Druckartikel: Linus feiert Weihnachten daheim bei der Familie

Linus feiert Weihnachten daheim bei der Familie


Autor: Ralf Kestel

Rentweinsdorf, Sonntag, 23. Dezember 2012

Nach der Knochenmarkspende im Juni besucht der Neunjährige aus Rentweinsdorf wieder sporadisch die Schule, ist aber körperlich noch sehr geschwächt. Bei der Aktion kam die Rekord-Spendensumme von über 240.000 Euro zusammen. Bei der Typisierung in Ebern fanden sich schon sechs Knochenmarkspender für andere Leukämiekranke.
Verhaltenes Lächeln: Mit Linus geht es bergauf. Ein Bild aus der letzten Woche, das seine Mutter unserer Zeitung freundlicherweise zur Verfügung stellte. Foto: pr


Klar, alle Kinder freuen sich auf Weihnachten und die Bescherung am Heiligabend. Einem wird aber ein besonderes Geschenk zuteil: Nach Monaten in der Kinderklinik in Erlangen begeht der neunjährige Linus das Fest im Kreise seiner Familie im Haus in Rentweinsdorf, unweit der Dreieinigkeitskirche.

Vor über einem Jahr wurde bei dem lebenslustigen Jungen nach einem Schwächeanfall beim Training in der Grundschulfördergruppe der Brose Baskets eine vernichtende Diagnose gestellt: Leukämie, Blutkrebs.


Ein Familienleben komplett verändert

Von einem Tag auf den anderen war der Alltag einer Familie auf den Kopf gestellt. Linus musste sofort in die Spezialklinik. Für Eltern und Freundeskreis begann eine Phase des Bangens und Hoffens. Der Vater, ein selbstständiger Handwerker mit Firmensitz im Landkreis Bamberg, die Mutter, Lehrerin an einer Schule in Ebern, sahen sich mit ganz neuen Herausforderungen konfrontiert.

Über die Deutsche Knochenmarkspenderdatei in Tübingen und einem großen und engagierten Freundeskreis wurde das Schicksal Anfang Februar bekannt gemacht und binnen weniger Wochen eine spektakuläre Aktion durchgeführt, die in ganz Franken eine Welle der Hilfsbereitschaft auslöste.

"Linus freut sich ganz besonders auf Weihnachten, da er sämtliche Familienfeierlichkeiten in diesem Jahr verpasst hat", berichtete seine Mutter unserer Zeitung. Seit August ist der Grundschüler nach mehreren Chemotherapien und einer Knochenmarkspende Anfang Juni wieder regelmäßig daheim.


Körper reagiert auf Behandlung

Nach schlimmen Wochen der Ungewissheit, ob die Therapie Wirkung zeigt, in denen Linus völlig abgeschottet in einem keimfreien Zelt liegen musste, ging's aufwärts. Linus' Körper hat auf die fremden Stammzellen eines Spenders aus Kanada reagiert und begann, selbstständig neue Blutzellen zu produzieren.

Doch von Normalität kann auch jetzt, Monate später, keine Rede sein. "Nach wie vor muss er viele Medikamente nehmen, die viele Nebenwirkungen mit sich bringen. Sein Zustand ist immer noch nicht stabil, er bekommt auch immer noch Medikamente gegen die Abstoßung, die allerdings auch sein Immunsystem unterdrücken, deshalb muss er sich nach wie vor vor Viren und Bakterien schützen. Er darf immer noch nicht alles essen und muss Tieren meiden", teilte seine Mutter mit. Deshalb begegnet man Linus in Rentweinsdorf und Ebern meist auch nur mit Mundschutz.

Jede kleinste Anstrengung sei ein unglaublicher Kraftakt. "Wenn er mehr als 300 Meter läuft, wird's ihm schlecht." Am schwierigsten sei es, Gewicht zuzulegen, er wiegt mit neun Jahren gerade mal 19 Kilo.
Die Mutter: "Jede Woche gehen wir nach Erlangen zur Blutuntersuchung, ca. alle fünf Wochen bekommt er eine Bluttransfusion, da der HB-Wert dann fällt aufgrund des Chemo- medikamentes, das er noch Monate einnehmen muss." Linus geht ab und zu zur Schule. "Immer, wenn es ihm gut geht, für zwei bis drei Stunden in den Hauptfächern", schildert die Mutter den Alltag.


Immer wieder auch Lichtblicke

Doch es gibt immer wieder auch Lichtblicke, die den kleinen Patienten erfreuen: "Wir haben überraschenderweise eine nette Karte des Spenders aus Kanada bekommen, mit vielen guten Wünschen, natürlich anonym, es gibt ja eine Sperre von zwei Jahren, die eine Kontaktaufnahme verhindert, der Austausch der Karten läuft über die jeweiligen Kliniken und das Knochenmarkspender-Zentralregister", erzählt die Mutter, die noch eine Erfolgsmeldung parat hat.

Bei der Typisierungsaktion Anfang März hatten sich 6476 Spender Blut abnehmen lassen. Die zweitgrößte Aktion, die bisher überhaupt in Deutschland stattgefunden hat.

Aus diesem Teilnehmerkreis haben die Mediziner der Deutschen Knochenmarkspenderdatei (DKMS) mittlerweile mehrere potenzielle Spender für andere Leukämiekranke ermittelt und sechs Stammzellenentnahmen haben auch schon stattgefunden.
Die Spender, die sich bei der Riesenaktion in Ebern, die als "Welle der Hilfsbereitschaft" in die Geschichte der Kleinstadt eingehen wird, typisieren ließen, stammen unter anderem aus Untersteinbach, Bamberg, Nürnberg, Hirschaid und Treinfeld - also auch aus der Heimatgemeinde von Linus.

"Noch immer gehen Spenden auf dem DKMS-Konto ein", weiß die Linus-Mutter. "Erst letzte Woche hat ein Bamberger, sämtliche Geschenke zu seinem 60. Geburtstag der Linusaktion gewidmet."
240.172 Euro waren bis zum Freitag vor dem vierten Advent auf dem Spendenkonto der Aktion "Helft Linus und anderen" eingegangen.