Landrat Schneider mimt den Burgherrn
Autor: Ralf Kestel
Altenstein, Donnerstag, 19. Mai 2016
Noch laufen die Sanierungsarbeiten in der Ruine Altenstein, da werden schon die Vorbereitungen für das nächste Projektes auf der Raueneck getroffen.
In der Rolle fühlte er sich sichtlich wohl: Eine Mischung aus Burgherr und Eroberer beseelte Landrat Wilhelm Schneider (CSU) am Mittwochnachmittag. Auch in die Rolle des Bettlers war er erfolgreich geschlüpft. So verkündete er zusammen mit seinem obersten Denkmalschützer Bernhard Joos beim Besuch des Kreis-Kulturausschuss auf den Ruinen Altenstein und Raueneck, dass weitere Fördermittel in Denkmäler des Landkreises fließen.
So kommen bei der Altenstein durch den laufenden Sanierungsabschnitt immer mehr Attraktionen zu Tage. Mittlerweile begehbar ist ein Wehrturm mit Schießkammer, wie der zuständige Planer, Architekt Jürgen Bergmann aus Eichelsdorf, den Kreistagsmitglieder zeigte. Dazu seien tonnenweise historischer Bauschutt rausgeräumt worden.
Handwerkskunst im Mauerwerk
Deutliche Fortschritte sind bei den Mauersanierungen erkennbar. "Das war ganz schön problematisch, das Mauerwerk im Original herzustellen", stöhnte der Architekt, wobei deutliche Bewunderung für die Techniken, die die Altvorderen benutzten, mitschwang. "Jetzt erkennt man die Grundzüge einer Ringmauer wieder." Dabei wurden auch Steine verwendet, die an Ort und Stelle gefunden worden war. Denkmalpflegerisches Recycling par excellence.Noch schwärmerischer über die Baukunst im Mittelalter wurde Jürgen Bergmann auf der Ruine Raueneck, die nach dem Altensteiner Vorbild und dem Willen von Landrat Schneider in zwei Bauabschnitten touristisch aufgepeppt werden soll.
Genährt wurde diese Überzeugung, dass bei geschätzten Kosten von 500 000 Euro die Fördergelder nur so sprudeln. "Unser Anteil bliebe bei 18 Prozent. Deshalb sollten wir die Gunst der Stunde nutzen", warb Schneider um Zustimmung, damit "ein Kulturgut erhalten und verkehrssicher wird", wie Bernhard Joos ausführte.
Joos und Schneider berichteten von erfolgreichen Verhandlungen mit den Geldgebern des Entschädigungsfonds, der Landesstiftung wie auch der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, die aufgrund der positiven Ergebnisse rund um die Ruine Altenstein auch für die Raueneck ihre Schatullen öffnen. "Beim stolzen Betrag von einer halben Millionen muss der Kreis nur 100 000 Euro aufbringen", rechnete der Landrat vor.
Und Architekt Jürgen Bergmann, der zusammen mit Burgenforscher Joachim Zeune die Planung und Objektbetreuung übernimmt, zeigte schon Vorfreude, auch "wenn das Objekt nicht so leicht zu erreichen ist wie in Altenstein". Demnach gebe es noch Weihekreuze an einigen Wänden und in den Wehrgängen, die jetzt noch vom Dreck der Jahrhunderte verschüttet sind, erhofft sich Bergmann "noch tolle Dinge zu entdecken".
"Untermieter" aufgestöbert
Einen Nutzer entdeckte die Kreistags-Delegation beim Ortstermin am Mittwoch schon. Unter einem Gewölbe hat sich offensichtlich jemand eingenistet - mit Schlaf- und Feuerstätte. Ob es sich dabei um einen Eremiten handelt oder eine Rasselbande blieb zunächst unklar.Bei der Sitzung im CVJM-Heim mochte Paul Hümmer (SPD) die Euphorie von Landrat und Verwaltung nicht teilen. Er störte sich daran, dass die Ruine Raueneck dem Landkreis gar nicht gehöre, sondern in Erbpacht auf 50 Jahre übertragen wurde. Hümmer: "Raueneck hat nicht diese Außenwirkung wie Altenstein oder die Bramburg und ist zudem schwer zu erreichen. Deshalb sollten wir sie nicht so aufwendig sanieren, zumal die Ruine uns gar nicht gehört."
Das sah Landrat Schneider anders: "Die damals Verantwortlichen haben das intensiv diskutiert und die Erbpacht-Lösung gewählt, um dieses Denkmal zu erhalten. Wenn wir nichts gemacht hätten, wäre es dem Verfall preis gegeben." Und auch Gerhard Zösch (CSU) fand, dass "die Entscheidung richtig ist, unseren Nachkommen ein Juwel zu erhalten". Bei der Gegenstimme von Hümmer wurde beschlossen, die Förderanträge zu stellen, damit 2017 die Arbeiten beginnen.
Im Kreis-Kulturausschuss kurz notiert
Seitenweise legten die Kreisarchiv- und -heimatpfleger Rechenschaft über ihre Arbeiten im zurückliegenden Jahr ab. Dabei brachte Johann Reuscher aus Hofheim zum Ausdruck, dass "mir die Aufgabe auch nach 30 Jahren Spaß macht". Sorge bereitet ihm der Zustand des Landschaftsgartens an der Bettenburg. Ein Problem, das laut Landrat Schneider erkannt ist und angegangen wird.
Haufenweise archäologische Funde und heimatlose Museumsobjekte gibt es im Landkreis, aber kein zentrales Depot, beklagte Kreisheimatpfleger Christian Blenk aus Kirchaich, der sich für Schaffung eines solchen Kreis-Depots aussprach, damit "wir nicht immer unser ganzes kulturelles Erbe nach München schicken müssen".
Ausnahmsweise als letzter an der Reihe war Kreisheimatpfleger Günter Lipp aus Frickendorf, der sich vom Freilichtmuseum "Erlebniswelt Sandstein" in einem Breitbrunner Steinbruch viel verspricht. Schwerpunkte seiner Arbeit, die ihm viel Zeit und Aufwand abfordere ("Fahrtstrecke von Neapel bis Hammerfest"), waren die heimatkundlichen Gesprächsrunden in Ebern sowie die Gestaltung von Dorfwappen. Woran sich Lipp "neben Windrädern stört", sind Fassadenanstriche von Häusern in manchen Dörfern. Namentlich nannte er Bischwind und Pfaffendorf.
Ansatzweise geklärt sind die Eigentumsverhältnisse für die Brandruine Schloss Ebelsbach durch den eingesetzten Insolvenzverwalter, weswegen ein Eigentümerwechsel in den nächsten Monaten möglich erscheint, erklärte Bernhard Joos von der Denkmalschutzbehörde. "Einen ähnlichen Fall haben wir noch in Gereuth", ergänzte Landrat Schneider.
Ergänzungsweise wieder aufgelegt werden die Freizeittipps für 2017 mit einer Auflage von 10 000 Exemplaren, wie Renate Ortloff darlegte. Gerhard Zösch wunderte sich, warum das Sander Korbmacher-Museum darin nicht auftaucht. Dazu Frau Ortloff: "Ich habe mehrere Anläufe unternommen. Das ist ein Politikum. Das geht mich nichts mehr an." Weiter warb Ortloff für einen Besuch der vier Einrichtungen im Kreis, die am Museumstag (22. Mai) teilnehmen, und die Modenschau mit Präsentation der Haßberge-Tracht am 10. Juni in Schloss Oberschwappach, die im September auch beim Oktoberfest in München wiederholt werde.