Druckartikel: Mit 90 Jahren immer noch ein Gedächtnis-Genie

Mit 90 Jahren immer noch ein Gedächtnis-Genie


Autor: Ralf Kestel

Pfarrweisach, Mittwoch, 15. März 2017

In Pfarrweisach feierte am Mittwoch ein bemerkenswerter mann seinen 90. Geburtstag; Herbert Lang - ein Flüchtling aus dem Böhmerland.
Landrats-Stellvertreter Oskar Ebert überbrachte Herbert Lang beste Glückwünsche zum 90. Geburtstag. Foto: Ralf Kestel


So ein "gesegnetes Alter" wünscht sich jeder und Herbert Lang klopft auf den Holztisch, als es ihm die vielen Besucher bewusst machen, die sich am Mittwoch die Klinke in der Ringstraße in die Hand geben, um ihm zum 90. Geburtstag zu gratulieren.

Der Mann ist ein Phänomen. Ein Hammer-Gedächtnis trotz des Alters. Ein Beispiel gefällig? "Mit dem Hausbau haben wir am 18. April 1963 begonnen, am 18. Oktober sind wir eingezogen", erzählt Lang über das Zwei-Familien-Haus, wo er jetzt noch zusammen mit der Tochter Renate Krell und deren Familie lebt. "Die 26 Stufen bis nach oben schaff' ich locker" - trotz eines Knieproblems zuletzt.

Lang stammt aus Böhmen. 1946 hatte er zusammen mit seiner Mutter eine halbe Stunde Zeit gehabt, um die wichtigsten Sachen zusammen zu packen. "50 Kilo haben die Tschechen pro Mann erlaubt."

Erst ging's in ein Lager, wo ein Transport in Richtung Bayern zusammengestellt wurde. "30 Personen in einem Viehwaggon."


Erst Fierst, dann Kirchlauter

Gelandet sind die Langs zunächst im Lager Fierst, ehe es nach Kirchlauter ging. Über die Arbeitsjugend kam Herbert Lang nach Lohr, wo er in der Land- und Forstwirtschaft eingesetzt wurde und dabei auch seine Ehefrau kennenlernte, die aus dem Böhmerwald stammte.

"Geheiratet wurde am 28. November 1958 standesamtlich, einen Tag später in der Kirche bei Pfarrer Neubauer." Der Jubilar hat die Daten alle im Kopf parat. Kann man seinen Kopf, sein Gedächtnis so trainieren? Ein Geheim- oder Patentrezept kennt er nicht, aber Tochter Renate gibt einen Hinweis: "Er liest jeden Tag seine Zeitung - den FT - ganz genau. Und schaut sich auch mehrere Nachrichtensendungen im Fernsehen an. Und am Abend macht er sich dazu seine Aufzeichnungen und hält auch seine Meinung zu bestimmten Themen handschriftlich fest." Ein Tagebuch-Autor im hohen Alter. "Er hat so eine schöne Schrift", schwärmt die Tochter..

Klar, dass so ein Mann ein gefragter Helfer in Vereinen war. Außer seinen 35 Jahren bei Kugelfischer in Ebern ("Da hab ich von der großen Einstellungswelle profitiert") als Werksfahrer im Nah- und Fernverkehr war Lang auch sonst viel unterwegs: Als Trompeter bei der Weisachtaler Blasmusik in Maroldsweisach ("Mein erster Dirigent war Oberlehrer Krämer") und der Kirchenmusik in Lohr und Pfarrweisach war er auch sonst noch vielseitig aktiv, wovon etliche Auszeichnungen zeugen: Ehrenmitglied beim VdK-Ortsverband, Ehrenmitglied bei der Soldatenkameradschaft und bei der Sudetendeutschen Landsmannschaft. Dazu Mitglied bei der IG Metall, beim Caritasverein, beim Obst- und Gartenbauverein, beim Roten Kreuz. Ob er einen Verein vergessen hat? "Ich glaube nicht", lautet die Antwort. Man glaubt es ihm.

Neben Tochter Renate und Sohn Manfred Lang samt Familien gratulierten fünf Enkeltöchter und drei Urenkel. Dazu auch stellvertretender Landrat Oskar Ebert (Freie Wähler) und Bürgermeister Ralf Nowak (ULB).