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Nach Jahren endlich der passende Job


Autor: Sabine Weinbeer

Haßfurt, Donnerstag, 04. Mai 2017

Der körperbehinderte Franz-Josef Alter bewährt sich bei den Rummelsberger Diensten in Ebelsbach und Haßfurt im Büro.
Franz-Josef Alter (vorne sitzend) ist seit fast einem Jahr hochgeschätzter kaufmännischer Mitarbeiter bei den Rummelsberger Diensten. Den Weg aus der Langzeitarbeitslosigkeit ebneten der Arbeitgeber und das Jobcenter. Mit ihm freuen sich (hinten) Arbeitsvermittlerin Silvia Hofmann und der Teamleiter ambulant unterstütztes Wohnen der Rummelsberger, Timo Streng. Foto: Sabine Weinbeer


"Franz Josef Alter ist fit in allen Büroarbeiten, immer gut gelaunt und flexibel", das sagt Timo Streng von den Rummelsberger Anstalten über den neuen Mitarbeiter. Dennoch war der 56-Jährige fast 20 Jahre lang arbeitslos. Dabei ließ er sich aber nie entmutigen. Ebenso ist Arbeitsvermittlerin Silvia Hofmann vom Jobcenter Haßberge eine unverbesserliche Optimistin, und die Hartnäckigkeit der beiden führte jetzt dazu, dass der körperbehinderte Franz-Josef Alter bei den Rummelsbergern an den beiden Standorten in Ebelsbach und Haßfurt am Computer sitzt, Belege einscannt, Stundenabrechnungen macht - sich als "Mädchen für alles" bewährt.


"Hervorragender Start"

Mit der Beeinträchtigung seiner Arme wurde Franz-Josef Alter geboren, das hinderte ihn aber nicht an seiner kaufmännischen Ausbildung bei Playmobil in Fürth, wo er damals im Internat lebte. "Eine solche betriebliche Ausbildung ist natürlich ein hervorragender Start für Menschen mit Handicap", erklärt Silvia Hofmann und für Franz-Josef Alter ging es auch sehr positiv weiter. Das Heimweh führte ihn zurück in den Landkreis, bei Allmilmö in Zeil fand er eine Anstellung in der Buchhaltung - fast 20 Jahre lang bis zum Konkurs Ende der 90er Jahre.


Fleißig fortgebildet

Franz-Josef Alter wurde arbeitslos und der Weg zurück in eine feste Anstellung war ihm zunächst verwehrt. Jede Fortbildung, jede Maßnahme hat er mitgemacht. "Bitte keinen Kurs", habe er zu ihr gesagt, als sie vor zwei Jahren seine Sachbearbeiterin wurde, erzählt Silvia Hofmann. Trotz der langen Zeit der Absagen auf ungezählte Bewerbungen "überzeugte mich Herr Alter durch seine positive Einstellung, seine guten Umgangsformen. Er war immer freundlich und gepflegt, die Bewerbungsunterlagen top - nur der Arbeitsplatz hat gefehlt".
Bis Hofmann bei den Rummelsbergern anklopfte. Als Träger offener Behindertenarbeit habe man ohnehin vorgehabt, die offene Position in der Verwaltung möglichst als inklusiven Arbeitsplatz zu besetzen, so Timo Streng, der Teamleiter des ambulant unterstützten Wohnens, der Franz-Josef Alter auch begleitet.

Der hat mittlerweile einen Roller, um zu seinen Arbeitsplätzen zu kommen "außerdem habe ich alle Busverbindungen im Kopf" und wenn das Wetter ganz schlecht ist und eine Heimfahrt mit dem Roller ungesund wäre "dann findet sich jemand, der ihn fährt", erklärt Streng.

Hohe Flexibilität bescheinigt Streng dem neuen Mitarbeiter, der auch mal Protokoll führt bei den Treffen von Organisations-Teams, sich um die Abrechnung der Fachleistungsstunden oder die Addition der Kassenbelege kümmert.
Viele Instrumente hat das Jobcenter, um Langzeitarbeitslose und Arbeitgeber zu unterstützen, erklärt auch Michael Melber, Teamleiter der Marktintegration im Jobcenter. Auch im Fall von Franz-Josef Alter griff eine Förderung aus dem ESF-Bundesprogramm zum Abbau von Langzeitarbeitslosigkeit und aus den Mobilitätshilfen einen Zuschuss zum Mofa.


Praktika als Türöffner

"Wir können derzeit maßgeschneiderte Qualifizierungsmaßnahmen für den neuen Arbeitsplatz anbieten", erzählt Michael Melber, "ob es um Module des Lkw-Führerscheins oder spezielle EDV-Kenntnisse geht". Er wehrt sich auch gegen den schlechten Ruf von Praktika. Gerade für Langzeitarbeitslose mit Brüchen in den Lebensläufen oder nicht mit Prüfungen nachgewiesenen Qualifikationen sei das Praktikum "ein wichtiger Türöffner, weil man sich kennenlernt".
Angesichts der sehr guten Arbeitsmarktlage finden heute Arbeitnehmer ohne Einschränkungen recht schnell einen neuen Arbeitsplatz, auch unabhängig vom Alter, erklärt Melber.
Die Klienten von Silvia Hofmann brauchen jedoch intensive Unterstützung, denn die Langzeitarbeitslosigkeit hat ja Gründe. Viele kämpfen mit mehr als einer Beeinträchtigung, ob körperlich oder auch psychisch, die meisten haben im Gegensatz zu Franz-Josef Alter keine Berufsausbildung. "Aber wir können viele Nachteile ausgleichen, wenn Arbeitnehmer und Arbeitgeber wirklich wollen", so Hofmann.
Die Hälfte der derzeit arbeitslos gemeldeten Menschen seien schon länger als zwei Jahre "im Bezug". Wobei dieser Begriff auch die relativ hohe Zahl an "Aufstockern" beinhaltet, wie Melber erklärt. Das sind Berufstätige, die weniger verdienen als Hartz IV.


Vermittlungserfolge

Innerhalb des jetzt ausgelaufenen ESF-Programms konnte das Jobcenter Haßberge 20 Langzeitarbeitslose in Arbeit vermitteln. Durchschnittlich wurde eine Förderung von 11 000 Euro geleistet. Neun der Arbeitsplätze sind im öffentlichen Dienst, elf aber in der freien Wirtschaft angesiedelt, unter anderem im Gesundheits- und Sozialwesen und im Gastgewerbe. Natürlich ging nicht alles immer glatt, fünf Versuche wurden auch abgebrochen.
Neue Arbeitsplätze haben jetzt zwölf Männer und acht Frauen, die Hälfte älter als 54, vier sind sogar älter als 60. Sechs Integrationen gelangen sogar ohne Förderung "das Verfahren ist relativ kompliziert, so dass manche Betriebe damit zufrieden sind, einen geeigneten Mitarbeiter zu haben, und auf die relativ hohe Förderung verzichten", weiß Silvia Hofmann