Mehr Kiesabbau in Sand? Noch ist's offen
Autor: Andreas Lösch
Sand am Main, Sonntag, 30. Oktober 2016
Ein Unternehmen will in Sand und Zeil auf erweitertem Areal Bodenschätze ausbeuten. Die beiden Kommunen versuchen es zu verhindern.
Ein Damm als Hochwasserschutz für den Sander Ortsteil Wörth? Das reicht nicht aus, urteilt Frank Pilhofer. Er ist beim Wasserwirtschaftsamt Bad Kissingen (WWA) zuständig für den Kreis Haßberge. In der Gemeinde Sand will eine Firma die Abbaufläche "Nordöstlich Sand am Main" erweitern, um an mehr Kies und Sand zu kommen.
Besagter etwa 1,60 Meter hohe Damm soll dann gebaut werden, um 360 Menschen im hochwasserbedrohten Ortsteil Wörth vor möglichen zusätzlichen Überflutungen zu schützen. Das Wasserwirtschaftsamt hat in seiner Stellungnahme gegenüber dem Bergamt Nordbayern, das über die Flächenerweiterung entscheidet, klar gemacht: Was der Antragsteller als Lösung anbietet, ist unzureichend.
Wer kümmert sich um den Damm?
Der Damm müsse über einen viel längeren Zeitraum instandgehalten werden, als dort Sand und Kies abgebaut werden könne. Ob sich das Unternehmen dann noch um den Damm kümmert? Früher oder später bleibt das wohl an der Gemeinde hängen. Das sei zu wenig, sagt Pilhofer. "Sie müssen sich eine andere Lösung überlegen." Womit es jedoch schwierig werden dürfte, erklärt der Experte. Das Amt sieht nämlich auch in Bezug auf kleinere Hochwasser Probleme. Hier seien landwirtschaftliche Schäden zu erwarten, unabhängig von einem Damm. Die geplante Flächenerweiterung wird also problematisch, denn unzureichender Hochwasserschutz "ist eigentlich ein K.o.-Kriterium", sagt Pilhofer.Für Bürgermeister Bernhard Ruß (SPD) ist die Sache klar: Die Gemeinde Sand hat sich in der Vergangenheit nie quer gestellt, wenn es darum ging, Flächen "für überörtliche Einrichtungen" zur Verfügung zu stellen. Aber es gibt Grenzen, sagt Ruß. Nicht nur er sagt das, auch der gesamte Gemeinderat und viele Bürger sind sich einig: Noch mehr Sand und Kies braucht's nicht. Ein klares "Nein" also zum Vorhaben der Firma Sand- und Kieswerke Dotterweich.
Auch die Stadt Zeil, die teilweise von der Flächenerweiterung betroffen ist, hat sich gegen das Vorhaben ausgesprochen. Beide Kommunen stellten zudem klar, keine der gemeindlichen Flächen in dem Gebiet an die Firma verkaufen zu wollen. Einige der Privatgrundbesitzer dort haben das ebenfalls erklärt.
Nicht aus einer simplen Laune heraus habe man sich so positioniert, betont Ruß. Sondern weil es hier vor allem um Hochwasserschutz geht - und damit einhergehend um die Lebensqualität zahlreicher Bürger. Wäre Sand der einzige Ort auf der Welt, an dem Sand- und Kiesabbau möglich wäre, vermutlich ließe Ruß dann mit sich reden. Aber er sieht hier die Profit-Interessen eines einzelnen Unternehmens gegen die Belange etlicher Bürger stehen. Ein Unternehmer sagt, er wolle Geld verdienen, "aber andere sollen dafür hinter einem Damm wohnen", sagt er. "Die Interessen der Leute, die hinter dem Damm leben müssen, sind höher einzuschätzen seitens der Gemeinde." Ruß erklärt zum Stand der Dinge, dass das Bergamt Nordbayern einen Erörterungstermin festsetzen wird, an dem sich alle Beteiligten erneut äußern könnten, und im Nachgang treffe das Amt die Entscheidung.
Heike Hampl, Pressesprecherin im der Regierung von Oberfranken angegliederten Bergamt, bestätigt das. "Derzeit werden die eingegangenen Stellungnahmen zur Vorbereitung des Erörterungstermins ausgewertet", erklärt sie. "Dieser Termin allerdings steht noch nicht fest. " Eine Entscheidung über den Antrag werde danach getroffen. "Das Bergamt Nordbayern geht davon aus, dass in etwa drei Monaten mehr zur Sache feststeht."
"Öffentliches Interesse"
Warum überhaupt kommt es zu diesem aufwendigen Verfahren? Nicht immer hat man als Kommune die Entscheidungsgewalt über sein Territorium. Nämlich dann nicht, wenn in einer Sache "öffentliches Interesse" besteht. Ein weit gefächerter Begriff, der sich im Fall der Gemeinde Sand auf die Ausbeutung von Bodenschätzen bezieht, hier: Sand und Kies. Weil diese Materialien etwa im Straßenbau vielfach benötigt werden, aber in entsprechender Qualität nur in bestimmten Gebieten vorkommen, kann also eine übergeordnete Behörde eine Ausbeutung der Bodenschätze genehmigen, auch wenn sich die Kommune und ihre Bürger dagegen aussprechen. Das geht aus dem Rahmenbetriebsplan für die geplante Erweiterung des Sandabbaus "Nordöstlich Sand am Main" hervor, den die "Planungsgruppe Strunz Ingenieur GmbH" erstellt hat und der auf der Homepage der Regierung von Oberfranken einsehbar ist. "Die Sand- und Kiesgewinnung bildet für die Bauwirtschaft eine wichtige Rohstoffgrundlage", heißt es darin. "Die Sicherung der Versorgung mit oberflächennahen Rohstoffen sowie die Ordnung und Koordinierung der Rohstoffgewinnung liegen daher im öffentlichen Interesse." Die Firma Sand- und Kieswerke Dotterweich beabsichtigt, das bereits bestehende Abbaugebiet zu erweitern. Weil das Gebiet außerhalb der "im Regionalplan Main-Rhön ausgewiesenen Vorrang- oder Vorbehaltsgebiet zur Gewinnung und Sicherung von Bodenschätzen" liegt, ist ein sogenanntes Raumordnungsverfahren nötig, um auf der entsprechenden Fläche den Rohstoffabbau zu ermöglichen.
Das ganze Prozedere kann bei Grundstücksfragen letztlich bis hin zu Enteignungen führen, was im vorliegenden Fall aber wohl keine Rolle spielen dürfte (nach Einschätzung des Sander Bürgermeisters und anderer am Verfahren beteiligter Personen).