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Plötzlich macht das Auto schlapp


Autor: Manfred Wagner

Haßfurt, Mittwoch, 16. März 2016

Das Amtsgericht in Haßfurt stellte das Betrugsverfahren gegen einen 44-jährigen Mann wegen des Verdachts der Tacho-Manipulation ein.
War der Tacho manipuliert? Vor dieser Frage musste dass Gericht in Haßfurt am Ende passen. Symbolbild: Archiv


Viele Autos, schreibt der ADAC, sind nicht ausreichend gegen Tacho-Manipulation geschützt. Der Automobilclub schätzt, dass jeder dritte Gebrauchtwagen in Deutschland mit gefälschtem Kilometerstand unterwegs ist. Die weit verbreitete Trickserei mit dem Tacho ist alles andere als ein Kavaliersdelikt. Doch einem 44 Jahre alten Verkäufer, der unter entsprechenden Verdacht geraten war, konnte das Amtsgericht in Haßfurt in einem Strafprozess keinen Betrug nachweisen. Ergo wurde das Verfahren ohne Auflage eingestellt.

Folgendes war vorgefallen: Der im nördlichen Bereich des Haßbergkreises lebende Mann hatte im November 2013 über das Internet einen 20 Jahre alten Ford ersteigert. In der Nähe des oberfränkischen Bad Berneck holte er damals den Wagen bei einem kleinen Autohändler ab.

Der Kaufpreis betrug 1515 Euro, der Kilometerstand laut Tacho lag bei knapp 65 000 Kilometern.


Schmerzgrenze erreicht

Natürlich ist diese angebliche Laufleistung bei einem jahrzehntealten Fahrzeug ungewöhnlich. Aber der Ford lief, der 44-Jährige bezahlte und erwarb das Auto nach seiner Aussage in gutem Glauben. Aber glücklich wurde er mit seinem Kauf nicht, denn bald waren für das gute Stück neue Reifen und eine neue Batterie fällig. Sogar die Achse musste in der Werkstatt neu gerichtet werden. Und so steckte er innerhalb kurzer Zeit noch einmal rund 1000 Euro in den Gebrauchten.

Er war selber gerade einmal 1400 Kilometer gefahren, als im Sommer letzten Jahres seine Schmerzgrenze erreicht war und er dem verlorenen Geld nicht noch mehr hinterherwerfen wollte. Also inserierte er den Fehlkauf in einem einschlägigen Portal für 2250 Euro. Als sich eine Interessentin aus Bad Kissingen meldete, vereinbarte man einen Besichtigungstermin. Am 30. Juni 2015 wurde man sich handelseinig und der Ford wechselte mit 67 000 Kilometern wieder den Besitzer.

Dass der Kilometerstand laut Tacho "getürkt" sei, dieser Verdacht drängte sich der neuen Autobesitzerin auf, als sie mit dem Fast-Oldtimer in ihre Werkstatt fuhr. Dort stellten die Automechaniker fest, dass sich das Auto in einem schlechten Zustand befand, dass es Motoröl verlor und dass es gravierende Mängel aufwies. Diese festgestellten Schäden passten in keiner Weise zu der angeblich niedrigen Kilometerlaufzahl.


Nur fünfstellig

In der Verhandlung erläuterte der ermittelnde Polizeibeamte aus Ebern, dass bei manchen älteren Automodellen nur fünfstellige Kilometerstände angezeigt werden. Das heißt, dass nach dem Kilometerstand 99 999 die Zählung wieder neu mit eins beginnt. Auf den verkauften Ford bezogen, könnte die tatsächliche Kilometerleistung also nicht bloß 67 000 Kilometer betragen haben, sondern 167 000 oder sogar 267 000.

Dass der Angeklagte den mutmaßlich manipulierten Tachostand kannte, war nicht nachweisbar. Zumal die Ermittlungsbeamten den direkten Vorbesitzer, der nicht im Kfz-Schein eingetragen war, nicht ermitteln konnten. Daher stellten die Juristen das Verfahren ohne Auflage ein. Der vor einigen Monaten vom Staatsanwalt verschickte Strafbefehl über 60 Tagessätze á 20 Euro, also 1200 Euro, ist damit hinfällig. Laut Einstellungsbeschluss trägt die Staatskasse die Kosten des Gerichtsverfahrens und auch die Anwaltskosten des 44-Jährigen.