Druckartikel: Modelle für das richtige Bauen im Steigerwald

Modelle für das richtige Bauen im Steigerwald


Autor: Sabine Weinbeer

Oberaurach, Montag, 16. November 2015

Wie können Bauherren das Thema Energieverbrauch angehen - bei Sanierungen oder Neubauten, oder wenn sie das Thema "Bauen" vielleicht ganz neu definieren wollen? Etliche Möglichkeiten zeigte die Energietour auf, zu der die ILE-Managerin der "Lebensregion +" (ILE Süd) Ulla Schmidt und Energieberater Günter Lieberth am Samstag eingeladen hatten. Gebündelte Information gab es von Bauherren, Architekt und Energieberater.
Alles durchdacht, alles ökologisch, alles handgemacht: Günter Lutz erläuterte auf der Energietour das Konzept des Hummelhofs, den er gemeinsam mit seinen Söhnen in den 90er Jahren zwischen Trossenfurt und Hummelmarter errichtete. Die Gaststätte besticht zu jeder Jahreszeit durch ihre besondere Atmosphäre.


Der Hummelhof in Oberaurach zwischen Trossenfurt und Hummelmarter fällt als Bauwerk aus dem Rahmen - genau das wünscht sich Eigentümer Günter Lutz von Architekten, Planern und Politikern viel öfter. Er hat lange nach geeigneten Grundstücken gesucht, das richtige dann mit dem ehemaligen Steinbruchgelände im Steigerwald gefunden. Die Gebäude seines Gastronomie-Betriebes hat er der Geländeform angepasst und gemeinsam mit der ganzen Familie in den Jahren 1991 und 1992 eigenhändig errichtet - aus Holz und Naturstein, viel davon aus Abbruchgebäuden, wie auch die verbauten Ziegelsteine. Möbel und Fenster sind alle selbst geschreinert, und auch beim Bewuchs für das Gründach hat er sich ganz auf die Eigendynamik der umgebenden Natur eingelassen.



Hervorragendes Raumklima

Die Wände sind im Stroh-Lehmbau entstanden und zeichnen sich bis heute durch ein hervorragendes Raumklima aus. "Und da hält auch jeder Dübel drin", erklärte Lutz. Früher, als in der Gastwirtschaft noch geraucht wurde, waren viele Gäste überrascht, dass es schon einen Tag nach dem Hauptbetrieb "gar nicht nach Wirtschaft gerochen hat".

Zudem sei ökologisches Bauen sehr preiswert, erklärte er. "Der Lehm hat mich zwei Kästen Bier gekostet, der stammt von einem Aushub für einen Neubau, teurer war das ökologische Stroh".

Viel mehr Eigenleistung als die meisten Bauherren bringen können, haben Günther Lutz und seine Söhne in den Bau gesteckt, doch viele der grundsätzlichen Überlegungen sind für Bauwillige auf jeden Fall hilfreich, wie die Ausrichtung des Hauptdachs nach Süden und natürlich die Frage der Heizung. Lutz gelang es, eine Photovoltaikanlage auf seinem Grundstück so anzubringen, dass sie für den Gast unsichtbar ist. Am Wochenende, wenn die Küche auf Hochbetrieb läuft, sorgt eine Kraft-Wärme-Kopplungsanlage, also ein Diesel-Motor, für Strom und Wärme. Aus dem Warmwasserspeicher "können wir noch mindestens zwei, im Sommer vier Tage lang duschen", so Lutz. Ergänzend hat das Anwesen eine Holzheizung.


Das alte Brauhaus ist ein Schmuckstück

Keine handwerkliche Eigenleistung konnte Olaf Ernst einbringen, der in Untersteinbach das dem Verfall preis gegebene alte Brauhaus zum Bürohaus mit Ferienwohnungen umbaute. Doch Arbeit hatte auch er genug, das Baudenkmal war nämlich über Jahrzehnte als Lagerraum und Müllhalde missbraucht worden. Zwischen dem Schutt fand sich aber manches "Schätzchen", das heute mit ganz neuem Zweck in der Einrichtung auftaucht. Die Besucher zeigten sich beeindruckt, wie es gelang, den Industriecharakter des Gebäudes zu erhalten, darin moderne Büro-Arbeitsplätze und behagliche Ferienwohnungen einzubauen.

