Landtagswahl: Enttäuschung macht sich breit
Autor: Klaus Schmitt
LKR Haßberge, Sonntag, 15. Sept. 2013
Nach der Wahl macht sich im Landkreis Haßberge vielfach Enttäuschung breit. Mancher hatte sich ein besseres Ergebnis erhofft, manche wünschen sich kritischere Wähler. Ein Streifzug am Wahlabend.
Matthias Lewin ist enttäuscht
Matthias Lewin (Die Grünen): "Niederschmetternd" findet Matthias Lewin das Ergebnis der Landtagswahl. Der Direktkandidat von Bündnis 90/Die Grünen hatte keine Chance gegen den CSU-Bewerber und Gewinner des Direktmandats, Steffen Vogel. Dass die Grünen so schwach abschneiden, "hätte ich nicht gedacht", gestand der Knetzgauer am gestrigen Wahlabend.
Den Wahlerfolg der CSU in dieser Höhe hat der 48-Jährige "nicht für möglich gehalten". Lewin ging vor der Wahl davon aus, dass seine Partei weitaus erfolgreicher abschneiden würde. "Ich habe uns im zweistelligen Bereich gesehen." Woran hat es gelegen, dass die Grünen nicht mehr erreicht haben? Möglicherweise haben die Grünen, meint Lewin, auf die "falschen Themen" gesetzt oder solche Themen in den Vordergrund geschoben, die die Wähler als weniger wichtig erachtet haben.
Freie Wähler haben sich mehr erwartet
Sabine Weinbeer (Freie Wähler): Realistisch schätzt Sabine Weinbeer, Bezirksvorstandsmitglied der Freien Wähler, das Ergebnis der Landtagswahlen ein. Mit 8,5 Prozent habe sie für die Freien Wähler gerechnet, sagte die Kreisrätin aus Unterschleichach gestern Abend, jetzt liege ihre Wählergruppen bei 8,6 Prozent. "Mehr wäre schön gewesen", meint sie.
Das deutliche CSU-Resultat sieht sie "sehr ambivalent". Sie ist, erklärt sie mit Blick auf die vielen Verfehlungen der Union in der Vergangenheit, "enttäuscht, wie unkritisch der bayerische Wähler ist". Die Freien Wähler wollen nach ihren Angaben ihre Arbeit "fortführen, wie wir sie bisher gemacht haben." Das heißt vor allem: die Stärkung des ländlichen Raums, flächendeckende DSL-Versorgung und Ankämpfen gegen die Landflucht (Stichwort demografische Entwicklung). Sie geht davon aus, dass die FW die beiden Sitze für Unterfranken im Landtag behalten.
Die Linke setzt jetzt auf Berlin
Joachim Reitz (Linke): Zum Ausgang der Landtagswahlen erklärt der Vorsitzende des Linken Bündnisses Haßberge und ehemaliges Mitglied des Landesvorstandes der Linken, Joachim Reitz aus Eltmann: "Ernüchtert muss ich feststellen, die bayerische Linke konnte die Wählerinnen und Wähler weder inhaltlich noch personell bei der Landtagswahl von sich überzeugen und muss daher zurecht diese bittere Wahlniederlage zur bayerischen Landtagswahl einstecken.
Bei der Bundestagswahl nächste Woche jedoch sind die Forderungen nach zehn Euro Mindestlohn, Rücknahme der Rente mit 67 und dem Truppenabzug aus Afghanistan fest in der Mitte der Bevölkerung verankert. Außerdem genießen unsere Spitzenkandidaten wie zum Beispiel Gregor Gysi, Dietmar Bartsch sowie unsere Parteivorsitzende Katja Kipping eine positive Ausstrahlung in die Wählerschaft, so dass Bayern einen guten Anteil zum Überspringen der Fünf-Prozent-Hürde im Bund beitragen wird."
Matthias Kihn hofft noch
Matthias Kihn (SPD): Nach München zieht's ihn sowieso, weil er dort als Lehrer an einer Mittelschule unterrichtet. Ob's für ihn zu einem Einzug in den Landtag über die SPD-Liste reicht, vermochte der Mellrichstadter, der in dieser Woche 32 Jahre alt wurde, gestern Abend noch nicht zu sagen. "Das hängt ja mit dem Unterfranken-Ergebnis der SPD zusammen und das erfahren die Kandidaten erst am Dienstag." Ansonsten ist Kihn vom "Gesamtergebnis enttäuscht, mit dem persönlichen Abschneiden einigermaßen zufrieden". Der SPD-Kandidat: "Bis vor einem Jahr war ich den Haßbergen ja noch völlig unbekannt. Ich hatte an unseren Info-Ständen und bei Hausbesuchen aber ein noch besseres Gefühl, dass die Leute offen sind für unsere Ideen." Und so herrschte bei einer Wahlparty seines Ortsvereins in Mellrichstadt getrübte Stimmung, die sich aber nach zwei Stunden doch etwas löste: "Schließlich konnte ich zulegen und doch so um die 10 000 Stimmen einsammeln. Überrascht hat mich das schlechte Abschneiden der beiden anderen Oppositionsparteien." Über eine erneute Kandidatur mochte sich der 32-jährige Kihn gestern Abend nicht äußern. "Das entscheidet sowieso die Partei." RK
Kurt Sieber ist bitter enttäuscht
Kurt Siebert (FDP): Ihm blieb die Sprache weg, als er die ersten Hochrechnungen sah. Nach den Umfrageergebnissen war ihm bereits klar, dass es knapp wird. Aber dass es so ausgeht, hatte er nicht gedacht. In seiner Heimatstadt Königsberg beispielsweise bei den Erststimmen 3,71, bei den Zweitstimmen 2,84 Prozent. "Es ist mir ein großes Rätsel, warum Leistung von den Wählern nicht honoriert wird", sagt der amtierende Kreisrat. "Wir sind nicht belohnt worden für die Dinge, die wir erarbeitet haben." Der Königsberger war früher selbst von 1978 bis 1982 Landtagsabgeordneter. "Ich weiß, wie schwer es ist, sich gegen einen großen Partner durchzusetzen. Und ich weiß, wie Entscheidungen fallen und wie hart man dafür arbeiten muss." Das mache ihn persönlich betroffen. "Das tut weh." Sieber sieht die FDP als einen Politik-Partner, der modern, liberal und aufgeschlossen handelt. "Es ist bitter zu sehen, dass andere die Lorbeeren einheimsen." Der frühere Bürgermeister von Königsberg befürchtet einen Rückschritt: "Wenn eine Partei allein das Sagen hat, sind wir bald wieder das, was wir vor ein paar Jahren waren." Die CSU brauche nun auf nichts mehr Rücksicht zu nehmen. "Sie können die nächsten fünf Jahre schalten und walten, wie sie wollen." Genau darüber ist Kurt Sieber besorgt: "Das ist eine große Gefahr für ein demokratisches Miteinander." Er vergleicht die Zusammenarbeit von Parteien mit einer Ehe: "Man muss zu Kompromissen kommen, das ist das Wesen der Demokratie."
Ergebnisse der Direktkandidaten und Parteien in den fränkischen Stimmkreisen finden Sie unter wahlen.infranken.de. Auch Detailinformationen zu den Direktkandidaten finden Sie auf dieser Seite.