Druckartikel: Lehrpfad führt in die Geschichte der Juden

Lehrpfad führt in die Geschichte der Juden


Autor: Ralf Kestel

Memmelsdorf, Dienstag, 11. Juni 2013

Auch mit Zuschüssen aus Brüssel und München wird rund um die Memmelsdorfer Synagoge ein Informations-Rundkurs zur Geschichte der Landjuden in Franken angelegt. Damit erhält das bestehende Museum fünf Außenstationen, die angelaufen werden können.
Hansfried Nickel erläutert das Projekt des Lehrpfades zur Geschichte der Landjuden in Franken, das über bestehende Wanderwege führt und durch fünf Informationstafeln markiert wird. Foto: Ralf Kestel


Die nächste Attraktion, auf der (Heimat)-Geschichte erleb- und greifbar wird: Ab Oktober gelingt rund um die Synagoge Memmelsdorf der Sprung zurück in die Geschichte des fränkischen Landjudentums. Der erste, kleine Schritt dazu erfolgte am Dienstag mit der Übergabe des Förderbescheids. Ein längerer Marsch wird nach Fertigstellung des 14 Kilometer langen "Lehrpfades zur Geschichte des fränkischen Landjudentums" möglich, der unter Regie des Träger- und Fördervereins der Synagoge, die als der Start- und Informationsstützpunkt dient, eingerichtet. Anlaufpunkte sind dabei fünf Metall-Stelen, die unterschiedliche Kapitel des jüdischen Landlebens beleuchten.

Der Rundgang führt zum Teil über Rückert- und Bibelweg, bietet auch Einkehrmöglichkeiten und wird mit einem extra Symbol markiert, wie Hansfried Nickel, der Trägervereins-Vorsitzende, erläuterte.

"Uns gelingt damit, die Erweiterung des Museums nach außen", freute sich der Judenkenner, selbst Protestant, der seit 2009 mit dieser Idee über die Fluren streifte. Das dabei entstandene, schlüssige Konzept stieß auf offene Ohren bei vielen Zuschussgebern.

Der größte Anteil des 36 000-Euro-Projektes kommt dabei aus EU-Leadermitteln. Was nur logisch ist, handelt es sich doch um ein Vorhaben, das der Völkerverständigung und der Toleranz unter den unterschiedlichen Kulturen gewidmet ist, wie der Leader-Manager Wolfgang Fuchs vom Amt für Landwirtschaft und Forsten in Bad Neustadt bei der Übergabe des Förderbescheids herausstellte. "Das Judentum ist ein Bestandteil fränkischer Kultur und Sprache, auch wenn sich viele zwischenzeitlich davon reflexartig zurückgezogen haben."

Nicht so in Memmelsdorf, wie Bürgermeister Helmut Dietz (SPD) aus eigener Erfahrung weiß. "Das trifft besonders hier in der Judengasse zu, wo die Leute offen und frei mit der Thematik umgehen, obwohl es in so manchem Haus noch Generationen gibt, die noch unmittelbare Beziehung zur Geschichte haben", versicherte Dietz gegenüber unserer Zeitung,.

Und auch Hansfried Nickel sieht Synagoge und Trägerverein im Ort "bestens integriert". Irgendwelche Schmierereien oder Zerstörungen habe es nie gegeben.

Rund 30 Gruppen und 1000 Besucher verzeichnet die Synagoge im Jahr, listete Nickel auf, der nach 20 Jahren als Vorsitzender aufhören will, aber auch schon eine Nachfolgerin (Iris Wild aus Baunach) parat hat. Durch den Bibelweg, der durch den Ort führt, sei ein spürbarer Zuwachs zu verzeichnen. Weitere Impulse erhofft er sich durch den Juden-Lehrpfad, der auch mit dem Burgen-Lehrpfad verknüpft werden soll. "Das vielfältige Leben der Landjuden geht ja auf die Reichsritter als Schutzherren zurück. Schloss, Kirche und Synagoge zeichneten einen starken Adligen erst aus."


Die Stelen-Standorte

Synagoge Museum und Informationszentrum Memmelsdorf.

Bahnhof Memmelsdorf Von dort erfolgte ab 1913 die Verladung der Tiere der Viehhändler unter den über 200 Juden, die Ende des 19. Jahrhunderts in Memmelsdorf überliefert sind.

Rückert-Stele Wird vor Wüstenwelsberg am Abzweig des Rückertweges errichtet. Der Poet widmete sich in mehreren Gedichten dem Judentum und bestellte über den Tuchhandel eines Memmelsdorfer Juden den Stoff für seinen Hochzeitsfrack in Coburg, weil der Händler einen Begehungsschein für die Vestestadt hatte.

Schloss Gereuth Dort lebten die Schutzherren der Memmelsdorfer Juden. Im Jahr 1815 kaufte der Finanzjude Hirsch das Schloss und erlangte die Patrimonialherrschaft. Das bedeutet, dass der Jude auch die Gerichtsbarkeit ausgeübt hat.

Judenfriedhof Von 1841 bis 1940 war Memmelsdorf die Begräbnisstätte der Untermerzbacher Juden und bis 1878 auch der Coburger Juden.