Nach Ausraster auf dem Weg zur Normalität
Autor: Manfred Wagner
Haßfurt, Donnerstag, 16. Juli 2015
Glück hatte ein 37 Jahre alter Mann, der im Rausch gewütet hatte. Er kam vor dem Amtsgericht in Haßfurt mit einer Bewährungsstrafe davon. Der Angeklagte hat die Reißleine gezogen und bekommt sein Leben offenbar besser in den Griff.
Der Rechtsanwalt Jan Paulsen charakterisierte seinen auf der Anklagebank sitzenden Mandanten als typischen Problemtrinker. Der Mann (37 Jahre) musste sich vor dem Amtsgericht in Haßfurt verantworten, weil er betrunken Auto gefahren war und anschließend zuhause randaliert hatte. Als die Polizei kam, fand sie zudem eine geringe Menge Haschisch. Aufgrund einer günstigen Sozialprognose erhielt der neunfach Vorbestrafte eine weitere Chance: Fünf Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung mit Therapieauflage und einjähriger Sperre der Fahrerlaubnis lautete das Urteil, das noch nicht rechtskräftig ist.
Es war am Abend des 12. Dezember letzten Jahres, als der Angeklagte aus dem Maintal völlig die Nerven verlor und durchdrehte. Nachdem es wieder mal Zoff mit der Ehefrau gegeben hatte, setzte er sich mit 1,48 Promille hinter das Lenkrad seines Wagens und fuhr los.
Wieder zuhause angekommen, war er immer noch auf 180.
Seine Einlassung begann der gerichtlich bestellte Pflichtverteidiger mit der Feststellung, dass der verheiratete Vater von zwei Kleinkindern seit langem unter einem Alkoholproblem leide. An dem besagten Abend habe er sich wieder einmal ungerecht behandelt gefühlt und sei dann durchgedreht. Gleich nach dem Vorfall, schilderte der Advokat weiter, habe sich der Trinker freiwillig im Bezirkskrankenhaus von Werneck gemeldet und sei dort stationär aufgenommen worden.
Drei Monate in der Klinik
In der Klinik befand er sich rund drei Monate lang. Strafrichterin Ilona Conver verlas den Entlassbrief des Krankenhauses, in dem auch einige biografische Daten zur Sprache kamen. So erfuhr man, dass der Beschuldigte in einem äußerst gewalttätigen Elternhaus aufgewachsen war und dass er früher einen Suizidversuch unternommen hatte. Der Aufenthalt in der Psychiatrie selber sei sehr positiv und erfolgreich verlaufen, wurde ihm attestiert.
Abstinent und drogenfrei
Seit dem unrühmlichen Vorfall im Dezember sei der Alkoholkranke abstinent und drogenfrei, betonte der Anwalt. Nachdem sich die Eheleute wieder miteinander versöhnt hätten (seine Gattin saß als Zuhörerin in der ersten Reihe des Gerichtssaals) habe sich die familiäre Situation ebenfalls entspannt. Und auch beruflich zeichne sich eine Perspektive ab, denn der momentan Arbeitslose erhielt ein Jobangebot einer Firma.
Vor diesem Hintergrund plädierte die junge Referendarin, die als Vertretung der Staatsanwaltschaft fungierte, auf eine Bewährungsstrafe von sieben Monaten. Der Verteidiger hielt vier Monate für ausreichend. Das Urteil lag ziemlich genau in der Mitte. Neben der Auflage, die ambulante Suchttherapie nicht abzubrechen, wird dem Verurteilten ein Bewährungshelfer an die Seite gestellt; er erhält vor Ablauf eines Jahres keine neue Fahrerlaubnis, und er muss 800 Euro an das Jugendheim in Pfaffendort bezahlen.