Ernst erläuterte auch, wie der Weg durch die Instanzen bezüglich der Förderung war. Aus energetischer Sicht war am Denkmal keine Außendämmung möglich, die Wände wurden von innen isoliert. Die historischen Fenster sind nur noch Verblendungen, dahinter liegen Isolierfenster. Über die Heizung habe er lange nachgedacht und mit vielen Fachleuten und Hausbesitzern gesprochen, berichtete Olaf Ernst. Eine Variante scheiterte an den Gegebenheiten des historischen Gebäudes, einer anderen traute er keinen störungsfreien Betrieb zu, und so steht im Keller nun ein Brennwertkessel, der klassisch mit Heizöl betrieben wird.


Dämmung und neue Fenster bringen 70 Prozent bessere Werte

Im Schulhaus in Untersteinbach erwartete Architekt Jürgen Bergmann die interessierte Teilnehmergruppe, zu der auch die ILE-Bürgermeister Matthias Bäuerlein (Rauhenebrach), Thomas Sechser (Oberaurach) und Karl-Heinz Kandler (Kirchlauter) gehörten. Die Schule ist ein typischer 70er-Jahre-Betonbau. Von der Bausubstanz her wesentlich besser als andere Gebäude aus dieser Zeit, aber "energetisch eine Katastrophe", so Bergmann. Die Dämmung der Fassade und die Erneuerung der Fenster verbesserten die Werte des Hauses um rund 70 Prozent. 20 Prozent Kosten spart die Gemeinde allein durch den Wechsel des Heizmaterials von Öl zu Hackschnitzeln - den geringeren Verbrauch durch die bessere Gebäudehülle gar nicht eingerechnet. Die alte Heizung musste jährlich mit 25 000 Litern Heizöl "gefüttert" werden.

Hier in der Schule ging es auch um Grundsätzliches. Vieles von dem, was schon Günther Lutz angesprochen hatte, bestätigte der Architekt: Eine fundierte Planung, die alle Gewerke des Baus und die Folgekosten im Auge hat, werde leider oft vernachlässigt, "dabei kann man nirgends so viel Geld sparen wie durch die Planung", sagte Bergmann. Die Gebäudeausrichtung, die Beschattung, ein kompakter Baukörper, innen dann die Anordnung der Räume, ein Dämmkonzept und eine durchdachte Heizung, das seien die Wege hin zum extrem niedrigen Energieverbrauch oder gar zum Passivhaus.


Große Vielfalt an Förderprogrammen

Zum Abschluss der Energietour stellte der Energieberater des Landkreises, Günter Lieberth, die aktuellen Fördermittel für energieeffiziente Wohngebäude-Sanierungen vor. Die staatlichen Förderprogramme seien derzeit so gut und aufeinander abgestimmt, wie lange nicht mehr. Dies sei auch notwendig, um möglichst viele Eigenheim-Besitzer für die Investition in ihre Gebäuden zu motivieren.

Die dadurch künftig erzielten Energieeinsparungen dienten nicht nur dem eigenen Geldbeutel, sondern tragen mit zum Erreichen der internationalen Klimaziele bei. Die Konzentration der gefährlichen Treibhausgase in der Atmosphäre habe 2014 einen historischen Höchststand erreicht und im Frühjahr 2015 sogar erstmals die 400 ppm-Marke (Teilchen CO2 pro eine Million in der Erdhülle) überschritten.#

Unterstützung in Form von zinsgünstigen Krediten oder auch Investitions-Zuschüssen von der KfW gibt es sowohl für Einzelmaßnahmen als auch für Komplettsanierungen. Bei einer Heizungserneuerung kommt das BAFA (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle) ins Spiel. Dort wurden in den letzten Monaten die Zuschüsse für etwa neue Holzpellets-Heizungen und Solarthermie-Anlagen nochmals deutlich erhöht, ebenso wie bei der KfW die Konditionen für Effizienzhaus-Sanierungen noch attraktiver wurden.


Das "10 000-Häuser-Programm" ist gestartet

Am 15. September startete dann zusätzlich das "10 000-Häuser-Programm" (Heizungstausch oder EnergieSystemHaus). Die Programme seien kombinierbar, doch sei es wichtig, im Vorfeld einen für die Förderprogramme anerkannten Energieberater einzuschalten, um die Programme auszuwählen und die Anträge vor Auftragserteilung an die Handwerker zu erstellen.

Unterstützt werden die Bürger durch die im Umweltbildungszentrum (Ubiz) in Oberschleichach angesiedelte Energieberatung im Landkreis Haßberge, die mit einer persönlichen Erstinfoberatung sowohl im Ubiz als auch bei monatlichen Terminen in Ebern, Haßfurt, Hofheim oder Zeil hilft. Dort gibt es eine Liste mit anerkannten Energieeffizienz-Experten im Landkreis für die jeweiligen Förderprogramme. Der Energieberater des Landkreises ist dort telefonisch unter der Nummer 09529/922213 erreichbar.