene Sichtbarkeit für andere Verkehrsteilnehmer. Denn diese unterschätzen oft die Geschwindigkeit herannahender Motorräder- eine weitere Unfall- und Gefahrenquelle.