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Neuer Themenweg in Untermerzbach: Stelen an markanten Stellen


Autor: Günther Geiling

Untermerzbach, Montag, 12. Mai 2014

In der Gemeinde Untermerzbach führt ein neuer Themenweg auf die Spuren der einstigen jüdischen Bevölkerung
Vorsitzende Iris Wild (rechts) und der ehemalige Vorsitzende des Trägervereins der Synagoge Hansfried Nickel (Zweiter von rechts) bei der Vorstellung der Stelen des Lehrpfades.


Die Geschichte des Fränkischen Landjudentums ist eng mit derjenigen der Schlösser und Burgen in der Region verbunden. Mit der Eröffnung des "Lehrpfades zur Geschichte des Fränkischen Landjudentums" wurde nun im Bereich der Gemeinde Untermerzbach ein weiterer Mosaikstein gesetzt, der die vergangenen Jahrhunderte und die Verhältnisse ind er Neuzeit in den Blickpunkt der Wanderer rücken soll.

Die Vorsitzende des Träger- und Fördervereins Synagoge Memmelsdorf", Iris Wild, stellte heraus, dass mit den Stelen die Geschichte der Juden in Memmelsdorf buchstäblich wieder etwas mehr Raum einnehme. Sie habe diese Art, Geschichte kennenzulernen, vor 25 Jahren zum ersten Male in Schottland gesehen und sei seitdem begeistert. An jedem noch so kleinen Ort habe es in Informationszentren Erinnerungstafeln mit knappen historischen Daten gegeben. Das habe sie neugierig gemacht.

Heimatgeschichte erfahren

"Die Stelen des Geschichtslehrpfades zum Landjudentum sind eine Verbindung zwischen der jüdischen und der nichtjüdischen Ortsgeschichte. Jeder, der an einer Stele vorbeikommt, hat die Gelegenheit, etwas über die Heimatgeschichte zu erfahren", sagte sie Die verschiedenen Informationspunkte gäben zwar immer nur ein Detail dieses Wissens mit. Aber hier ein Detail und dort noch eines - fügen sich zu einem breiteren Wissen zusammen und machten neugierig auf mehr.

Iris Wild wies darauf hin, dass das Projekt von vielen Stellen gefördert worden sei. Es sei ein Leader-Projekt der Europäischen Union, gefördert durch den Bezirk Unterfranken, dem Landkreis Haßberge und die Gemeinde Untermerzbach. Spenden wären aber auch von der Volks- und Raiffeisenbank Ebern und von der Ausstellung "Drechselwelten" gekommen.

Dritter Themenweg

Bürgermeister Helmut Dietz (SPD) ließ keinen Zweifel daran, dass die Gemeinde Untermerzbach dieses Projekt gerne unterstützt habe. Er hoffe, dass viele Interessenten deswegen in die Gemeinde kämen. Der Geschichtslehrpfad gliedere sich gut in die ersten beiden Themenwege, den Bibelweg Seßlach-Untermerzbach und den Pilgerweg von Untermerzbach nach Vierzehnheiligen ein. Er zeuge aber auch von der Geschichte der Gemeinde Memmelsdorf, in der es einmal bis zu 50 Prozent jüdische Bürger gegeben habe.

"Der Förderverein hat hier einen weiteren Mosaikstein gesetzt, und ich bin ganz sicher, dass auch die Bevölkerung diesen Weg gehen wird."

Von der Synagoge in Memmelsdorf aus begaben sich die Gäste dann auf den Lehrpfad, der zum ehemaligen Bahnhofsgelände in Memmelsdorf und dann weiter nach Wüstenwelsberg, Gereuth, Obermerzbach und Untermerzbach zurück nach Memmelsdorf führt. So liegen auf der Strecke das Schloss des Schutzherrn der Memmelsdorfer Juden in Gereuth, der jüdische Friedhof in Untermerzbach, das Schloss Untermerzbach, der sogenannte Judenhof in Untermerzbach, die Synagoge in Memmelsdorf sowie auch der jüdische Friedhof in Memmelsdorf und die so genannten Rückertsteine.

Die alte "Agentur"

Der Wanderer erfährt dabei auf Bildern und Texten auf den Stelen viel über die Geschichte. So findet man auf der Stele am ehemaligen Bahnhof in Memmelsdorf die Bedeutung dieses Ortes, der 1913 als Halt der Bahnstrecke Breitengüßbach-Dietersdorf eingerichtet wurde. Er wurde damals als "Agentur" betrieben und von einem "Agenten" vor Ort betreut. Nach Einstellung des Personenverkehrs im September 1975 wurde der Bahnhof kurz darauf geschlossen, die Strecke jedoch bis Januar 19082 für den Güterverkehr weiter betrieben.

Am Bahnhof konnte man mit Hilfe einer fahrbaren Rampe Tiere verladen. Die von Memmelsdorf aus an- oder verkauft wurden. Auch jüdische Händler vertrieben hier Rinder, Milchkühe oder Pferde - unterstützt durch nichtjüdische Viehtreiber aus dem Ort.

Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts arbeiteten nämlich bis zu 90 Prozent der Landjuden in Handelsberufen, oft auch als Viehhändler. Auch in Memmelsdorf, wo 1817 bis zu 16 jüdische Viehhändler lebten, waren dies in der Regel kleine Betriebe. Seit dem 19, Jahrhundert sank dann die Mitgliederzahl der jüdischen Gemeinde stetig. Die letzten jüdischen Viehhändler verließen Memmelsdorf dann nach dem Novemberpogrom 1938.

Während der Wanderung erhält man also viele solcher Informationen. Im Landkreis Haßberge gibt es 22 Synagogen und 7 jüdische Friedhöfe, woraus man sieht, dass das fränkische Landjudentum untrennbar mit der Heimatgeschichte und vielen Schlössern und Burgen verbunden ist. Schutzherren der Juden in Memmelsdorf waren zunächst ein Junker von Buttlar und die Herrschaft von Lichtenstein, ab 1702 Lothar von Greiffenclau auf Schloss Gereuth.