Neuer Papst weckt Hoffnungen
Autor: Katja Müller
Eltmann, Freitag, 15. März 2013
Am Mittwochabend blickten die Menschen im Landkreis Haßberge gebannt nach Rom. Jorge Mario Bergoglio wurde zum neuen Oberhaupt der katholischen Kirche ausgerufen. Mit dem Namen Franziskus verbinden Gläubige ein Programm.
Um 20.22 Uhr, zur besten Sendezeit, trat der 76-Jährige Südamerikaner Jorge Mario Bergoglio am Mittwoch erstmals als Papst Franziskus auf den Balkon des Petersdoms. Ein großer Moment - auch für die katholischen Gläubigen im Dekanat Haßberge.
Diskussion über Homophobie
Die ganze Welt schaut nun auf das neue Oberhaupt der Kirche und versucht zu erahnen, welche Schwerpunkte der Jesuit setzen wird. Auch auf Facebook entspann sich eine angeregte Diskussion um den neuen Papst, die vor allem um die Homophobie Franziskus' kreiste. Der Erzbischof von Buenos Aires hatte 2010 versucht, die Legalisierung der Homo-Ehe in Argentinien zu verhindern.
Auf Facebook äußert sich auch der fränkische Liedermacher und ehemalige evangelische Pfarrer Wolfgang Buck (Kreis Bamberg) zu dem Thema. Er rät seinen Mit-Diskutanten:
"Bleibt pragmatisch und geduldig und schaut euch an, wer sonst alles zur Wahl gestanden ist. In diesem Sinn hab' ich ihn erst mal sehr sympathisch und bescheiden und zugänglich gefunden, und ich denke, es war eine gute Wahl, die in die richtige Richtung führt. Von daher würde ich nicht das Homosexuellen-Thema als Killerkriterium nehmen. Jeder Ansatz von Öffnung und Liberalisierung ist zu begrüßen. Und so, wie man hört, war er der Kandidat der Liberalen. Von mir kriegt er einen Vertrauensvorschuss."
Südamerikanischer Nationalstolz
Die Zeilerin Maria Augusta Leisentritt stammt aus dem südamerikanischen Ecuador. Was sagt die 42-Jährige zur Wahl eines Argentiniers? "Ich bin sehr stolz und glücklich über die Wahl eines Lateinamerikaners", erzählt Leisentritt. Es gebe sehr viele Katholiken in Lateinamerika, auch sie selbst sei Katholikin. "Ich wünsche mir Frieden für die Welt", sagt sie.
Pfarrer Thomas Klemm aus der Pfarrei Eltmann hat viele Erwartungen an Franziskus - auch wenn er eigentlich mit einem Italiener als neuem Papst gerechnet hatte. Er hofft, dass es dem Kirchenoberhaupt gelingen wird, die vielen Probleme der katholischen Kirche anzupacken und zu lösen. Als Beispiele nennt er die Aufarbeitung der Missbrauchsskandale und die Weiterentwicklung der Ökumene. "Außerdem hoffe ich, dass ein Lateinamerikaner den Blick für die Weltkirche weiter öffnet", sagt Thomas Klemm.
Die Nachricht von der Papstwahl überraschte den Pfarrer auf einer Sitzung der Kirchenverwaltung. "Wir haben das Treffen dann bald beendet, damit wir die Wahl zuhause auf dem Fernseher verfolgen konnten", erzählt Klemm. Besonders habe er sich über die Namensgebung des Papstes nach dem Heiligen Franziskus von Assisi gefreut. "Das zeigt, dass er den Schwerpunkt darauf legen wird, das Bewusstsein für die Armut auf der Welt zu schärfen."
Dekan Stefan Gessner vom Dekanat Haßberge will "erst einmal abwarten", bis sich der Neue ins Amt eingefunden hat. "Er hat bestimmt auch nicht mit der Wahl gerechnet", mutmaßt Gessner. Auch bei ihm war die Überraschung groß, als er auf dem Rückweg von einer Konferenz im Radio den Namen des neuen Papstes hörte. "Man weiß relativ wenig über ihn, er stand nicht im Fokus, und sein Name war auch nicht unter den Favoriten", schildert Gessner.
Anpacken und lösen
Auch wenn Gessner seine Erwartungen zügeln will, einige Wünsche hätte er schon. So erhofft er sich vom neuen Oberhaupt der katholischen Kirche eine Auseinandersetzung mit der Rolle der Frau, mit dem Glaubensschwund und mit dem Engagement der Kirche in der Gesellschaft. "Ich weiß nicht, wie die Ökumene in Argentinien gelebt wird, aber das ist auch ein wichtiges Anliegen", meint der Dekan aus Mürsbach.
Diakon Manfred Griebel zeigt sich von der Namenswahl des Südamerikaners sehr positiv beeindruckt: "Ich bin ein großer Verehrer des Heiligen Franziskus von Assisi. Ich finde es sehr gut, das der neue Papst durch seine Namenswahl signalisiert, sich den Schwachen in unserer Gesellschaft anzunehmen. Viele Menschen ersticken in Angst und wünschen sich Liebe, Frieden und Angenommensein."
Dabei will es der Fachberater für Notfallseelsorge im Dekanat Haßberge aber auch belassen. "Es ist sehr wichtig, dem neuen Papst erst einmal Raum und Zeit zu geben und nicht mit Erwartungen zu überfrachten", sagt Griebel (Pfarrei Haßfurt).
Der neue Mann an der Spitze der katholischen Kirche habe es ohnehin nicht leicht. Deshalb sei es um so wichtiger, dass die Basis die Botschaft Jesu und der geschwisterlichen Ökumene lebe. "Je besser das unten in der Basis funktioniert, umso besser kann der Papst oben agieren", meint Griebel.
Als über dem Vatikan weißer Rauch aufstieg, führte Manfred Griebel gerade eine Gruppe Besucher durch den ökumenischen Bibelturm in Haßfurt. "Als die Glocken läuteten, wusste ich schon, dass ein neuer Papst gewählt ist." Als Griebel nach der Führung auf sein Handy schaute, warteten bereits zwölf Kurznachrichten mit "Habemus papam" auf ihn.
Dekan Jürgen Blechschmidt vom evangelischen Dekanatsbezirk Rügheim zeigte sich über die Wahl des Argentiniers Jorge Mario Bergoglio wenig erfreut. "Die Lateinamerikaner sind nicht gerade dafür bekannt, offen für die Ökumene zu sein. Ich erwarte mir vom neuen Papst keine großen Veränderungen", kommentierte der evangelische Dekan knapp. Die Wahl habe er im Fernsehen nicht live mitverfolgt, sondern das Ergebnis abgewartet. "Warum auch, ich bin evangelisch", erklärt der Pfarrer. Zum evangelischen Dekanat Rügheim gehören fast alle Kirchengemeinden im Landkreis.